Neuer JKU-Rektor: "Wir müssen die Visionäre in Österreich sein"

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StadtRundschau: Wir sind hier in Ihrem neuen Rektor-Büro. Die Einrichtung ist völlig überarbeitet. Auch sonst heben Sie sich deutlich von Ihrem Vorgänger ab. Was wird sich durch Sie an der JKU verändern?
Meinhard Lukas: Richard Hagelauer und ich sind sehr eng befreundet. Was jetzt passiert, ist eine dynamische Weiterentwicklung. Wir wollen uns dem Ziel, eine europäische Spitzenuniversität zu werden in den nächsten vier Jahren möglichst weit annähern. Es geht aber auch um die Soft Facts. Die JKU hat vermutlich den schönsten Campus Österreichs, was allerdings fehlt, sind direkt am Campus ein gastronomisches, kulturelles und sportliches Angebot. Das Teichwerk ist nun so ein Landmark der Entwicklung des Campus, es ist ein schwimmendes Wohnzimmer. Was wir erreichen wollen ist, dass der Campus auch nach 17, 18 Uhr und am Wochenende belebt ist.

Sie haben angekündigt, dass Sie die öffentliche Wahrnehmung der JKU heben möchten. Wie sieht hier Ihr Plan aus?
Universitäten und Marketing gehen selten eine Symbiose ein, wobei ja gerade Marketing Gegenstand der Lehre ist. Auf der JKU gibt es viel, was exzellent funktioniert, allerdings ist das viel zu wenig bekannt. Wir werden nun mit einer Kampagne starten, wo die Angehörigen dieser Universität im Mittelpunkt stehen. Das sind die Professoren, Assistenten und vor allem auch die Studierenden. Es soll erlebbar werden, wer die Menschen hinter dieser JKU sind und was da zum Teil auch für fachliche Koryphähen dahinter stehen. Wir müssen überhaupt die Wissenschaft für die Menschen erlebbar machen.

Wie steht es bei all diesen Vorhaben um die budgetäre Situation?

Auch wenn es heißt wir haben zu wenig Budget, so haben wir trotzdem 100 Millionen Euro im Jahr. Und diese 100 Millionen Euro werden in Wahrheit von den Steuerzahlern aufgebracht. Das ist eine gigantische Steuerleistung. Und der Steuerzahler hat Anspruch darauf, dass wir diese Leistung wirkungsvoll einsetzen. Damit muss er auch spüren, was wir tun. Das ist unglaublich wichtig. Wenn Wissenschaft richtig vermittelt wird, gibt es auch ein sehr großes Interesse.

Ist die JKU am Zahn der Zeit?
Die aktuellen Themen spielen der JKU sehr in die Hände. Aktuell geht es vor allem um Zukunftsangst. Das zeigt sich auch beim Wahlverhalten und in Umfragen. Die Frage ist, wie man die großen Herausforderungen bewältigt. Dabei geht es auch um den technologischen Fortschritt. Dafür steht das Linz Institute of Technology (LIT), welches uns in Österreich Arbeitsplätze sichern wird. Es geht aber auch um die volkswirtschaftliche Lage und um die Qualität des Arbeitsplatzes. Hier stehen die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften im Zentrum. Denn wenn sich der technologische Fortschritt so rapide verändert, verändern sich auch die Arbeitsbedingungen. Es hat keine industrielle Revolution bisher gegeben, die das Leben der Menschen nicht wesentlich verändert hat. Die Menschen interessiert nicht nur, wie etwas technisch funktioniert, sie wollen auch wissen, wie ihr Arbeitsplatz in Zukunft aussieht. Und da sehe ich auch das Alleinstellungsmerkmal der JKU. Da müssen wir die Visionäre in Österreich sein. Wir müssen den Avantgardegedanken wieder in den Vordergrund stellen. Wir müssen Vordenker sein. Wir müssen Themen aufgreifen, über die heute noch nicht breit diskutiert wird. Ein gewisses Themen- und Agendasetting ist absolut die Aufgabe.

Eine Idee ist es, Einwanderern, die zu uns kommen, die Möglichkeit zu geben auf die Uni zu gehen.

