Fußball
Lavanttaler Politiker lehnen WM in Katar durch die Bank ab
Selten ist sich die heimische Politik so einig wie bei der Fußball-WM in Katar: Alle Befragten boykottieren den Event.
LAVANTTAL. Es ist wohl jetzt schon die umstrittenste der Fußball-WM aller Zeiten: Aufgrund zahlreicher Verstöße gehen Menschenrechte im Vorfeld der Veranstaltung spricht Amnesty International schon jetzt vom einem „World cup of shame“ (Weltcup der Schande). Die Liste der Anschuldigungen gegenüber Katar ist lang, am schwersten wiegt wohl die Ausbeutung von tausenden von Gastarbeitern, die beim Bau der Stadien – sechs von acht Stadien müssen von Grund auf neu gebaut werden – unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt sind. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ berichtete von 6.500 toten Arbeitsmigranten, die auf den Baustellen ihr Leben ließen. Weitere Kritikpunkte sind der ressourcenintensive Bau zusätzlicher Stadien, die Missachtung der Menschenrechte in Katar, die Diskriminierung und Verfolgung Homosexueller, die Missachtung von Frauenrechten und nicht zuletzt die fehlende Fußballtradition Katars, die die Abhaltung einer WM in der autoritär und absolut regierten Monarchie rechtfertigen würde. All dies führte nicht nur zu Kritik, sondern auch zu Boykott-Aufrufen. Viele Fans wollen die WM bewusst auslassen – wie sieht es mit den Lavanttaler Politikern aus?
Unerträgliche Doppelmoral
Für das Wolfsberger NEOS-Mitglied Giovanni Buftea ist die WM nicht mit seinen Wertvorstellen vereinbar: „Obwohl ich ein absoluter Fußballfan bin, werde ich mir kein einziges Spiel dieser WM ansehen, soviel steht fest“, so Buftea. „Die Stadien werden von modernen Arbeitssklaven gebaut, viele davon versterben unter elendigen Umsätnden. Mit diesem Wissen kann ich mich nicht auf ein Fußballspiel freuen.“ Das Schlimmste für Buftea: „Europa sieht dabei kommentarlos zu. Und nach der WM wird man das alles vergessen und sich bei jeder Gelegenheit für Menschenrecht aussprechen. Das ist eine Doppelmoral, die unerträglich ist.“
Vergabe nicht nachvollziehbar
Auch der Lavanttaler Nationalratsabgeordnete Johann Weber (ÖVP) ist ähnlicher Meinung: „Dass diese WM an Katar vergeben wurde, ist für mich nicht nachvollziehbar. Hier hat nur das Geld entschieden, das kann und darf es einfach nicht sein. Weltmeisterschaften sollen und dürfen nur dort stattfinden, wo dieser Sport einen hohen Stellenwert hat und die entsprechenden baulichen Voraussetzungen auch schon großteils vorhanden sind.“ Dementsprechend wird Weber auch auf das Ansehen der Spiele verzichten: „Ich werde die Zeit anderweitig nützen und bei den Leuten und deren Veranstaltungen vor Ort sein. Bei der WM werde ich nur die Ergebnisse verfolgen.“
Fläche für Propaganda
Grünen-Bezirkssprecher Michael Hirzbauer stellt der FIFA ein hartes Urteil aus: „Die WM in Katar steht für mich symptomatisch für alles, was mit der FIFA und dem Profifußball schon lange nicht mehr stimmt. Es sollte doch um den Fußball gehen und darum, Menschen über den Sport zusammen zu bringen – nicht darum, autoritären Staaten immer wieder eine Fläche für ihre Propaganda zu bieten. Stattdessen liest man also ständig von fragwürdigen Geldflüssen, moderner Sklaverei und zahllosen Toten. In Zeiten von Klimakatastrophe und Energiekrisen baut man Stadien mit unzähligen Klimageräten in den Wüstensand, um Besucher mit dem Flugzeug hin und her zu karren, weil nicht einmal alle Fußballfans im Land selbst untergebracht werden können. Ich empfinde die WM in Katar daher mehr als eine Schande denn als etwas Positives.“
Der Verantwortung bewusst
Auch die Wolfsberger Vizebürgermeisterin Michaela Lientscher (SPÖ) entscheidet sich bewusst gegen den Genuss der Spiele: „Zu wissen, dass es solche gravierenden Vorwürfe gibt, macht mich auch verantwortlich in meinen Handlungen. Ich will mich nicht darauf hinausreden zu sagen, dass ich als Einzelne ohnehin nichts bewirken kann. Das ist ein Zeichen, das wohl nur über die Summe der Menschen wahrgenommen wird, die sich gegen die WM entscheiden, doch ich hoffe, jeder ist sich seiner Verantwortung bewusst.“
Keine Unterstützung
Auch der St. Andräer FPÖ-Gemeinderat Jürgen Ozwirk findet klare Worte: „Grundsätzlich sollte eine Fußball-WM etwas Integratives und Verbindendes sein. Aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in Katar bekommt das Ganze aber eine politische Ebene, die im Fußball meiner Meinung nach nichts verloren hat.“ Zwar sei Ozwirk kein allzu großer Fußballfan, doch Welt- und Europameisterschaften hat er sich immer angesehen. Das wird sich heuer ändern: „Ich werde die WM ausfallen lassen, weil ich derlei Dinge nicht unterstützen will.“
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