Verkehrspolitik in Linz
Verkehrspolitik aus der Steinzeit

Die jährliche Radparade zeigt: Radfahrer:innen verbrauchen um ein Vielfaches weniger Platz als die gleiche Anzahl Autos.
  • Die jährliche Radparade zeigt: Radfahrer:innen verbrauchen um ein Vielfaches weniger Platz als die gleiche Anzahl Autos.
  • hochgeladen von Tobias Watzl

In Italien liegen die Flüsse trocken, im Burgenland sinkt der Grundwasserspiegel massiv und ganz Österreich leidet bereits im Juni unter Hitzewellen, doch in Linz wird weiter betoniert.

Hinzu kommen noch die Rekordpreise für Benzin und Diesel, die die Leute verzweifelt nach Alternativen suchen lassen.

Eigentlich müssten wir jetzt alle Hebel in Gang setzen um sanfte Mobilität, also den Ausbau von Öffis und Radnetz, rasch voranzutreiben.

Dennoch wurde diese Woche im Linzer Gemeinderat, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Neos dafür gestimmt die Autobahnanschlussstelle Auhof zu bauen [1]. Wobei, über den Bau selbst wird gar nicht mehr abgestimmt. Abgestimmt wird darüber ob die Kostenerhöhung um fast 65% vom Gemeinderat akzeptiert und von der Stadt Linz bezahlt wird. Denn bereits vor Baubeginn ist fix, dass sich die veranschlagten Kosten von 19 Millionen auf 32 Millionen Euro (inklusive Umsatzsteuer) erhöhen werden. Die enormen Preissteigerungen 2022 sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Der Anteil der Stadt beträgt ein drittel der Kosten, also gut 10 Millionen Euro [2].

Verkehrspolitik aus der Steinzeit

Selbst ohne genauere Analyse ist klar: Bei diesem Projekt stehen die Kosten in keinem Verhältnis zum gesellschaftlichen Nutzen. Geplant wurde das Projekt erstmals in den 90er Jahren des letzen Jahrtausends. Offenbar hat sich seitdem niemand mehr gefragt, ob das Projekt noch zeitgemäß ist. Denn nun im Jahr 2022 soll endlich, wie bereits 2011, 2014, 2019, 2020 und 2021 angekündigt, mit dem Bau begonnen werden [3][4].

Doch wer profitiert von dieser Autobahnauffahrt. Zuallererst muss gesagt sein, dass eine Auf- beziehungsweise Abfahrt nur aus Richtung Linz möglich sein wird. Stundent:innen aus dem Mühlviertel werden also weiterhin die Abfahrten Treffling oder Dornach benutzen.

Der öffentliche Verkehr wird von der Autobahnauffahrt nicht profitieren. Neue Busverbindungen sind keine geplant und Geld das man dringend für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel bräuchte wird stattdessen für eine Autobahn ausgegeben.

Auch der Radverkehr profitiert nicht. Im Gegenteil. Die seit Jahren angedachte Radhauptroute Linz - Gallneukirchen ist noch nicht fertig geplant [5]. Ein Baudatum ist "noch nicht abschätzbar", heißt es in einem Dokument des Land Oberösterreich von 2020 [6]. Ganz im Gegenteil, die bereits bestehende Verbindung wird unterbrochen. Der "Ersatz" ist eine zugewachsene Brücke mit Stufen, wie sich auf Google Street View erkennen lässt. Die Radlobby hat hier bereits ausführlich berichtet [7].

Und was ist mit dem Autoverkehr? Die Abfahrt Treffling ist 3,1km, die Abfahrt Dornach gerade einmal 1,3km von der Stelle entfernt. Beide in unter 5 Minuten Fahrzeit erreichbar. Es werden hier also 32 Millionen Euro verbrannt für eine Zeitersparnis von 5 Minuten, die sich in der Realität aufgrund des starken Frühverkehrs wohl nicht erzielen lassen wird. Und Pendler:innen aus dem Mühlviertel, die zur JKU wollen müssen ja ohnehin die Abfahrt Treffling nutzen.

Es ist bereits hinlänglich bekannt, dass mehr Straßen den Verkehr nicht besser verteilen, sondern durch das bessere Angebot noch mehr Verkehr erzeugen. Der VCÖ hat hierzu eine genaue Analyse erstellt [8]. Das konnte man auch bei der Fertigstellung von Eisenbahnbrücke und den Bypass-Brücken bemerken. Denn trotz dieser beiden neuen Brückenverbindungen hat sich die Stausituation nicht gebessert. Das einzig nachhaltige Mittel gegen Stau ist es den Leuten die Möglichkeit zu geben auf Öffis oder Fahrrad umzusteigen. Mehr Radwege bedeutet weniger Stau.

Viel sinnvoller wären die 32 Millionen Euro in den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und des Radnetzes investiert, statt in einen Autobahnanschluss der nur einer kleinen Minderheit von Lenker:innen nutzt. Warum die Politik hier so auf diesem veralteten Projekt beharrt ist völlig unverständlich.