Das ist absolut die Richtung, in die wir gehen. Diese Universität muss internationaler werden. Wir werden, um den Landeshauptmann zu zitieren, nicht in die Champions-League der Regionen kommen, wenn wir nicht diese Region und die Universität öffnen. Die Kepler Universität muss dabei die Speerspitze sein.

Es wird ja häufig diskutiert, die Uni näher an Linz zu bringen, steht das im Widerspruch zum Campus-Gedanken?
Wir müssen beides schaffen. Wir müssen den Campus attraktiver machen und die Uni muss als Campus-Universität so funktionieren, wie man sich in Europa und vor allem in den USA eine Campus-Universität vorstellt. Wir müssen aber auch in der Innenstadt präsenter sein. Es gibt dabei zum einen das Projekt Medizinische Fakultät mit dem Campusgebäude beim Südbahnhofmarkt. Und zum anderen ein Projekt, bei dem wir gemeinsam mit der Kunstuniversität das alte Postgebäude in der Domgasse besiedeln wollen. Dabei sollen auch Studienrichtungen gemeinsam ausgerichtet werden. Ein Beispiel: Im Bereich Marketing müssen wir viel stärker in Richtung Kreativität im Marketing gehen und da ist die Kunstuni der richtige Partner. Ich würde mir überhaupt wünschen, dass die Qualität am Standort Linz so groß ist, dass es selbstverständlich ist, neben der Stammuniversität JKU, Lehrveranstaltungen an der Kunstuni zu besuchen oder Philosophieveranstaltungen an der Katholisch-Theologischen Universität, oder vielleicht etwas Musikwissenschaftliches an der neuen Bruckner-Privatuniversität, um auch so zu zeigen, dass alle Universitäten ein Ziel gemeinsam haben, nämlich Gesamtuniversität Linz. Nicht die JKU muss zu einer Gesamtuniversität ausgebaut werden, sondern der Standort muss gesamtuniversitär funktionieren. Einer Stadt kann nichts besser passieren, als dass sich alle Universitäten weiterentwickeln und sie so zusammenwachsen, dass es am Ende eine volluniversitäre Struktur ist.

Ähnlich wird es auch mit der Lehrerausbildung aussehen?

Ja, das wird insbesondere auch für die Lehrerausbildung gelten. In diesem Bereich gibt es gleich mehrere Bildungseinrichtungen. Die Studierenden wechseln dann innerhalb eines Tages die Einrichtung und sind spürbar in der Stadt unterwegs. Das kann man Linz nur wünschen.

Nach der letzten Nationalratswahl wurde heftig die Zusammenlegung der Ressorts Wirtschaft und Wissenschaft diskutiert. Gleichzeitig pflegt die JKU traditionell ein sehr enges Verhältnis zur Wirtschaft. Wie ist Ihr Zugang?
Ich bin auch hier für einen dualen Weg. Auf der einen Seite ist es Teil der Gründungsgeschichte der JKU, dass wir sehr anwendungsnahe sind und es seit jeher eine sehr starke Interaktion zwischen Wirtschaft und Universität gibt. Es sind auch alle Systeme in Österreich darauf ausgerichtet. Im österreichischen Förderwesen für Universitäten gibt es Förderinstrumente, zu denen es nur mit Firmenpartnern einen Zugang gibt. Die Struktur bedingt also die Kooperation, und ich stehe dafür, dass man diese Kooperation offensiv leben soll. Ich stehe aber auch dazu, dass wir einen Forschungsbereich brauchen, der davon völlig unabhängig ist. Wir werden das LIT haben, ganz anwendungsnahe, ganz starke Interaktion mit der Wirtschaft und der Industrie, und dann werden wir eine School of Science haben wo es um die Grundlagenforschung geht. Das ist der Bereich, der völlig autonom gehalten werden muss. Das ist die ganz große Zukunftswerkstatt. Ich glaube, dass die Universitäten im 21. Jahrhundert in dieser Dualität leben müssen. Also überhaupt keine Berührungsängste mit Wirtschaft und Industrie, aber gleichzeitig im vollen Bewusstsein, dass es einen Bereich braucht, der davon unabhängig ist.

