Radlobby OÖ
"Die Verkehrsreferenten glauben nicht an den Radverkehr"
Die Radlobby OÖ zog kürzlich Bilanz über die Entwicklung des Radverkehrs in Linz und Oberösterreich in den letzten sechs Jahren. Ihr Fazit: Kleine Verbesserungen gab es zwar, die großen und wichtigen Schritte stehen noch aus – vor allem Geld, Wille und die Bereitschaft zur Kommunikation auf Augenhöhe würden bei den politisch Verantwortlichen fehlen.
LINZ. Seit 40 Jahren setzt sich die Radlobby OÖ als überparteilicher und unabhängiger Verein ehrenamtlich für die Förderung des Radverkehrs ein. Kurz vor den Landtags- und Gemeinderatswahlen blickt die Interessensvertretung zurück auf die Entwicklungen in Linz und Oberösterreich. Beide Verkehrsressorts befinden sich derzeit unter Führung der FPÖ. Die Radlobby OÖ schickte im Vorfeld an alle Parteien auf Stadt- und Landesebene einen Fragebogen mit Forderungen im Interesse der Radfahrer aus. Dieser enthielt unter anderem den Wunsch nach der Entschärfung von unsicheren Kreuzungen, den Ausbau der Radhauptrouten oder Tempo-30-Schutzzonen in der Stadt, wo Radwege zur Gänze fehlen.
"FPÖ-Verkehrsreferenten glauben nicht an den Radverkehr"
Sowohl vom Linzer Verkehrsreferenten Vizebürgermeister Markus Hein (FPÖ) als auch vom zuständigen Landesrat Günther Steinkellner (FPÖ) erhielt die Radlobby als einzige aller Befragten keine Antworten. "Trotz mehrmaliger Zusage und Nachfragen unsererseits haben wir nichts zurückbekommen", ärgert sich Gerhard Fischer, Vorsitzender der Radlobby OÖ, "beide Verkehrsreferenten glauben nicht an den Nutzen des Radverkehrs." In den letzten Jahren sei die Kommunikation immer schlechter geworden. "Unsere Einmischung wird als unangenehm empfunden", resümiert Fischer. Selbst einfachste Verbesserungen, wie die Entfernung von Hindernissen auf den Radwegen, würden laut Radlobby OÖ einfach nicht umgesetzt. Die restlichen Stadtparteien hätten sich überwiegend positiv zu den Forderungen ausgesprochen und ihre Zustimmung bekundet. Lediglich die SPÖ verhielt sich etwas zurückhaltend und beantwortete zwei Themen – den Wunsch nach einer eigenen Linzer Mobilitätsagentur und die Forderung nach "freien Radwegen" nicht.
Ziel verfehlt: 15 Prozent Radverkehrsanteil bis 2020
Die Antwort von Verkehrsreferent Hein auf Nachfrage der StadtRundschau, warum der Fragebogen unbeantwortet blieb, scheint diesen Eindruck zu bestätigen. "Wir kritisieren in diesem Zusammenhang, dass die Radlobby versucht, mit fragwürdigen Vergleichen Unmut zu schüren, etwa die Behauptung, Linz habe das Ziel der Erhöhung des Radfahranteils verfehlt", so Hein per Mail. "Bereits im März 2012 wurde im Linzer Gemeinderat einstimmig beschlossen, die „Velo-City-Charta von Brüssel“ zu unterzeichnen, mit dem Ziel, den Radverkehrsanteil in Linz bis 2020 auf mindestens 15 Prozent zu steigern und die dafür notwendigen Verbesserungen der Rahmenbedingungen zu schaffen", kontert die Radlobby OÖ, "selbstverständlich gab es einen gewissen Zuwachs, aber von den gesetzten Zielen sind wir meilenweit entfernt."
