Maybe Palermo: Wissenstransfer auf künstlerische Art

Foto: JKU

Kann eine Taxifahrt lehrreich sein? Kann sie. Zumindest für den Taxifahrer, wenn sein Fahrgast Dr. Ian Taesdale vom Institut für Chemie der Polymere der Johannes Kepler Universität ist und die Fahrt im Film „Polyphosphazene“ stattfindet – einem Pilotprojekt des Wissenstransferzentrums West (WTZ West).

Wissenschaft leicht erklärt

Acht Universitäten und Forschungszentren aus Westösterreich, darunter die JKU und die Kunstuniversität Linz, haben sich zusammengetan, um komplexe Forschungsthemen leicht verständlich der Öffentlichkeit zu vermitteln. Gezeigt werden sollen die Vielfalt und die Bedeutung der Forschung für das Leben der Menschen. Den Auftakt macht ein kurzer Film über die „Polyphosphazene“, ein Forschungsdurchbruch, der bereits zum Patent angemeldet wurde.

Kunststoffe in allen Bereichen des Lebens

Am Institut für Chemie der Polymere (ICP) der JKU werden innovative Polymere (chemische Stoffe) für verschiedene Anwendungen entwickelt, die auch in unserem täglichen Leben eine Rolle spielen können. So werden z.B. in Kooperation mit der Industrie Polymere für den Einsatz in der Lebensmittelkontrolle oder als Bestandteil von Hautpflegemitteln hergestellt. Ein besonders wichtiges Einsatzgebiet der Polymere ist aber die Medizin. An der JKU werden bioabbaubare Polyphosphazene erzeugt, auf denen man in Zukunft Haut und Knochen nachwachsen lassen kann. Die so erzeugten Gewebe können später Patienten eingepflanzt werden.

Punktgenaue Tumorbekämpfung

Alternativ können die Polyphosphazene auch so konzipiert sein, dass sie als Taxi für den Transport von Medikamenten in der Krebstherapie fungieren. Grundsätzlich haben die JKU-Polymere hier zwei wesentliche Vorteile. Erstens wird der Wirkstoff gezielt zum Tumor transportiert und entfaltet vorwiegend dort seine Wirkung, was die Chemotherapie für die Patienten schonender macht. Und zweitens löst sich das Polymer nach getaner Arbeit, das heißt nach der Taxifahrt und dem Absetzen des Fahrgastes, in harmlose Bestandteile auf, die vom Körper wieder ausgeschieden werden können“, erklärt Oliver Brüggemann.

Künstlerischer Wissenstransfer

In enger Kooperation zwischen JKU, der Kunstuniversität Linz und den jungen Filmkünstlern von Las Gafas (Christian Dietl und Luzi Katamay, zwei AbsolventInnen der Kunstuniversität Linz) wurde ein gemeinsames Konzept zur Durchführung des Videos erarbeitet. Um den komplexen, chemischen und medizinischen Vorgang auch Laien verständlich zu machen, bedient sich der Erklärfilm eines narrativen Settings. Der gesamte Wirkungsprozess wird somit als Taxifahrt dargestellt, da komplexe Prozesse umso verständlicher werden, wenn diese mit ähnlichen Vorgängen aus anderen Lebensbereichen vergleichbar sind.

Kooperationsprojekt

„Hervorzuheben bei diesem Vorhaben ist die Rolle der künstlerischen Beteiligung im Sinne einer gleichberechtigten und interdisziplinären Zusammenarbeit: Denn es galt, die künstlerische Verarbeitung nicht auf eine bloße ,Behübschung‘ zu reduzieren und mit einem umfassenden Grundverständnis von Design zu arbeiten“, so Andre Zogholy von der Kunstuniversität Linz. Durch die Chance einer Kooperation, die mit Innovationsprozessen an sich beginnt, erfolgte eine enge Koppelung von Wissenschaft und Kunst. Dadurch ist hier eine internationale Vorreiterrolle im Bereich Wissenschaftsvermittlung festzumachen.

Ambitioniertes Projekt

Für Regisseurin Luzi Katamay (Las Gafas) war der Film eine besondere Herausforderung: „Die Arbeit an ,Maybe Palermo‘ war so eine Art Kinderstreich mit Reagenzglas. Ein paar ExpertInnen aus komplett verschiedenen Welten schütten auf gut Glück all ihre Fähigkeiten zusammen und rühren kräftig um. Kaboom – Experiment geglückt! So hat man Wissenschaft und Forschung mit Sicherheit noch nicht erklärt bekommen!“

Die Bedeutung des Projekts betonen auch Edeltraud Stiftinger und Bernhard Sagmeister, GeschäftsführerInnen des Austria Wirtschaftsservice (aws): „Als aws sind wir froh, im Rahmen des Programms ,Wissenstransferzentren und IPR Verwertung‘ solch ambitionierte Projekte fördern zu können. Die Einbindung der Geistes- Sozial- und Kulturwissenschaften und Kunst sind auch ein Schwerpunkt des Förderplans. Denn Wissenstransfer bedeutet nicht nur die Verwertung von Patenten, sondern geht wie in diesem Fall auch darüber hinaus. Dieses Projekt zeigt bestens, wie man den Wissenstransfer in Kooperationsprojekte erfolgreich bündelt“.

Im Film-Taxi trifft also ein Laie auf einen Fachmann – und erhält einfach verständlich Einblicke in den Stand der medizinischen High-Tech-Forschung. Am Ende ist nicht nur der Taxifahrer bestens über Polyphosphazene informiert, sondern auch der Professor am Ziel – ebenso wie die Krebsmittel, die dank seiner Forschung punktgenau zu ihrem Einsatzbereich befördert werden. Und das WTZ West bereit, die Öffentlichkeit über den nächsten spannenden Forschungserfolg zu informieren. Die Präsentation des Kurzfilms „Maybe Palermo“ fand mit zahlreichen Gästen am 13. August im Moviemento Linz statt.

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