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30 Jahre Decrignis Brauchtumsgruppe St. Michael
Seit 30 Jahren wandern diese St. Michaeler Frauen auf den Spuren des Pfarrers und Volkskundlers Mathias Josef Decrignis.
ST. MICHAEL. Die Decrignis Brauchtumsgruppe aus St. Michael umgibt eine interessante Entstehungsgeschichte. Namensgeber der Gruppe ist der Pfarrer Mathias Josef Decrignis (1771 bis 1840), der ursprünglich aus Würzburg stammte und über Deutschlandsberg durch die bambergische Herrschaft nach Wolfsberg kam. Er war zuerst sechs Jahre in St. Marein, dann drei Jahre in Wolfsberg und anschließend drei Jahre in St. Ulrich an der Goding in der Seelsorge tätig. Von 1808 bis 1837 übernahm er die Seelsorge in St. Michael. Von besonderem volkskundlichem Interesse ist seine Hinterlassenschaft in Form einer Handschrift –eine detaillierte Studie der Lavanttaler Bevölkerung, ihrer Bräuche, Trachten, Sitten und Lebensweisen, die von der Decrignis Brauchtumsgruppe anlässlich des 175. Todestages des Autors übersetzt und als Buch mit dem Titel „Die Lavantthaler. Aus Sicht des Pfarrers, Volkskundlers und Folkloristen Mathias Josef Decrignis“ herausgebracht wurde.
Alte Bräuche
Ziel der Decrignis Brauchtumsgruppe war es seit der Gründung vor 30 Jahren durch die heutige Ehrenobfrau Gerti Leiß und Anni Jöbstl, einige dieser Bräuche wieder aufleben zu lassen, darunter zum Beispiel das „Hofrecht aufmachen“, bei dem die Mitglieder mit Fackeln zum jeweiligen Geburtstagskind ziehen und um Einlass bitten. Oder der Brauch des Wiegekorbtragens“, bei dem die Patin das Neugeborene noch vor der Taufe besuchte und ihm einen gefüllten Geschenkkorb als „Starterpaket“ für das weitere Leben überbrachte. Die von Decrignis beschriebene Schreibenhut-Tracht wurde von der Gruppe selbst angefertigt, mittlerweile trägt man aber auch gern die St. Michaeler Festtagstracht, die gemeinsam mit dem damaligen Kärntner Heimatwerk entwickelt wurde.
28 Mitglieder
Seit 2007 leitet Marlies Ruthardt die Geschicke der Gruppe: „Wir haben derzeit 28 Mitglieder, erst vor einem Monat haben wir mit Claudia Leopold und Petra Cerhan-Krenn zwei neue Frauen dazubekommen“, freut sich die Obfrau. Dass sich heute ausschließlich Damen in der Gruppe befinden, hat sich auf natürliche Weise entwickelt. Die Männer sind aber fleißig im Hintergrund aktiv und helfen, wenn sie gebraucht werden.
Veranstaltungen
Fixe Punkte im Programm der Brauchtumsgruppe sind etwa die Maiandacht zu Christi Himmelfahrt und die Sonnwendfeier um den 21. Juni. Beliebt bei der Bevölkerung ist auch die Kräutersegnung zu Maria Himmelfahrt am 15. August, bei der die Frauen nicht nur selbstgemachte Kräutersträuße an die Bevölkerung verteilen, sondern bei einem Kräuterbasar auch Kräuterdrinks, Duftsackerl und andere Spezialitäten aus eigener Produktion anbieten. Auch der Weihnachtsbasar im Pfarrhof, bei dem es jede Menge selbstgemachter Dekogegenstände und natürlich Kekse zu kaufen gibt, ist immer gut besucht. „Natürlich sind wir auch bei den Veranstaltungen der anderen Vereine im Ort präsent und helfen gerne mit, wenn wir gefragt werden“, so Ruthardt.
Vielbeschäftigter Verein
Nachwuchs für den Verein zu begeistern, fällt auch der Decrignis Brauchtumsgruppe nicht leicht. „Wir haben zwar auch jüngere Mitglieder um die 30 Jahre, der Großteil ist aber schon älter“, so Ruthardt. „Viele glauben leider, wir sind nur mit Basteln und Handarbeiten beschäftigt, doch da stimmt nicht.“ An jedem ersten Mittwoch im Monat trifft sich die Runde im Gründunglokal, dem Gasthof Pollheimerwirt, zum Stammtisch, um Zukunftspläne zu besprechen. Alljährlich begibt man einen mehrtägigen Bildungsausflug, organisiert Wanderungen und sportliche Aktivitäten. Ganz oben auf der Liste steht heuer natürlich das 30-jährige Jubiläum, das am Sonntag, 25. Juni, ab 9 Uhr mit einer Festmesse und anschließendem Frühschoppen im Pfarrhof gefeiert wird. „Es wird gegrillt und für die Kinder steht auch eine Hüpfburg bereit“, lädt die Obfrau ein. Mehr Infos gibt's unter www.brauchtumsgruppe-decrignis.at.
„Die Weiber stehen den Männern an Größe wenig nach; sie sind, wie die Männer, in den Ebenen fetter und blonder als an Gebirgen. Besonders schöne Gesichtszüge sind seltene Erscheinungen; sind, wie die Männer, breitschulterig, haben mehr kleine als große Brüste (bei Mädchen an Gebirgen sind selbe kaum äußerlich bemerkbar), breite Lenden und schwere Füße (…) Mehrenteils werden die Kinder schon in ihrer ersten Jugend an die gewöhnliche, starke und grobe Kost der Erwachsenen und Arbeitsamen gewöhnt und mit zu viel Nahrung überhäuft; bekommen auch bei der Muttermilch schon öfters Most zu trinken.“
Auszug aus den Notizen von Mathias Josef Decrignis (1771 bis 1840)
Volkskulturelle Vereine im Portrait
Die RegionalMedien Kärnten stellen im heurigen "Jahr der Volkskultur" Kärntner volkskulturelle Vereine vor. Wer sind die Menschen dahinter? Was ist ihr Ansporn, sich in einem Verein zu engagieren? Was wird bzw. wurde durch das Vereinsleben alles bewirkt? Nehmen Sie gerne Kontakt zu unserer regionalen Redaktion über daniel.polsinger@regionalmedien.at auf und erzählen Sie uns die Geschichte Ihres Vereines.
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