Fußball vor Problemen
Nur noch sechs Schiedsrichter im Bezirk Wolfsberg
Der Schiedsrichter-Schwund betrifft ganz Kärnten, im Lavanttal ist die Situation aber besonders dramatisch.
WOLFSBERG. Zugegeben, Schiedsrichter im Fußball zu sein ist nicht nur auf dem ersten Blick ein undankbarer Job: an den Wochenenden opfert man seine Freizeit, die Vergütung ist zumindest anfangs kaum der Rede wert und im schlechtesten Fall muss man auch noch den Frust des Publikums, des Trainers oder der Spieler über sich ergehen lassen. Man muss schon aus einem besonderen Holz geschnitzt sein, damit all dies an einem abprallt. Kein Wunder, dass es immer weniger Schiedsrichter gibt. Im Bezirk Wolfsberg ist die Situation besonders heikel: „Es gibt im ganzen Tal nur noch sechs Schiedsrichter“, fasst Martin Hambaumer zusammen. Der Gruppensprecher der Schiedsrichter im Lavanttal pfeift selbst schon seit 40 Jahren. Damals war er mit zarten 16 der jüngste Schiri Österreichs. „Wir haben zwar mit dem 16-jährigen Noah Fellner wieder eine junge Hoffnung in unseren Reihen, ansonsten sieht es aber eher schlecht aus.“
Viele Spiele ohne Schiri
Gerade im Bereich zwischen U12 und U17 bleiben mittlerweile viele Spiele unbesetzt. Die Vereine müssen sich dann selbst auf einen Schiedsrichter einigen. Die meisten Unterligaspiele werden zwar mit einem Schiri, aber nur noch mit einem statt der zwei vorgesehenen Assistenten besetzt.
Etliche über 70 Jahren
Nicht nur ist es die geringe Anzahl an Schiris, die Grund zur Sorge bereitet, auch das Durchschnittsalter ist hoch. Ein Problem, das ganz Kärnten betrifft: „Es gibt bereits jetzt etliche Schiris über 70 Jahren. In den kommenden Jahren werden wohl 30 Prozent der aktiven 150 Schiedsrichter in Kärnten und Osttirol langsam, aber sicher wegbrechen“, prognostiziert Gruppensprecher-Stellvertreter Wolfgang Pichler. „Dann müssen die verbleibenden 100 Schiedsrichter rund 300 Spiele pro Wochenende bewältigen. Das ginge aber nur, wenn alle Zeit haben und die Spiele gleichmäßig auf Freitag, Samstag und Sonntag verteilt sind.“ Das sei aber schon lange nicht mehr der Fall: „Die meisten Vereine legen ihre Spiele auf den Freitag oder den Samstag, weil da mehr Leute kommen.“
Der "rote Pichler"
Pichler selbst ist eine echte Schiri-Legende. Sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn hat ihm den Spitznamen „roter Pichler“ eingebracht. Zu seiner harten Linie steht er auch: „Es gibt eben gewisse Vorgaben, die ich beinhart durchziehe“, so Pichler. Er selbst gehört mit 67 Jahren zu den älteren Semestern. Im Bezirk ist er der einzige Schiri, der auch unter der Woche Zeit hat, etwa Nachwuchs-, Cup- oder Nachtragsspiele zu pfeifen.
"Ohne uns kein Fußball"
Wie es mit dem Fußball angesichts des Schiri-Schwunds weitergehen soll? Es müsse – da sind sich Hambaumer und Pichler einig – ein generelles Umdenken stattfinden, der Stellenwert der Referees soll wieder steigen: „Ohne uns gibt es keinen Fußball. Es kann nicht sein, dass wir als Buhmänner dastehen und teilweise vom Publikum oder von den Trainern beschimpft werden. Wir sind ein Teil des Spiels und nicht das Feindbild“, stellen sie klar.
Finanzieller Anreiz gering
In Zukunft werden sich wohl auch die Vereine selbst etwas einfallen lassen müssen und Mitglieder dazu animieren, die Ausbildung zum Schiedsrichter anzutreten, um die Zukunft des Sports zu sichern. Und schließlich müsse auch der finanzielle Anreiz erhöht werden: „Im Nachwuchsbereich bekommt der Schiedsrichter 35 Euro pro Spiel plus Kilometergeld, in der zweiten Klasse 55 Euro, in der ersten Klasse 59 Euro und ab der Unterliga 71 Euro. Es wäre gut, wenn der Verband hier nachbessern könnte, die Vergütung ist nicht mehr zeitgemäß“, meint Pichler.
Stärkt den Charakter
Wer sich auf das Schiri-Dasein einlässt und mit den eingangs erwähnten Stolpersteinen zurechtkommt, der kann aus diesem Amt auch Positives ziehen: „Schiedsrichter zu sein, bildet und stärkt den Charakter und die Persönlichkeit. Man lernt bei jedem Spiel dazu und kommt an Orte, die man sonst nie sehen würde“, berichtet Hambaumer aus Erfahrung.
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