Mefjus
Von den DJ-Decks zum eigenen Musikunternehmen

Der Linzer Drum & Bass-Hero Mefjus hat während Corona sein Musik-Portfolio erweitert. | Foto: Baumgartner/BRS
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  • Der Linzer Drum & Bass-Hero Mefjus hat während Corona sein Musik-Portfolio erweitert.
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Der Linzer Drum & Bass-Superstar Martin "Mefjus" Schober glaubt wegen Corona an keine schnelle Erholung der Event-Branche. Der StadtRundschau hat er von seinem Plan B erzählt. 

LINZ. Mitten in Linz, im Franckviertel, wohnt einer der bekanntesten Drum'n'Bass-Produzenten der Welt. Martin "Mefjus" Schober" erzählt im StadtRundschau-Interview, warum es ihn trotz seines Welterfolgs nie in die Szene-Hauptstadt London gezogen hat und wie es um den DJ-Nachwuchs in der Stahlstadt steht.

Du tourst seit Jahren durch die Clubs der Welt. Wie haben Corona und der Lockdown sich auf dein Leben ausgewirkt?
Martin "Mefjus" Schober:
Ich bin jetzt hauptberuflich seit siebeneinhalb Jahren DJ und Musikproduzent. Normalerweise bin ich am Wochenende immer unterwegs und unter der Woche im Studio. Meine letzte Show vor dem Lockdown hatte ich Anfang März in Russland. Seither habe ich eine Show in Bratislava gespielt Mitte August.

In der Slowakei waren die Gesetze ein bisschen anders, da waren 500 Personen im Club erlaubt. Die Energie war natürlich echt arg, aber es war strange. Die Maßnahmen waren in der Slowakei über den Sommer nicht so hart. Ich war dort so ein bisschen der Alien mit Masken und Abstand halten. Ich habe Auflagen gehabt wie einen eigenen Backstage und Desinfektionsmittel überall mit einem eigenen Seiteneingang. Die Veranstalter haben das super gemacht, aber ich habe schon gemerkt, dass sie ein bisschen suspekt gegenüber mir waren.

Jetzt habe ich am Wochenende wieder ein bisschen mehr Zeit für mich selbst und kann das Leben genießen. Ich finds ganz angenehm, muss ich sagen.

Was hat sich unter der Woche bei dir geändert?
An Wochentagen war ich auch im Lockdown im Studio. Die Produktivität ist schon massiv gestiegen –  das Lebensgefühl und auch der Schlafrythmus. Wenn ich am Wochenende spiele, komme ich meistens um 5 Uhr früh ins Bett. Dann komme ich am Sonntag heim und stehe am Montag auch eher um 10 oder 11 Uhr vormittags auf. Und jetzt stehe ich am Montag um 8 Uhr auf und finde schneller in den Groove rein – das ist echt angenehm. Und auch im Sommer war es echt herrlich. Ich habe schon lange nicht mehr so einen Sommer gehabt, wo ich so viel draußen war.

Wie läuft der Kontakt im Lockdown mit den Kollegen aus der Drum & Bass-Szene?
Man sieht die Kollegen normalerweise am Wochenende immer. So sind auch viele Freundschaften entstanden in den letzten Jahren. Mit ein paar Leuten habe ich es geschafft, in Kontakt zu bleiben, mit anderen nicht.


"Ich fühle mich mit Linz verbunden"

Über die Jahre zog es viele Drum & Bass Artists nach London oder Großbritannien. Was hält dich in Linz?
London oder UK sind eigentlich nie zur Debatte gestanden. Ich bin in Linz geboren und im Bezirk Linz-Land aufgewachsen. Seit mehr als zehn Jahren bin ich wieder zurück in Linz. Auch wenn ich nicht viel hier bin, fühle ich mich verbunden mit der Stadt. Die Stadt ist voll chillig, auch wenn sie klein ist. Im Sommer ist es ein Traum mit der Donau und auch vom Reisen her ist es sehr okay mit dem Flughafen. Mir sind Freunde und Familie sehr wichtig. Ich hab mal überlegt, ob ich nach Prag ziehe, aber das hatte eher steuerliche Gründe (lacht).

Dein Studio hast du derzeit in Allhaming. Wie kam es dazu?
Ich hatte mein Studio ursprünglich in meiner Wohnung in Puchenau. Und dann kam ich an einen Punkt, wo es keine Trennung mehr gab zwischen Musik und Privatem. Ich bin aufgestanden, ins nächste Zimmer in Studio, Tag und Nacht war nur Musik das Thema. Da waren Phasen dabei, wo ich wochenlang keine Hose, nur Boxershorts, angehabt habe – jetzt übertrieben gesagt.


