Sensible haben's nicht nur schwer!
Rund 20 Prozent der Menschen sind 'HSP' - hochsensible Personen. Nur die wenigsten wissen davon, was schade ist: Die 'Feinfühligen' sind besonders innovativ, empathisch und lösungsorientiert. Warum das so ist und wie man mit dieser Begabung umgeht, erzählt Mag. Sabine Knoll vom hochsensitiv-netzwerk-Team.
BB: Was hat Sie bewogen, sich dem Thema HSP zu widmen?
S.K.: Vor ein paar Jahren hat mir eine Freundin einen Weblink zu dem Thema mit einem Selbsttest weitergeleitet. Da habe ich festgestellt, dass ich selbst hochsensitiv bin und überlegt, wen ich noch kenne, der diese Merkmale aufweist. Daraus ist eine Liste entstanden und die Idee, mit 'Gleichgepolten' eine Art Arbeitsnetzwerk aufzubauen. 2010 gab es erste Treffen, 2015 wurde der Verein 'Lebenskraft' gegründet.
BB: Warum in Unterloiben und nicht in Wien?
S.K.: Wien ist ein großes Einzugsgebiet wo Menschen viel reizüberfluteter sind als am Land. Unterloiben weist bereits - für Sensitive sehr wichtig - einen hohen Erholungsfaktor auf.
BB: Wer oder was ist ESP?
'Highly Sensitive Persons' beschreibt Menschen mit erhöhter Reizoffenheit der fünf Sinne. Das Gehirn stuft mehr Reize als wichtig ein, da ein geringerer Filter vorhanden ist. Informationen werden umfangreicher und detaillierter aufgenommen, da besteht die Gefahr der Reizüberflutung. Vorteil: HSP haben mehr Informationen zur Verfügung, um Entscheidungen zu treffen - früher waren sie Ratgeber für Herrscher, die Weisen der Gesellschaften. Im selben Ausmaß wie bei der Bevölkerung (20%) gibt es auch hochsensitive Tiere.
BB: Ist HS eine psychologisch definierte Krankheit?
S.K.: Keinesfalls - es ist weder Störung noch Defizit, lediglich eine vererbbare Veranlagung mit mindestens einem direkten hochsensitiven Vorfahren. Eine psychische Krankheit wie z.B. Depression oder Burn-Out ist die Folge einer oft rascher auftretenden Erschöpfung.
BB: Wie erfahren Betroffene von Ihnen und dem Verein?
S.K.: Über Empfehlungen und das Internet. Die HS-Forschung wird in Europa erst jetzt breiter bekannt. Die amerikanische Psychotherapeutin Ellen Aaron hat das Thema in den USA bereits in den 1990er-Jahren erforscht, die Erkenntnisse daraus sind nun bei uns angekommen.
BB: Was spricht für einen Kontakt?
S.K.: Die meisten kommen, weil sie sich mit anderen HSP austauschen wollen. Viele fühlen sich von ihrem Umfeld unverstanden, immer ein wenig wie Außenseiter behandelt. Unter Gleichveranlagten können sie so sein, wie sie sind, ohne als ‚Sensibelchen‘ abgestempelt zu werden. Wir zeigen, dass es sich nicht um eine Bürde sondern um eine Gabe handelt. HSP brauchen die Balance zwischen dem nach Innen-und nach Außen-Wirken. Wir informieren, wie HSP ihre Qualität in die Gesellschaft einbringen können. Es wäre z.B. falsch, eine HSP in ein Großraumbüro zu setzen - Firmenchefs müssen wissen, dass solche Mitarbeiter eine hohe Wertschöpfung bringen können. Wir planen, künftig in Firmen zu gehen und darauf hinzuweisen.
BB: Ihre Botschaft?
S.K.: Jene, die sich hochsensitiv fühlen, sollten den Selbsttest machen. Dazu gehört die Bewertung von Gefühlen in Situationen, der Umgang mit Lärm, Stress, Belastungen, die Spiegelung der inneren und äußeren Wahrnehmung. Wir bieten Gruppen- und Einzelcoaching an. Am 7. Mai 2016 ist von 14.30 bis 17.30 Uhr ein Gruppentreffen in Unterloiben, für das sich Interessierte anmelden können.
Infos
Sabine Knoll ist gelernte Journalistin (Publizistik, Kommunikations- und Theaterwissenschaften). Sie war 20 Jahre beim ORF (Studio NÖ, Ö1, WIR Frauen, Willkommen Österreich) beschäftigt. Ihr Interesse an Gesamtheitlicher Medizin hat sie veranlasst hat, mehrere Bücher (zurzeit sind es 13) zu veröffentlichen. Von Unterloiben aus führt sie den Verein ‚Lebenskraft‘ und das Netzwerk ‚Hochsensitiv‘. Beim WIFI fungiert sie als Trainerin und Koordinatorin für die HSP-Expertenausbildung (Abschluss mit Diplom).
Web: Hochsensitiv, Sohreya
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