LIT ist nahe angelegt am MIT. Auch sonst bedienen sich gerne dem Wording großer Universitäten. Sind das auch Ihre Vorbilder?

Ich habe kein Problem, wenn darüber gesprochen wird, dass es ein großes Vorbild gibt, es schadet nie, wenn man sich große Vorbilder nimmt. Ich glaube aber, dass der Begriff einfach logisch ist und zwar aus zwei Gründen. Erstens ist kein Begriff so zeitlos wie jener der Technologie. Dieser kommt im Deutschen aus der Zeit der Aufklärung und ist seither immer richtig gewesen. Industrie 4.0, Cyberphysical Systems etc. sind Modewörter, die in fünf Jahren überholt sein werden. Technologie ist der Begriff in der deutschen Sprache schlechthin. Zweitens muss die JKU sich gerade in der Technologie viel stärker mit Linz assoziieren. Ich muss, wenn ich an das LIT und die JKU denke, die Bilder voestalpine, AMAG etc. vor Augen haben. Es geht also um Technologie in Linz. Und nachdem das ein internationales Institut ist, ist es das Linz Istitute of Technology. Und wir wollen auch die Linz School of Science und die Linz School of Education. Mir geht es auch darum, den Bezug herzustellen.

Wie läuft es da mit der Zusammenarbeit mit Einrichtungen mit der Stadt Linz, zum Beispiel der Ars Electronica?

Die Kooperation mit dem AEC ist mir noch viel zu wenig. Da gibt es eine Zusammenarbeit, aber eine Universität wie die JKU muss viel stärker mit dem AEC kooperieren. Und wir müssen viel stärker Position beim jährlichen Festival beziehen. Das AEC ist eine der visionärsten Einrichtungen Österreichs überhaupt. Ich bin als Linzer unendlich stolz auf diese Einrichtung. Daher gibt es jedes Interesse, dass wir mit dem AEC kooperieren. Und es gab auch bereits mehrere Gesprächsrunden mit dem künstlerischen Leiter Gerfried Stocker.

Gibt es auch Gespräche mit Chris Müller von der Tabakfabrik?

Die gibt es. Die Tababkfabrik ist alleine schon ein architektonisches Landmark, und ist auch was Industriegeschichte in Oberösterreich betrifft ein absolutes Symbol. Wir haben sehr genau am Radar was in der Tabakfabrik passiert, weil es für das Thema industrielle- und technologische Entwicklung ein Ort ist, an dem man nicht vorbei kann. Und das ist dann auch ein Ort im Sinne von JKU in Richtung Stadt.

Wie ist Ihre Zusammenarbeit mit der Politik?

Ich habe mit der Politik in Linz und in Oberösterreich quer durch alle Parteien ein ausgezeichnetes Gesprächsklima. Wir sind an der JKU in der angenehmen Situation, dass das Schicksal der Universität jeder im Landtag und im Gemeinderat vertretenen Partei wichtig ist. Ich hätte nicht bei einer einzigen Fraktion je erlebt, dass sie die JKU nicht am Radar haben. Und da ist es ganz egal ob ich mit dem Detlef Wimmer oder dem Rudi Anschober rede. Das hat auch viel damit zu tun, dass die meisten hier absolviert haben. Ich habe ideale Voraussetzungen, weil ich als Entscheidungsträger wirklich quer durch alle Parteien ein ausgezeichnetes Gesprächsklima habe.

Viele Professoren haben einen parteipolitischen Hintergrund. Waren Sie jemals in diese Richtung aktiv?
Ich bin auch hier dual geprägt. Väterlicherseits gibt es eine starke sozialdemokratische Geschichte, der Urgroßvater war Mitbegründer der Sozialdemokratie in Kärnten. Und von mütterlicherseits gibt es eine ganz starke bürgerliche Regung. Wenn man also in dieser Gemengelage aufwächst, dann tut man sich schwer, sich irgendwo zu binden. Für die Aufgabe, die ich jetzt habe ist das eher von Vorteil. Ich bin jemand, der mit allen Fraktionen einen Dialog führt, aber mich auch nirgends hingezogen fühle.

