Aktivistin
Hanife Ada ist Margaretens Heldin und Schutzengel für Frauen
Hanife Ada engagiert sich in der Initiative "StoP" und wurde von der Leserschaft zur Heldin Margaretens gekürt.
WIEN/MARGARETEN. Wenn bei Hanife Ada das Telefon klingelt, dann ist meistens Not an der Frau. Tagtäglich nimmt sie Anrufe von Frauen entgegen, die sich in gewalttätigen Beziehungen befinden und in akuter Gefahr leben. Sie vermittelt an Frauenhäuser oder die Frauen-Helpline, hilft bei der Suche nach einer Notschlafstelle, verständigt im Ernstfall auch die Polizei. In erster Linie spendet sie aber Mut.
Ihren Verein "Yetis Bacim" (dt.: Hilf mir, Schwester") gründete die gebürtige Türkin im Jahr 2012, über 700 Frauen konnten auf diese Weise bereits gerettet werden. Zu ihr fassen sie Vertrauen, erzählen von den Schlägen, der physischen und psychischen Gewalt. Aufgrund sprachlicher Barrieren können sich Betroffene häufig keine Unterstützung holen oder wissen nicht, wo sie Hilfe erhalten. Hier schreitet Ada ein.
Hat selbst Gewalt überlebt
Wenn sie die Frauen am Telefon berät, dann spricht sie leider aus Erfahrung. Auch sie hat in ihrer Ehe starke Misshandlungen erlebt: "Ich bin selbst eine Überlebende von Gewalt, deswegen verstehe ich jede Frau. Jede Situation, die sie durchmachen, habe ich schon hinter mir", erklärt Ada. Ihr Verein finanziert sich durch Spenden und durch die Einnahmen der Flohmärkte, die sie im „Blauen Salon“ (Ramperstorffergasse 63) organisiert.
Im Jahr 2022 wurde Ada in der Kategorie „Humanitäres Engagement“ zur „Österreicherin des Jahres“ gewählt. Doch das ist nicht ihre einzige Auszeichnung: sie ist außerdem die Heldin aus Margareten! Diese Würdigung wurde von der BezirksZeitung und W24 ins Leben gerufen, um Frauen, die sonst im "Verborgenen" agieren, vor den Vorhang zu holen. Für jeden Bezirk konnten Bewohner ihre Vorschläge einreichen. Eine unabhängige Jury wählte daraus die jeweilige Heldin.
"Du kannst nicht weghören!"
Zusätzlich engagiert sie sich bei "StoP - Stadtteile ohne Partnergewalt“ als Aktivistin. Dies ist ein Nachbarschaftsprojekt zur Gewaltprävention, das zu mehr Zivilcourage aufruft. Seit rund vier Jahren ist sie „aktive Nachbarin“, weil Gewalt an Frauen und Kindern niemals eine Privatsache ist. Das steht auch auf dem Plakat, vor dem Ada später für die BezirksZeitung posiert. „Du sollst dich einmischen. Du musst Zivilcourage zeigen, du kannst nicht weghören!“ Sobald man Verdächtiges aus der Nebenwohnung hört, müsse man eingreifen, den Kreislauf unterbrechen und zum Beispiel um ein Stück Butter oder Käse bitten.
Ursprünglich wurde StoP von Sabine Stövesand in Hamburg entwickelt, Maria Rösslhumer leitet das Projekt in Österreich. "Bei StoP geht es um meine Geschichte, es geht um mich. Das Projekt hätte auch ich erfinden können", betont Ada.
Schuldige würden oft lügen, die sichtbaren Misshandlungen der Kinder als vermeintlichen Sturz vom Tisch tarnen. Auch Adas Mann habe ihr während der Schwangerschaft eingeredet, dass sie im Krankenhaus erzählen soll, beim Putzen des Lusters von der Leiter gefallen zu sein. „Dabei hat er in meinen Bauch getreten, weil er wusste, dass ich ein Mädchen bekomme, das er töten wollte.“
"Gewalt ist in keiner Kultur üblich"
Die Herkunft spielt ihrer Meinung nach keine Rolle, die Erziehung aber sehr wohl. „Die Söhne bekommen gewalttätiges Verhalten auch von den Vätern mit. Sie werden zum Pascha erzogen - nicht nur von der Mama, auch vom Papa. Sätze wie ‚Lass dir nichts von der Frau sagen‘ bestärken das.“ Man sollte Kindern bereits früh vorleben, dass Buben und Mädchen gleich sind. „Ich sage immer, nicht eure Mädels müsst ihr draußen beschützen, sondern passt auf, was eure Söhne treiben, welchen Mädchen sie schaden oder drohen.“
Ada berichtet davon, dass sie vor einiger Zeit von einer ehemaligen Nachbarin angesprochen wurde. Diese habe im Fernsehen einen Bericht gesehen, in dem Ada über ihre gewalttätige Ehe sprach und fand dies sehr tragisch. „Ich fragte sie, ob sie nie mitbekommen habe, wie ich oder meine Kinder geschlagen wurden? Ob sie diese nie schreien oder weinen gehört habe? Sie antwortete darauf, dass sie uns zwar gehört hat, aber dachte, dass das bei uns so üblich sei. Und das ist das Problem. Ich denke, Gewalt ist in keiner Kultur üblich und darf in keiner Religion, in keiner Gesellschaft toleriert werden.“
Wie geht man eigentlich mit der Last um, wenn man tagtäglich mit so vielen Schicksalen konfrontiert wird? „Ich komme oft zum Verarbeiten nicht dazu, weil ich so todmüde bin. Ich habe einen Garten, der mich ständig braucht, meine Kinder, eine Enkelin. Manchmal lass ich schon alles los und schreie oder weine. Aber dann denke ich, die nächste Frau braucht mich und das gibt mir Kraft."
Zur Sache
- Wiener Heldinnen: Die Sendung mit Hanife Ada und Mel Merio gibt's am Sonntag ab 19 Uhr auf W24.
- Nähere Infos zu StoP findest du hier. Über Yetis Bacim kannst du dich hier informieren.
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