Eine Möglichkeit wäre die Errichtung einer Buslinie auf der geplanten Trasse der späteren Stadtbahn nach Gallneukirchen. Busse könnte man schnell und kostengünstig anschaffen und nach der Errichtung an anderer Stelle einsetzen. Dieses Konzept der "Vorläuferlinien" hat sich in anderen Ländern längst bewährt und könnte rasche Verbesserungen für Öffi-Nutzer:innen bringen. Für den Verkehr aus dem Süden der Stadt können Schnellbuslinien eine attraktive Alternative zum Auto sein.

Hierzu noch ein kleiner Vergleich: Die aktuelle Erneuerung der Linz AG Busflotte kostet 36 Millionen Euro. Dabei wurden 88 Busse angeschafft. Statt dem Autobahnanschluss könnte man also die Busflotte der Linz AG um 50% vergrößern.

Und wer zahlt?

Wer zahlt eingentlich für die Autobahnabfahrt? Die Antwort ist klar: Die künftigen Generationen. Und zwar gleich in mehrerer Hinsicht. Zum einen soll die Finanzierung laut Medienberichten mit "Fremdmitteln", also mit Geld das die Stadt nicht hat, erfolgen. Der Anteil der Stadt Linz beträgt 1/3 der Baukosten. Nach momentanem Stand sind das ca. 10 Millionen Euro. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Betrag bis zur Fertigstellung noch erhöht. Jeder der sich mit Betriebswirtschaft auskennt weiß, dass Investitionen die dafür notwendigen Ausgaben auf lange Sicht wieder hereinbringen müssen. Bei Infrastruktur ist das oft nicht einfach zu berechnen, da es zum Beispiel durch gesundheitliche Folgen wie Lärm und Abgasbelastung oder durch positive Effekte auf die Wirtschaft, indirekte Effekte gibt die sich nicht so leicht beziffern lassen. Dass in diesem Fall die indirekten Effekte allerdings eine Investition von 32 Millionen wieder hereinspielen ist äußerst unrealistisch.

Aber auch in einer anderen Hinsicht bezahlen die künftigen Generationen für diese Entscheidung. Mit dem Bau des Autobahnanschlusses wird das System Auto nämlich sprichwörtlich einzementiert. Für den Ausbau der sanften Mobilität, also Öffis und Radwegen, ist dann kein Geld mehr da, beziehungsweise werden die Nutzer:innen auf später vertröstet. Das konnte man bei der Errichtung der Eisenbahnbrücke sehr gut sehen, wo der Autoverkehr rollt, aber die versprochenen Schienen immer noch fehlen.

Also..?

Für ein zukunftsfähiges und modernes Linz ist es unerlässlich, dass endlich die gebotene Aufmerksamkeit auf den Ausbau der sanften Mobilität gelegt wird. Die Zeit für überdimensionierte Autobahnprojekte ist vorbei. Es gilt nun Bus, Bahn und Rad auszubauen. Denn wenn der Wille da ist, dann kann man offenbar auch Geld für Projekte locker machen, es muss nur für die richtigen Projekte eingesetzt werden. Andere Städte und Länder haben uns hier viel voraus. Es ist an der Zeit, dass wir auch in Linz mit der Zeit gehen.

Quellen:
[1] https://www.linz.at/Politik/GRSitzungen/GrSitzungen/GrDetail?GrId=140
[2] https://www.meinbezirk.at/linz/c-politik/deutlicher-kostenanstieg-bei-a7-autobahnhalbanschluss-auhof_a5416441
[3] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20091127_OTS0072/asfinag-a-7-muehlkreis-autobahn-anschlussstelle-auhof-startschuss-fuer-uvp
[4] https://www.meinbezirk.at/linz/c-lokales/a7-halbanschluss-auhof-kommt-2020_a2242553
[5] https://www.meinbezirk.at/linz/c-lokales/huerden-und-rampen-fuer-den-radwegausbau_a4556009
[6] https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/LK/PK%20Radverkehr%20Beilage.pdf
[7] https://www.radlobby.at/oberoesterreich/a7-halbanschlussstelle-auhof-droht-barriere-fuer-radverkehr-zu-werden
[8] https://www.vcoe.at/publikationen/vcoe-factsheets/detail/ausbau-der-infrastruktur-auf-klimakurs-bringen

Anzeige
Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
3

Das Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelt
Damit Arbeitskraft und Unternehmen zusammenpassen

Jene zusammenzubringen, die bestens zusammenpassen, nennt man ein gelungenes „Matching“. Ob dies nun Lebenspartner/Partnerinnen sind oder – davon ist hier die Rede – Arbeitskraft und Unternehmen. Die Vermittlerrolle nimmt dabei das Arbeitsmarktservice (AMS) ein. Wie gelingt dieses Matching möglichst optimal?Es gelingt dann, wenn die Beteiligten möglichst präzise wissen und sagen können, was und wen sie brauchen. Für mich als Jobsuchenden heißt das, mir die Stellenausschreibung genau anzusehen,...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.