Vor 80 Jahren in St. Johann
Stadtarchivar Gerhard Moser blickt mit uns auf St. Johann zur Zeit des "Anschlusses" an das Deutsche Reich zurück.
Am 12. März 2018 jährte sich der „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland zum 80. Mal. Zusammen mit Stadtarchivar Gerhard Moser haben die Bezirksblätter eine "Zeitreise" unternommen und auf St. Johann zur Zeit des "Anschlusses" geblickt. "Der 'Einmarsch' der Nationalsozialisten am 12. März war für St. Johann nicht so relevant. Das 'Spektakel' hat sich eher im Zentralraum abgespielt. Aber von der Volksabstimmung am 10. April 1938 sind Protokolle, Stimmzettel und Wahlausweise (Anmerkung der Redaktion: heutige Wahlkarten) erhalten geblieben."
"Aufbruchstimmung herrschte"
Aus Archiven der Zeitungen "Salzburger Volksbote", "Salzburger Wochenblatt" und "Pongauer Wochenschau" gewann Gerhard Moser einen guten Eindruck über die Stimmung in St. Johann, die er auch im aktuellen "Stadtbuch 2" – St. Johann 1855 bis 1955 und darüber hinaus – wiedergegeben hat. "In St. Johann herrschte Aufbruchstimmung. Die Bevölkerung war verarmt und verschuldet und der Nationalsozialismus war bereits seit Jahren in der Marktgemeinde (Anm. d. Red.: St. Johann war damals noch keine Stadt) etabliert", erklärt Moser. "Als Geburtsstunde einer nationalsozialistischen Bewegung in St. Johann kann der Frühsommer des Jahres 1921 bezeichnet werden. Ende Juni bildete sich eine Männerortsgruppe der NSDAP und im Juli eine Jugendortsgruppe." Die NSDAP kandidierte erstmals 1925 in St Johann und erreichte 8,9 Prozent der Stimmen.
"Verbote halfen nicht"
"Auch das Verbot der NSDAP im Jahr 1934 beruhigte die Situation in St. Johann nicht. Die Anhänger agierten illegal weiter. Hauswände und Auslagen jüdischer Geschäfte wurden mit Hakenkreuzen beschmiert und Feuer in formen von Hakenkreuzen wurden abgebrannt, obwohl die Bezirkshauptmannschaft solche Taten empfindlich strafte", erzählt der Stadtarchivar. Der endgültige Anschluss an das Deutsche Reich wurde laut "Pongauer Wochenschau" in St. Johann mit Fackelzügen begangen. Laut dieser Regionalzeitung herrschte Euphorie: "1.200 Teilnehmer wurden beim Abmarsch gezählt und immer neue Scharen schlossen sich unterwegs an. Als der Fackelzug am Adolf-Hitler-Platz (Anm. d. Red.: vormals Hauptplatz St. Johanns) Aufstellung genommen hatten, war eine zweitausendköpfige Menge versammelt."
Dem Führer sein Ja gegeben
Von der Abstimmung am 10. April 1938 sind die original Stimmzettel erhalten. Von 2.446 Stimmberechtigte gingen 2.421 zur Abstimmung, 2.409 kreuzten den großen Kreis für "Ja" an, zwei Stimmen waren ungültig. Vom Balkon des Gasthofes Schiffer verkündete der Bürgermeister, dass der Hauptplatz für immer Adolf-Hitler-Platz heißen solle – schrieb die Pongauer Wochenschau. Nüchtern betrachtet Gerhard Moser diese Ereignisse: "Rückblickend ist es schwer, Situationen zu beurteilen. Man muss die Zeit und die Umstände kennen" – und diesen geht der Stadtarchivar bereits seit Jahrzehnten nach.
Hier geht's zum Kommentar "Kleinste Schriftstücke können wahre Schätze sein".
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