EU-Wahl 2019
Schikane? Hunderte Rumänen konnten in Linz nicht wählen
In den Sozialen Medien gehen die Wogen hoch: Wie in vielen europäischen Städten, harrten in Linz hunderte Rumänen am Sonntag stundenlang umsonst vor dem Wahllokal aus. Die Kapazitäten reichten schlicht nicht aus. Viele vermuten eine gezielte Schikane der umstrittenen rumänischen Regierung.
LINZ. Groß ist der Ärger derzeit in der rumänischen Community in Linz. Hunderte rumänische Staatsbürger konnten am Sonntag nicht an der EU-Wahl teilnehmen. Die Kapazitäten des Wahllokals in der Weißenwolffstraße reichten schlicht nicht aus. Auf der Straße bildeten sich, wie auch in vielen anderen europäischen Städten, lange Schlangen. Kurz vor 21 Uhr wurden die letzten Wähler in das Gebäude eingelassen, berichtet eine Zeugin gegenüber der StadtRundschau. Die Neufeldnerin Delia Cristea war eine der letzten, die noch hineindurfte. Bis an die Wahlurne schaffte sie es aber nicht. Um 21.30 Uhr hieß es, das System in Bukarest sei abgeschaltet worden, eine Stimmabgabe daher nicht mehr möglich. Zehn bis 15 Personen aus ihrer Gruppe konnten deshalb nicht mehr wählen.
"Ich will immer wählen, bei jeder Wahl. Das war das erste Mal, dass man in Linz wählen konnte. Bis jetzt bin ich immer nach Wien gefahren. Wahrscheinlich haben sie nicht mit so vielen Leuten gerechnet", sagt Cristea.
Doch es blieb nicht bei den 15 unfreiwilligen Nichtwählern. Geschätzte drei- bis vierhundert Rumänen schafften es nicht einmal ins Gebäude und mussten trotz stundenlangem Anstehen unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Erstmals Wahllokal in Linz
Alleine in Linz hätten 1.800 Menschen an der Wahl teilnehmen wollen, berichtet der rumänischstämmige Linzer Mugur Dulea. Zusammen mit Alexandra Lungu ist er wesentlich dafür verantwortlich, dass rumänische Staatsbürger erstmals überhaupt auch in Linz wählen konnten. Bislang war das nur in der Botschaft in Wien möglich. Um das zu erreichen, haben Dulea und Lungu im März eine Initiative gestartet und hunderte Unterschriften gesammelt. Im rumänischen Wahlgesetz stehe, dass man einfach ein Wahllokal beantragen könne, erklärt Dulea. Unterstützt wurden sie laut eigenen Angaben vom rumänischen Honorarkonsul in Linz, Wolfgang Berger-Vogel – mit Erfolg: Im Vereinszentrum der Stadt Linz wurde ein Wahllokal eingerichtet.
Krise in Rumänien mobilisiert
Dem Ansturm am Sonntag war das neue Wahllokal jedoch nicht gewachsen. Die hohe Wahlbeteiligung hängt mit der innenpolitischen Krise in Rumänien zusammen. Viele Auslandsrumänen wollten bei der EU-Wahl ein Zeichen gegen die umstrittene sozialdemokratische Regierung setzen, der unter anderem Korruption und autoritäres Politikverständnis vorgeworfen wird. Das Minus fiel dann mit mehr als elf Prozent auch deutlich aus. Noch wichtiger dürfte aber eine zweite Abstimmung gewesen sein, die ebenfalls am Sonntag stattfand. In einem Referendum stimmten die Rumänen gegen eine Reihe umstrittener Gesetze, mit denen die Regierung Amtsmissbrauch und Korruption in vielen Fällen straffrei stellte. Außerdem votierten sie für ein Verbot von Notverordnungen und für ein Einspruchsrecht beim Verfassungsgerichtshof.
"Die Leute sind aufgewacht"
Viele Auslandsrumänen sehen in der drohenden Niederlage für die Regierung auch den Grund für die in vielen Städten mangelhafte Organisation der Wahl. „Unsere Regierung will nicht, dass wir Auslandsrumänen wählen“, sagt Cristea, die seit 15 Jahren in Österreich lebt und am Sonntag nicht wählen konnte. Über das Ergebnis freut sie sich jedoch sehr:
"Politiker dürfen sich nicht mehr in die Justiz einmischen. Ich bin deshalb sehr froh über das Ergebnis. Bei uns war gestern Nationalfeiertag", sagt Cristea.
Auch Dulea vermutet die rumänische Regierung hinter den Mängeln:
„Das ist politisch gesteuert. Sie wissen, dass es in Oberösterreich 22.000 rumänische Bürger gibt, alleine in Linz sind es 5.000. Die Mitarbeiter im Wahllokal können nichts dafür, die waren wahnsinnig schnell", so Dulea.
Es hätte zumindest noch ein zweites Wahllokal geben müssen. Im November sind Präsidentschaftswahlen und 2020 Parlamentswahlen. Da will sich Dulea wieder für eine Wahlmöglichkeit in Linz einsetzen.
"Die Leute sind aufgewacht. Man muss irgendwas tun. Das ist der Anfang vom Ende der rumänischen Regierung", so Dulea.
"Sehr bedauerlich"
"Es ist sehr bedauerlich", sagt der rumänische Honorarkonsul in Linz Wolfgang Berger-Vogel zu den Engpässen am Wahltag. "Wir hatten sechs Kojen und Urnen, es war nicht abzuschätzen, wie viele da kommen würden", so Berger-Vogel . Die Mitarbeiter vor Ort treffe keine Schuld. Die Wahllokale wurden um 21 Uhr geschlossen. Zwar wurde versucht vom rumänischen Außenministerium eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen, jedoch vergebens.
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