"Mein Ziel ist das Studio nach Linz zu kriegen"

2012 habe ich mich bei der Tabakfabrik beworben. Ist leider nichts geworden bislang, weil die immer noch im Umbau sind und sich natürlich auch nicht so langfristig festlegen wollen. Aber wenn ich ein Studio baue, dann will ich einen Mietvetrag haben, der dementsprechend lang ist. 2013 hab ich dann mein Studio temporär in den Keller meines Elternhaues verlegt. Den Raum habe ich renoviert. Jetzt bin ich immer noch drinnen. Die Kommunikation mit der Tabakfabrik ist immer noch vorhanden. Mein Ziel ist auf jeden Fall, das Studio nach Linz zu kriegen. Auch um nicht immer mit dem Auto nach Allhaming fahren zu müssen, sondern vielleicht dann mit dem Rad innerhalb der Stadt, das wäre einfach viel chilliger.

Auf Instagram habe ich gesehen, dass du jetzt auch einen Praktikanten im Studio hast.
Ich habe vor einem Jahr auf der FH in Salzbug einen Gastvortrag gemacht. Dort habe ich sechs Stunden über Musikproduktion gesprochen. Da war ein Bachelor-Student im Kurs dabei, der mich später angefragt hat, ob er sein Pflichtpraktikum bei mir machen kann. Ich hab kurz überlegt und mich mit ihm getroffen. Er ist supermotiviert und er absolviert bis Ende des Jahres bei mir sein Praktikum und ich zeige ihm ein paar Techniken, erkläre ihm wie der wirtschaftliche Aspekt ist: Selbstständig sein mit einem Tonstudio. Ich hoffe er lernt was.

Was gibt es über den Linzer DJ-Nachwuchs zu sagen?
In Linz gibt es einen Spezialisten dafür. Raffael „Phentix“ Pirngruber macht schon seit einiger Zeit lang Musik – super talentierter Dude. Er hat sich jetzt gerade ein Haus gemietet in Linz, wo er ein Studio eingerichtet hat und mit einem Kollegen aus Niederösterreich Trap-Beats produziert und verkauft. Auch Mario „REBRTH“ Teuchman macht ziemlich fette Halftime-Beats. 

DJs gibt es in Linz eh einige, aber ich vermisse ein bisschen den Produzentenachwuchs. Man kennt natürlich den Flip von Texta, der für mich der Dr. Dre von Linz, der Chef, ist. Es gibt einen Haufen gute Rapper, aber bei elektronsicher Musik vermisse ich ein bisschen den Produzentenachwuchs.

Vielleicht liest da jetzt gerade wer und sitzt irgendwo in seinem Studio…
Ja, genau. Hit me up, auf jeden Fall.


"Ein tolles österreichisches Produkt"

Dein neues Werk "No Tomorrow" hast du mit Camo & Krooked und Leyya-Sängerin Sophie Lindinger produziert. Wie kam es zur Kollaboration?
Der Markus „Krooked“ hat schon immer ein bisschen geliebäugelt mit Sophies Stimme. Dann hat er ihr das musikalische Layout des Tracks geschickt  – sie hat dann darauf gesungen. Dann bin ich in den Track eingestiegen.

Gemeinsam mit Camo & Krooked hat Mefjus eine eigene Musikproduktionsfirma namens SINTH gegründet. | Foto: Andrea Blesakova
  • Gemeinsam mit Camo & Krooked hat Mefjus eine eigene Musikproduktionsfirma namens SINTH gegründet.
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Wir haben das Vocal in Wien im Studio von Camo & Krooked aufgenommen. Ich habe schon eine Vorstellung gehabt wie es ungefähr klingen sollte und ich wollte unbedingt mit Sophie im Studio sein. Ich kannte die Sophie vorher noch nicht und erkannte sofort am Dialekt sie ist auch aus Oberösterreich. Das war für mich sehr erfreulich, dass ein Eferdinger Mädel so cool singt – das klingt jetzt vielleicht falsch. Aber als Österreicherin so ein überzeugendes englisches Vocal abzuliefern, das ist echt selten. Ich hab das auch einigen Native Speakern gezeigt uned die haben das fast gar nicht geglaubt. Sie macht ihr Handwerk richtig gut. "No Tomorrow" ist eine coole Gruppenarbeit geworden und auch ein tolles österreichisches Produkt.

