"Will Museum als Lernort etablieren"

7Bilder

Gerda Ridler ist seit Dezember 2013 künstlerische Leiterin der oö. Landesmuseen. Im Interview mit der BezirksRundschau spricht die gebürtige Waldhausenerin über zukünftige Ausstellungen, Kulturvermittlung für Kinder und Platzprobleme.

Wonach misst man ein Museum?

"Die Frage nach Besucherzahlen ist natürlich legitim, weil in unserer Gesellschaft viel über Kennzahlen verifizierbar gemacht wird. Aber ein Museum ist kein Wirtschaftsbetrieb und wir machen viel, was eben nicht quantifizierbar ist. Wir haben die Aufgabe zu sammeln, zu bewahren, zu forschen und zu vermitteln. Und Forschung ist schwer quantifizierbar. Es liegt an uns, das was wir tun, noch stärker in die Öffentlichkeit zu tragen. Wir sind nicht nur ein Ausstellungshaus, sondern haben viele notwendigen und grundlegende Aufgaben zu erledigen", so die gebürtige Waldhausenerin.

Jede Sammlung habe ihren Sammlungsleiter, in Summe sind etwa 25 Leute mit den Sammlungen beschäftigt. Die Sammlung ist umfasst 18 Millionen Objekte. Derzeit läuft noch die komplette Digitalisierung. Teile der Sammlung seien schon erfasst, doch ein Gutteil noch nicht." Mit dem geringen Personalstand geht das auch nur recht langsam voran. Das ist aber in vielen Museen in ganz Europa derzeit ein Thema. Man muss ja jedes Werk in die Hand nehmen, überprüfen, fotografieren, vermessen und das dauert auch. Wir wissen zwar, was wir haben, aber wir können nicht alles der Öffentlichkeit zugänglich machen", so Ridler.

"Bei der Kulturvermittlung für Kinder haben wir schon einige gute Projekte und ich will die führende Rolle der Landesmuseen weiter ausbauen. Kulturelle Bildung ist wichtig und wenn ich mir die Entwicklung anschaue, dass das teilweise immer weniger wird in den Schulen beispielsweise, bin ich nicht froh darüber. Kreative Fächer werden zugunsten wirtschaftsorientierten Denkens gestrichen. Wer als Kind oft ins Museum geht, darüber reflektiert, ist auch als Erwachsener viel offener für Kunst. Da können wir als Museum einen wichtigen Beitrag dazu leisten", sagt Ridler. Für 2016 plant sie daher unter dem Arbeitstitel "Junges Schloss" eine große Ausstellung für Kinder und Jugendliche. "Dort wollen wir unsere Sammlung einem jungen Publikum zeigen – natürlich altersgerecht aufbereitet. Da werden wir mit Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten, um die Sammlung mit schulischen Inhalten zu verknüpfen. Ich möchte das Museum als Lernort im Bildungssystem etablieren." Viele Schulen seien auch Stammkunden und kämen regelmäßig mit ihren Klassen. "Wir haben auch Vorschulklassen und Kindergartengruppen, die ins Museum gehen, aber das kann man noch intensivieren."

Die engen finanziellen Ressourcen seien schon spürbar, aber Finanz- und Kulturreferent Josef Pühringer stehe hinter dem Bildungsaspekt und sei sicher offen, wenn die Landesmuseen mehr in die Richtung Kulturvermittlung machen wollten und Ressourcen dafür bräuchten. Ridler: "In dem Bereich arbeite ich mit dem kaufmännischen Direktor Walter Putschögl eng zusammen."

Regional begrenzt

"Leider reicht das, was wir machen, nicht sehr stark über Oberösterreich hinaus. Wir haben eine tolle Schau von Candida Höfer in der Landesgalerie. Höfer ist auch international renommiert – ein Superstar. Die Ausstellung wirde aber leider wenig beachtet. Wäre die Ausstellung in Wien, würde darüber breit berichtet werden. Den Museumsstandort Linz möchte ich daher noch mehr international etablieren. Wir haben auch in den nächsten Jahren tolle Ausstellungen, von denen ich hoffe, dass sie auch international rezipiert werden", so Ridler. Teilweise geschehe das schon, aber hier sieht Ridler noch Potenzial. Weil sie natürlich an hohen Besucherzahlen interessiert sei.

Spannend werde sicherlich die Ausstellung über "Schönheit". Das habe sich bei vielen Sitzungen herauskristallisiert und Ridler freut sich schon auf die Ausstellung. "Das ist ein sehr vielschichtiges Thema. Wir werden sicherlich den Wandel des Schönheitsbegriffes, Schönheit in der Natur oder Schönheit im Alltag aufgreifen uns natürlich auch kritisch dem Thema nähern, also den Schönheitswahn hinterfragen. Wir hoffen, dass wir ein breites Publikum ansprechen mit dem Thema, das alle betrifft", so Ridler.

Auch die Kooperation mit den Uffizien sei ein tolles Projekt. "Wir wollen die Verbindungen des Hauses Medici mit dem Haus Habsburg aufzeigen und werden einige Highlights aus den Uffizien erstmals in Linz zeigen." Spannend werde auch die Ausstellung zum Jubiläum 50 Jahre Schlossmuseum. 50 Objekte stünden pars pro toto für die Geschichte des Hauses. Die Objektzusammenstellung laufe noch.

Über die Depots

Dass die Sammlung weiter wächst demonstriert Ridler an einem "Alltagsbeispiel". "Kürzlich haben wir einen Anruf eines Nähmaschinensammlers bekommen, der uns seine umfangreiche Sammlung angeboten hat. Wir haben nach mehreren Besprechungen uns dazu entschlossen, diese zu kaufen. Dafür mussten wir auch Platz in unseren Depots schaffen. Das ging alles binnen zwei Wochen über die Bühne. An uns tragen doch viele Menschen Dinge heran. Wir nehmen aber nicht alles. Wir begutachten alles kritisch, ob das angebotene Objekt die Sammlung auch ergänzt", so Ridler.

"Wir werden mittelfristig wahrscheinlich auch neue Depots brauchen. Das hat schon eine hohe Dringlichkeit bei uns. Wir haben binnen der nächsten fünf Jahre definitiv Handlungsbedarf. Ideal wäre ein zentrales Depot, das andere Kultureinrichtungen mitnutzen könnten. Da kann man ruhig in größeren Dimensionen denken, auch an Kooperationen mit anderen Kulturinstitutionen oder in Kombination mit einem Schaulager. Die Leute sind ja begeistert, wenn sie hundert alte Nähmaschinen oder 200 Radios aus den 1920er-Jahren am Stück sehen."

Wie war die Einarbeitungszeit?
"Ich habe das Gefühl, es gab keine Schonfrist. Es ging vom ersten Tag gleich richtig los. Ich bin vom Haus sehr gut aufgenommen worden, alle waren total hilfsbereit. Unsere Mitarbeiter sind eine so wichtige Ressource. Ich wollte daher vor allem mein Team sehr schnell gut kennenlernen. Mir ist es auch wichtig mit dem kaufmännischen Direktor Walter Putschögl als Team aufzutreten", so Ridler.

Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.