Corona in Wien
Fit in den eigenen vier Wänden
Die Ausgangsbeschränkungen zu Zeiten der Corona-Pandemie werden für so manchen zur Herausforderung. Wie man sich zuhause trotzdem fit halten kann, erklärt Gerhard Vavrovsky, Facharzt für Physikalische Medizin.
LANDSTRASSE. "My home is my castle", so lautet derzeit die Devise. Nach rund zwei Wochen Ausgangsbeschränkung in Österreich, tritt bei so manchem schon der Lagerkoller ein. Eine Möglichkeit, diesem vorzubeugen und gleichzeitig das Immunsystem zu stärken, ist regelmäßige Bewegung. Und die ist auch zuhause möglich.
Dr. Gerhard Vavrovsky ist Abteilungsleiter für Physikalische Medizin und Rehabilitation sowie Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Geriater und Osteopath im Herz Jesu Krankenhaus im dritten Bezirk. Er hat der bz im Gespräch so manche Tipps und Tricks für das Training daheim empfohlen.
"Zunächst empfehle ich jedem, ein regelmäßiges Atemmuskeltraining zu machen. Auch das stärkt das Immunsystem, die Lunge wird durchlüftet, die Lungenfunktion optimiert und die Atemmuskulatur gekräftigt", so Vavrovsky.
Verschiedene Übungen
- Waschen Sie sich vor dem Üben mit Seife und Wasser gut die Hände!
- Stellen Sie sich zwei bis vier Mal täglich zum geöffneten Fenster. Atmen Sie tief durch die Nase ein und möglichst langsam durch den Mund aus. Der Mund ist nur leicht geöffnet, man hört ein leises Blasen oder "SCH".
- Das Quadratatmen: Atmen Sie vier Sekunden ein, halten Sie vier Sekunden den Atem an, atmen Sie vier Sekunden aus und halten Sie wieder vier Sekunden den Atem an. Daraus können Sie je nach Gefühl ein fünf Sekunden Quadrat, sechs Sekunden Quadrat,...bis zum zehn Sekunden Quadrat machen.
- Formen Sie mit der nicht dominanten Hand (für Rechtshänder wäre das dann die linke Hand) eine Faust. Beim Ausatmen blasen Sie in den kleinen Ring, der zwischen Daumen und Zeigefinger gebildet wird - es entsteht ein Widerstand. Atmen Sie durch das selbe Loch wieder ein. Auch hier können Sie mit der Länge variieren - von vier Sekunden weg.
- Atmen Sie mindestens 20 Sekunden (bis zu einer Minute) lang so rasch als möglich durch die Nase ein und wieder aus.
- „Explosiv – Atmen“: Stoßartiges Ausatmen unter lautem Aussprechen der Buchstaben: S, T, P, K
Bei all diesen Übungen gilt natürlich: Sollte irgendein unangenehmes Gefühl oder Schwindel auftreten, dann hören Sie sofort auf.
Neben den Atemübungen steht natürlich außer Frage, dass körperliche Kräftigung und Fitness wichtig sind. "Für alles, was Sie tun, gilt: Es sollte gerade etwas schwer und gerade etwas anstrengend sein", erklärt der Experte. "Das Motto ist: Anstrengung ohne Überanstrengung und Forderung ohne Überforderung".
Trainiert werden kann je nach Wunsch drei Mal die Woche bis täglich. "Es sollte zu einem Ritual werden", so Vavrovsky. "Einfach jeden Tag 30 bis 45 Minuten, am Besten vor dem Mittagessen, etwas tun. Natürlich kann man aber auch einen Tag Pause machen". Eine Variante: Fünf Mal die Woche Ausdauertraining, zwei Mal die Woche Krafttraining. "Mindestens drei Mal Einheiten die Woche sollte man allerdings machen, sowie mindestens zwei Mal Krafttraining, 48 Stunden voneinander entfernt", so der Arzt weiter.