Die Nummer hat einen gewissen James Bond-Vibe. Welche Musikgenres interessieren dich abseits von Drum & Bass?
Wir planen jetzt noch zwei weitere Adaptionen für den Track. Das nächst Installment wird eine Acoustic-Version des Tracks, weil Camo & Krooked nach ihrem Symphonic Projekt sehr viel Erfahrung gemacht haben mit klassischer Musik. Markus hat das Projekt in eine rein akustische Version umprogrammiert. Dann haben wir das von einem Pianisten nachspielen lassen. Wir haben uns dann von ihm die MIDI-Spuren schicken lassen – die Tastenprogramierbefehle in der richtigen Anschlagstärke, et cetera. Dann haben wir das wieder nachprogrammiert und ich habe noch einige elektronische Element hingefügt. Die Version kommt im November oder Anfang Dezeber heraus. Die dritte Variante wird dann so eine Avantgarde-Elektronik-Nummer, wo wir ein bisschen versuchen zu showcasen was wir draufhaben.



Von Pop-Reggae bis zum Sportriegel

Gibt's weitere Pläne mit den Camo & Krooked-Jungs?
Wir haben gemeinsam im Lockdown die Musikproduktionsfirma "Sinth" gestartet. Warum auch nicht? Wenn wir es mit dem eigenen Namen und der Identität branden, dann steht man immer voll dahinter, was man macht. Aber in Zeiten wie diesen muss man auch schauen, dass man Geld verdient. Von daher sehen wir das ganz pragmatisch und verkaufen einfach die Dienstleistung – sei es jetzt Mixing, Mastering oder Ghostproduction. Das geht vom Pop-Reggae-Tune über Techno von Berliner DJs bis zur Kooperation mit einem Sportriegelhersteller.


Wie bist du wirtschaftlich bis jetzt durch Corona gekommen?

Ich habe Gott sei Dank die goldenen Zeiten des Drum & Bass noch ein bisschen mitgenommen. Und ich habe jetzt keinen argen Lebensstil. Ich habe meine günstige Genossenschaftswohnung im Franckviertel und es geht sich aus (lacht). Die Abwicklung mit Härtefallfonds und Fixkostenzuschuss hat in meinem Fall auch gut hingehauen. Man muss sich eben informieren und mein Steuerberater hat mir ein paar Tipps gegeben.

"Die Event-Branche wird es noch länger treffen"

Aber unsere Branche wird es noch länger treffen. Wann jetzt die Impfung kommt und bis alle durchgeimpft sind und die Eventbranche wieder hochgefahren werden kann, vergehen wohl noch Jahre. Das wird noch sehr, sehr mühsam. Es gibt jetzt auch DJ-Kollegen ,die fliegen Mitte Dezember nach Neuseeland und gehen dort über Weihnachen in Quarantäne, damit sie dann Silvester und noch weitere zwei Wochen lang eine Tour spielen können. Das ist ja nicht wirtschaftlich. 


"Will ich mit 40 Jahren noch auf der Bühne stehen?"

Gibts musikalisch ein Projekt, wo du dich vielleicht bisher noch nicht drübergetraut hast?
Vor Corona haben wir an einer Liveshow gearbeitet und haben mit der in Österreich auch getourt und ich will das auch unbedingt international auf die Bühne bringen. Wir wollten das schon im September 2019 live in London spielen. Aber das war dann logistisch so eine Mission, meine Idee von Linz aus den Londonern zu verklickern. Da ist es um Proben gegangen, darum ob die die passende Hardware haben. Und gerade im Festivalsommer 2019 waren die Firmen so ausgelastet, dass wir glaube ich vier Wochen vor der Show gesagt haben, wir brechen das ab. Ich hab dann ein DJ-Set gespielt (lacht). Aber das brennt mir noch immer so unter den Fingern.

Ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Produktionen mit Reini und Markus (Camo & Krooked, Anm.). Man traut sich dann einfach ein bisschen mehr mit der Ghostproduction, wo man vorher schon tabuisiert worden ist – du willst ja niemanden von deinen Fans beleidigen und so habe ich jetzt einfach ein neues Alias wo ich einfach alles probieren kann. Seit fast acht Jahren renne ich jetzt in dem Hamsterrad. Ich war im Studio und unterwegs, und im Studio und unterwegs. Und ich konnte mich nie herausnehmen und fragen, was kann ich sonst noch machen? Will ich mit 40 Jahren noch auf der Bühne stehen? Und jetzt mit diesem Cut musste ich überlegen. Da kommt ein Denkprozess ins Rollen – in dem Fall eben so ein kollaborativer Firmenstart, was ich ganz geil finde.

Danke fürs Gespräch!

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