Hein: 68 Projekte in sechs Jahren umgesetzt
Die Kritik der Radlobby OÖ zu wenig für den Radverkehr zu tun, lässt Hein nicht unkommentiert auf sich sitzen und verweist auf eine Liste von 68 Projekten, die in den letzten sechs Jahren in Linz umgesetzt wurden. Diese enthält jede einzelne Maßnahme zur Verbesserung des Radverkehrs – vom Anbringen eines Radständers über das Anbringen roter Signalfarbe bei Kreuzungen bis hin zu Radwegsanierungen. "Das sind alles nur Kleinigkeiten", meint die Radlobby OÖ dazu. Die großen Problemlösungen und vor allem ein durchgängiges und sinnvolles Radkonzept würden fehlen.
Kleine Verbesserungen, aber mit Mängeln
Ein paar positive Entwicklungen in puncto Radverkehr erkennt die Radlobby OÖ jedoch an: den städtischen Radverleih etwa, oder den Ausbau der Radstellablagen am zuvor chronisch überfüllten Mühlkreisbahnhof. Auch der breite Radweg auf der neuen Eisenbahnbrücke gefällt – eine für Radfahrer gefährliche, zwei Zentimeter breite Dehnfuge, musste im Nachhinein allerdings noch entschärft werden. Die Radlobby intervenierte hier direkt bei Bürgermeister Klaus Luger. Den Radweg auf der Voest-Brücke heißt die Radlobby zwar grundsätzlich gut, die Auffahrtsrampe in Urfahr sei allerdings viel zu eng und hat einige Mängel. Auch der Radweg auf der Steyregger-Brücke sei grundsätzlich begrüßenswert, aber viel zu schmal und entspräche daher nicht den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS-Standard).
Radlobby OÖ fordert Radverkehrs-Check bei Bauprojekten
"Bei allen größeren Bauprojekten muss im Vorfeld ein Radverkehrs-Check unter Einbindung unabhängiger Experten durchgeführt werden", fordert Fischer. Damit könnten solche Probleme, die im Nachhinein nur Ärger und zusätzliche Kosten verursachen, vermieden werden. "Die Radlobby ist herzlich dazu eingeladen, ihre Vorschläge im Vorfeld von Bauprojekten bekannt zugeben", sagt Hein. Die "undifferenzierte Kritik" im Nachhinein sei schwer als konstruktiv wahrzunehmen. "Ohne Möglichkeit zur Einsicht in die Planung, kann man im Vorfeld nicht agieren", kontert die Radlobby OÖ, "wir wollen auf Augenhöhe diskutieren. Herr Hein muss mit den Menschen reden, die sich seit Jahrzehnten für eine Verbesserung des Radverkehrs einsetzen."
Forderung: Radfahren sicherer und attraktiv machen
Neben dem Wunsch nach einer Einbindung in größere Bauprojekte hat die Radlobby konkrete Forderungen, um Radfahren in Linz attraktiver und vor allem sicherer zu machen. Dazu zählen der Wunsch nach einer Entschärfung von gefährlichen Kreuzungen mit abruptem Radweg-Ende sowie freie Fahrt auf Radwegen ohne Hindernisse. Die Radhauptrouten in Linz sollen auf 30 Kilometer ausgebaut werden und wo es keinen Radweg gibt, sollen zum Schutz der Radfahrer Tempo-30-Zonen eingeführt werden. Abschließend besteht noch der Wunsch nach mehr Personal – idealerweise eine Mobilitätsagentur für Fuß- und Radverkehr. Nur so könnten laut Radlobby Projekte auch umgesetzt werden, derzeit gäbe es lediglich eine Person, die dafür zuständig sei. Zu diesen Forderungen gab es seitens Verkehrsreferent Hein keinen Kommentar.
150.000 Autofahrten pro Jahr verlagern
Die Radlobby OÖ ist überzeugt: Um die Klimaziele zu erreichen, müssen bis zum Jahr 2030 150.000 Autofahrten pro Jahr in Linz auf andere Verkehrsmittel verlagert werden – eines davon ist das Rad. "Wir wollen nicht die Autos vertreiben, sondern den Menschen ermöglichen, auf Radverkehr umzusteigen", betont die Radlobby in diesem Zusammenhang, "der Platz, der da ist, muss anders umverteilt werden."
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