Könnten Sie auch mit einem blauen Wissenschaftslandesrat leben?
Selbstverständlich. Den würde ich ausschließlich danach beurteilen, wie stark dieser für den Wissenschaftsstandort und für die JKU im Besonderen eintritt.

Haben Sie schon immer eine universitäre Karriere geplant?

In der Mittelschule träumte ich davon, Generaldirektor zu werden. Professor zu sein, ist aber der absolute Traumberuf. Universitätsprofessor ist ein immenses Privileg, weil man zum einen junge Menschen unterrichten darf, was zum Lässigsten gehört was es gibt. Zum anderen hat man die Freiheit, sich bestimmte Forschungsthemen vorzunehmen. Die Funktion des Rektors ist jetzt auch der Anspruch, dieser Universität etwas zurückzugeben für das was ich ihr verdanke.

Sie haben vor allem auch die Kennzahlen in den Fokus genommen und wollen diese verbessern, wie kann das gelingen?
Man muss bedenken, dass die Universität in den letzten zehn Jahren von 12.000 auf 20.000 Studierende gewachsen ist. Wir haben die Zahl der Studien, die wir angeboten haben, von 30 auf 60 verdoppelt. Bei so einem Wachstum ist es ganz schwierig, dass die Qualität Schritt hält. Das ist der Grund, dass wir nach einer Phase des Wachstums jetzt eine Qualitätsoffensive brauchen. Da bin ich mit den bisherigen Zahlen nicht zufrieden. Es wird eine gemeinsame Kraftanstrengung von Lehrenden und Studierenden brauchen, das kann man nur gemeinsam schaffen. Man kann Maßnahmen setzen, man darf aber auf gar keinen Fall beim Qualitätsanspruch nach unten gehen. Das heißt, das Niveau nicht senken, aber den Stoff auf das Wesentliche zu fokussieren. Es ist nicht der Anspruch einer universitären Ausbildung, alles zu wissen. Der Anspruch ist es, dass ich am Ende des Studiums eine reflektierte, gebildete Persönlichkeit bin. Und dass ich mir selbst Wissen aneignen kann. Unser wirkliches Ziel sind reflektierte, gebildete Persönlichkeiten.

Welche Rolle wird die Kepler Society in Zukunft einnehmen?
Die Kepler Society ist eine unserer wichtigsten Kommunikationsdrehscheiben. Es ist ganz wichtig, dass wir den Kontakt zu unseren Studierenden halten. Wir sind aber auch sehr dahinter, dass Studien nicht nur evaluiert werden, während die Leute studieren. Sie müssen Studien auch unter Absolventen evaluieren. Die Qualität eines Studiums kann ich nicht nur beurteilen, indem ich die Leute frage, ob sie zufrieden sind, weil da sind diejenigen, die schwere Prüfungen machen in einer nachteiligen Situation sind. Wenn aber ein Studium ein-, zwei Jahre später evaluier wird, werden zum Teil differenzierte Ergebnisse herauskommen. Unser Anspruch ist, dass wir fürs Leben danach ausbilden und nicht nur für die Zufriedenheit während des Studiums. Da ist die Kepler Society ein ganz wichtiges Bindeglied zu unseren Absolventen. Zusätzlich zur ohnehin sehr wichtigen Aufgabe, dass wir die Absolventen an die Universität binden. Die Kepler Society ist ein unglaublich wichtiges Netzwerk für die Uni, aber auch für die Absolventen selbst. Auch da gibt es sehr enge Gespräche mit dem Präsidenten und dem Geschäftsführer.

Abschließend zu Ihnen persönlich. Wie schaut Ihre Work-Life-Balance aus?
Die kann sich noch verbessern in Richtung Life. Die ist momentan sehr Work-lastig und keine Balance. Aber das ist einfach die Einarbeitungszeit. Und es ist unglaublich wichtig, dass das nach einer ersten Phase besser wird, vor allem im Sinne von mehr Zeit für stategische Überlegungen.

Haben Sie Kinder und Familie?

Eine kleine Tochter und ich bin verheiratet.

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Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
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