Lavanttaler Unternehmer befragt
Ist die Matura noch was wert?
Am 2. Mai startete die Zentralmatura in den Fächern Griechisch und Latein. So richtig los ging es am 3. Mai mit Mathematik, am 4. Mai folgte die Deutsch-Matura, am 9. Mai schließlich die Reifeprüfung in Englisch. Aber wie wichtig ist die Absolvierung der Matura heute überhaupt noch? Und verspricht sie wirklich bessere Chancen am Arbeitsmarkt? Wir haben Lavanttaler Geschäftsleute nach ihrer Meinung gefragt.
LAVANTTAL. Als „Fan“ der Reifeprüfung äußert sich Horst Jöbstl, Geschäftsführer des größten Arbeitgebers im Bezirk, der Schwing GmbH in St. Stefan: „Die Matura gibt Zeugnis darüber ab, dass der Absolvent gewisse Grundkenntnisse erlernt und eine entsprechende Allgemeinbildung erlangt hat, um in weiterer Folge eine akademische Ausbildung zu beginnen. Daher ist die Matura nach wie vor ein wichtiges Instrument. Das projektbezogene Arbeiten und die kommissionelle Abschlussprüfung tragen zur Persönlichkeitsentwicklung bei und bereiten auch schon in gewisser Weise auf den Berufsalltag vor“, meint Jöbstl, der selbst vor 35 Jahren die HTL-Matura absolviert hat. „Ein einschneidendes Erlebnis“, erinnert er sich heute.
HTL-Maturanten beliebt
Aus Sicht der Industrie ist vor allem die HTL-Matura das Um und Auf. Jöbstl: „Damit hat man sehr gute Karrierechancen, weil die HTL einen sehr guten Mix aus Theorie und Praxis bietet. Diese Reifeprüfung geht über die Allgemeinbildung hinaus beinhaltet gleichzeitig eine Berufsausbildung.“
Lehre als Fundament
Nicht zu vergessen sei allerdings die Lehre als Basisausbildung – im Falle von Schwing beispielsweise in Maschinenbau sowie Anlagen- und Betriebstechnik. „Das Bildungssystem ist heute so durchlässig, dass man sowohl während als auch nach der Lehre die Matura absolvieren kann und einem in weiterer Folge alle Türen offen stehen“, meint Jöbstl. „Bei Schwing bieten wir die Lehre mit Matura in jedem Lehrgang an und sie wird sehr gut angenommen. Ich kann nur jedem empfehlen, mit einer Lehre das Fundament für die Berufsausbildung zu legen und dann in Richtung Matura weiter zu denken.“
Berufsberatung stärken
In Richtung Bildungssystem plädiert Jöbstl für einen stärkeren Fokus auf Berufsberatung: „Es ist ganz entscheidend, dass wir den jungen Leuten beratend zur Seite stehen und ihnen aufzeigen, welche Berufe überhaupt Zukunftsaussichten haben. Es ist niemandem geholfen, wenn ein Akademiker Taxi fährt, weil er etwas studiert hat, das einfach nicht gebraucht wird. Bei der Berufsberatung scheint mir noch Potential nach oben zu sein.“
Schule statt Lehre?
Aus der Sicht von Franz Grünwald, Geschäftsführer und Eigentümer der PMS-Gruppe hat sich der Stellenwert der Matura innerhalb der letzten Jahre nicht wesentlich verändert. „Schade finde ich, dass sich viele Jugendliche mangels genauer Vorstellungen für ihren weiteren beruflichen Weg für eine Schulausbildung und gegen eine Lehre entscheiden. Damit fehlen am Arbeitsmarkt langfristig die Fachkräfte“, gibt Grünwald zu bedenken. Er selbst hat eine Lehre zum Starkstrommonteur absolviert und danach die HTL-Matura in der Fachrichtung Elektronik an der Abendschule abgelegt.
Gleiche Chancen
Bei PMS – und darauf legt Grünwald besonderen Wert – hat man sowohl als Lehrling als auch als Maturant die gleichen Aufstiegschancen. „Viele unserer Techniker und Projektleiter haben keine Matura, haben sich aber durch Projekterfahrung und durch Weiterbildung sehr gut entwickelt. Es hat zudem jeder die Möglichkeit, am Firmenstandort berufsbegleitend ein Studium zu absolvieren“, so Grünwald. Als Unternehmer plädiert er für eine stärkere Ausrichtung des Bildungssystems an die Anforderungen der Wirtscahft. „Generell muss in der Ausbildung Qualität vor Quantität gelten. Schuldirektoren müssen mehr Kompetenzen in Richtung Geschäftsführer eines Unternehmens erhalten, um sich im Sinne des unternehmerischen Denkens die Lehrkräfte selbst nach Eignung und Fähigkeiten auswählen und zudem Anreizsysteme für besonders engagierte und motivierte Lehrkräfte schaffen zu können.“
Grundkenntnisse müssen sitzen
Eine deutliche Verschiebung des Stellenwerts der Matura beobachtet Georg Kohler, Leiter der Kärntner Sparkasse in Wolfsberg: „Als ich vor fast 43 Jahren in die Sparkasse eingetreten bin, war die Matura gleichwertig wie heute ein Studium.“ Ein Aufnahmekriterium bei der Sparkasse ist die Matura nicht, dennoch wird sie gern gesehen. Immerhin haben von 15 Mitarbeitern zwölf die Reifeprüfung absolviert. „Eine abgeschlossene Lehre geht aber natürlich auch“, sagt Kohler, der die HAK-Matura 1980 abgelegt hat und auch nicht mit Kritik am Bildungssystem spart: „Oft habe ich das Gefühl, es wird versucht, möglichst viele Fachrichtungen abzudecken, doch das schafft man nur bruchstückhaft. Grundkenntnisse in Mathematik und Rechtschreibung müssen einfach sitzen“, so der Sparkasse-Leiter.
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