Wenn Gott nicht schlafen kann
Ist Gott ein Langschläfer? Geht er früh zu Bett? Wer weckt ihn? Hat ihn der Linzer Bischof Manfred Scheucher vorgewarnt, dass es Freitags bis 22:45 Uhr am Linzer Bahnhof turbulent zugehen wird? Oder hat er darauf vergessen? Es scheint so! Laut Programm ist er ein Mittäter. Die Konzerte „KLASSIK AM DOM“ schenken Musikgenuss vor einer einzigartigen Kulisse, die im Abendlicht einen besonderen Zauber hat. Damit hat er Recht. Nur sein Domcenter ist etwas lasch. Kartenanfragen werden nicht beantwortet. Das möge vielleicht der Grund sein, warum bei mindestens 20 Buslandungen die Plätze leer blieben.
Genug der Blödelei. „A Tribute to Frank Sinatra“ ließ mich von Wien anreisen. Das dauert nicht länger als auf der Südost-Tangente von Hirschstätten nach Altmannsdorf zu gelangen. Aber 2018 wird alles besser - alles fertig, weil Wahlen. Frau Vassilakou hält uns für deppert, sie glaubt, wir sind alle Alzheimer-Patienten und merken uns nix mehr. Sorry, ich schweife schon wieder ab. Also: Thomas Quasthoff & Friends – das sind Jocelyn B. Smith und Frank Chastenier – bringen einen Reißer nach dem anderen auf den Domplatz. Die Soulsängerin und der Tastenschmeichler sind voller Elan, um Sinatras Erbe artgerecht zu präsentieren. Das klingt vorzüglich. Der Bass Quasthoff, früher begnadeter Opern- und Konzertsänger, widmet sich jetzt dem Jazz. Und er macht es mit Herz und Stimme. Sein „Georgia“ ist eine Klasse für sich. Sogar eine Weise von Udo Jürgens findet sich im Programm. „If I Never Another Song“ klingt englisch besser als deutsch. Smith stellt ihre Version davon vor. Dass sie bei „My Way“ etwas Textschwierigkeiten hat, tut nichts zur Sache. „New York, New York“ nicht mehr zu hören ist den ÖBB geschuldet, denn der letzte Zug fährt um 23:14 Uhr nach Wien. Schnelle Fahrt, aber der Informationswahn über die Türkeikrise bringt mich spät ins Bett. Nach ein paar Flüchen auf Recep Tayyip Erdoğan schlafe ich ein. Nur kurz. Das Essen eines vermeintlich guten Italieners schlägt sich auf den Blähbauch nieder.
------------------------
Das kann einem in GRAFENEGG nicht passieren. Herrliche Sacher-Würstel und ein G’Spritzer heißt das Intro zu jedem Konzert. Und weil wir schon bei den Göttern sind: Der in Grafenegg hat auch Blähungen und treibt uns ins Atrium - den Notnagel zum Wolkenturm. Völlig falsch gedacht. 5 km vor Grafenegg Regen, in Grafenberg kühl, aber trocken. „Swingin' Hollywood“ sollte richtig einheizen, doch anfangs keine Spur von Enthusiasmus und Empathie. Bieder, beinahe fad, wenig Elan. Der Bandleader des Swing Dance Orcherestras, Andrej Hermlin, war ausgefallen (wie auch die Sängerin Viola Manigk). Die Combo ist irritiert, die Sängerin Bettina Labeau, die als Moderatorin kurzfristig einspringen musste, ist nicht wirklich gut vorbereitet. Also lassen wir den ersten Teil ruhen.
Nach der Pause ist das Ensemble wie ausgewechselt: Freude am Spiel, Lust auf musikalische Pirouetten und mitreißende Tempi - der Wolkenturm swingt. Es sind die Top-Ten der 30er-Jahre der Swing-Kultur. „Singin‘ In The Rain“ und „Good Morning“ lassen den Big Band-Sound perlen. Großen Anteil daran hat der 16-jährige David Hermlin. Er tanzt, steppt, singt und zeigt raumgreifend seine Bühnenpräsenz. Tolle Performance - ein perfektes Entertainment und Spaß an lässiger Bewegung. An der Stimme sollte er noch arbeiten, dann steht einer großer Karriere nichts mehr im Wege. Mit Glenn Millers „In The Mood“ endet das Konzert. Ohne Mond, mit Regen (ab Wagram).
Next: 30. 7.: Canadian Brass
Reinhard Hübl, Mitarbeit:. Christine Grünwald
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.