"Nach sechs Wochen merkt man bereits einen Unterschied". Eine halbe Stunde gehen, Radfahren oder Laufen am Tag reicht dabei für das Ausdauertraining. Auf 3,5 Stunden sollte man in der Woche kommen, zu mindestens drei Einheiten. Einteilen kann man es sich so, wie es einem selbst am meisten beliebt. "Wichtig ist dabei natürlich auch, dass man im Home Office einen normalen, geregelten Tagesablauf beibehält. Also morgens aufstehen, Duschen gehen, Frühstücken - den normalen Start in den Tag", erklärt Vavrovsky. "Während der Arbeit ist es wichtig, mindestens alle 30 Minuten aufzustehen - ohne Hilfe der Arme - und mindestens zehn Sekunden stehen zu bleiben."
Übungs-Tipps für den Alltag:
- Liegestütz gegen die Tür: ein bis zwei Mal täglich, so viel wie möglich. Ist das zu leicht, können Sie es aus dem Kniestand oder ganz klassisch machen.
- Cha Cha Cha-Variationen: Den "Cha Cha Cha"-Grundschritt regelmäßig durchführen. Kann variieren im Impuls und größeren oder kleineren Schritten. Eine gute Übungen, um Stolpern oder Stürzen vorzubeugen.
- Jeden Tag zehn Stockwerke gehen - variieren in Geschwindigkeit, zwei Stufen auf einmal nehmen, die zwei untersten Stufen überspringen, etc. Möglich wäre auch, Einkaufstaschen als Gewichte zu verwenden. Wenn dies am Anfang zu viel ist, beginnen Sie mit der Anzahl an Stockwerken, die Sie leicht bewältigen können und steigern Sie alle vier Tage.
- Ein-Bein-Stand beim Zähneputzen: den Oberschenkel immer waagrecht halten. Weitere Variationen: die Augen dabei schließen, mit der anderen Hand die Zähne putzen, auf eine Schaumstoffmatte stellen.
- Springschnur springen: Dabei gibt es zahlreiche verschiedene Variationen. Kann auch im Stiegenhaus, am Gang oder im Hof gemacht werden.
- Für alle, die gesund sind: Auf einen Sessel steigen und runter springen. Laut Dr. Vavrovsky durch den hohen Impact eine perfekte Übung, um Osteoporose vorzubeugen.
- „Hoch-Strecksprünge“: Aus der Hocke explosiv und möglichst hoch in die Streckung springen, beginnen Sie mit drei bis zehn Wiederholungen.
- Gehen/Laufen: Versuchen Sie jeden Tag 10.000 bis 12.000 Schritte zu machen oder gehen Sie vier Kilometer zu Fuß. Wenn Sie dies gar nicht mehr anstrengt können Sie langsam vom Gehen ins Laufen wechseln: 30 Sekunden laufen, vier Minuten gehen, dann eine Minute laufen, vier Minuten gehen, zwei Minuten laufen, vier Minuten gehen. Steigern Sie langsam ohne sich zu überfordern. Radfahren oder „Nordic Walken“ ist ebenso zu empfehlen. Nach dem Training sollen Sie etwas müde, außer Atem, verschwitzt sein, jedoch niemals kaltschweißig und erschöpft. Selbstverständlich üben Sie mit zwei Meter Abstand von anderen Personen.
Das Wichtige bei alldem, wie Vavrovsky klarstellt: "Ich soll mich immer am Ende des Trainings angestrengt haben. Das ist ein wesentliches Trainingsprinzip."
Warum ist das alles so wichtig?
"Die Muskulatur ist nicht nur ein Bewegungsorgan, sondern auch ein sehr mächtiges Stoffwechsel- und Steuerungsorgan", erklärt der Experte. "Wenn sie ordentlich arbeitet, das bedeutet wir kommen ins Schwitzen, sind außer Atem, der Herzschlag ist beschleunigt, schickt er um die 700 Substanzen an Körpergewebe aus. Die Zellen verständigen sich über hormonähnliche Botenstoffe, Muskelbotenstoffe, sind zum Teil völlig ident mit Immunbotenstoffen. Das Immunsystem wird auch vom arbeitenden Muskel gesteuert. Die beste Strategie gegen Corona: das eigene Immunsystem kräftigen, damit es mit dem Virus kurzen Prozess macht". Wichtig sei aber, nur dann zu trainieren, wenn man sich nicht kränklich fühlt. "Einfach auf den eigenen Körper hören".
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