Hungerstreik für Kinderrechte Tag 14
Hans Missliwetz: Dienstag 26. Mai 2015, Tag 14 (14. Tag Hungerstreik).
Es ist vorbei
Heute ist es vorbei, der Hungerstreik ist zu Ende.
Es ist der Zeitpunkt gekommen, um eine Bilanz zu ziehen.
Was hat es gebracht?
Die Antwort ist nicht auf einen einzigen Nenner herabzubrechen.
Unterschiedliche Aspekte ergaben unterschiedliche Resultate.
Wurde politisch etwas in Bezug auf Kinderrechte verändert?
Wurden Menschen der Bevölkerung, die Normalbürger, auf das Thema aufmerksam?
Zweimal Nein.
Um aufmerksam zu machen, muss man erst mal wahrgenommen werden.
Wir wurden nicht wahrgenommen.
Das mediale Echo war Null.
Die Zeitungen, denen wir unser Vorhaben mitteilten, nahmen keinerlei Notiz von uns.
Einzige Ausnahme war die Bezirkszeitung, die uns ein Forum zu Verfügung stellte, deshalb können Sie auch diese Zeilen lesen. Von unserer Internetcommunity spreche ich nicht, in ihr tummeln sich nur Insider.
Das Radio schien aufzuspringen. Ein Herr von Radio Orange vereinbarte mit mir ein Interview. Ich schrieb ihm eine Mail mit Terminvorschlägen, seitdem hörte ich nichts mehr von ihm.
Das Fernsehen?
Über so etwas berichtet das Fernsehen nicht. Sie haben wichtigere, brennendere, aktuellere Themen. Erst gestern sah ich, welche das sind. Sender habe ich vergessen (RTL?). Eine junge Kunststudentin zieht durch die USA und trägt dabei eine Matratze. Es ist die Matratze – so sagt sie – auf der sie von ihrem Freund vergewaltigt wurde. Passantinnen, Frauen, solidarisieren sich und tragen mit an ihrer Matratze. Der andere Beitrag? Ein sehr dicker Mann, nennen wir ihn fettsüchtig, tanzt auf einer Party junger Menschen. Diese filmen ihn, stellen den Clip ins Internet und verspotten ihn. Eine Solidaritätsbekundung per Computer folgt. Tausende mailen ihre Sympathie für ihn. Er ist glücklich. Schließlich jetzt gerade: Im ZDF lief „Bares für Rares“. Wir als Zuseher beobachten, wie irgendein Mensch mit einer Antiquität ins Fernsehen kommt, mit fünf Händlern um den Verkauf feilscht, schließlich verkauft oder das Stück wieder nach Hause mitnimmt.
Was haben wir falsch gemacht, wenn diese Events dem Fernsehen berichtenswert sind, unsere ernsten Anliegen aber nicht?
Ein Zeichen wurde gesetzt. Es ist dokumentiert, dass mehrere Menschen auf die Straße gingen und hungerten, zwei davon bis zum bitteren Ende. In zehn oder fünfzehn Jahre werden die Politiker sagen: Wir haben das alles nicht gewusst!!! Niemand hat uns darauf hingewiesen!!!
Man kann dann belegen: Sie haben es gewusst. Oder sie hätte es wissen können.
Die Geschichte wiederholt sich: Das alles kennen wir bereits vom berühmten Skandal um die Kinderheime, Wilhelminenberg und viele andere Orte.
Befriedigt das? Nein, nicht wirklich. Mir, uns, geht es nicht ums Recht haben. Es geht um die Kinder. Ich zöge vor, ich hätte Unrecht.
Was hat es den Teilnehmer persönlich gebracht?
Sehr viel. Wir sind gesünder und schlanker geworden. Die Kilo purzelten.
Robert hat in 8 Tagen 4 kg abgenommen, Gerhard in 14 Tagen 9 kg und ich 10,3 kg.
Robert verlor 6,5 cm Bauchumfang, Gerhard 5 cm und ich 8 cm. Wie viel das ist, kann jede Leserin ermessen, die versucht hat, mittels Diät in eine um eine Nummer kleinere Bluejeans zu schlüpfen.
Somit haben wir „23,3 kg für Kinderrechte gespendet“.
Die Abnehmergebnisse mögen sehr unterschiedlich erscheinen, sind es aber nicht. Das erkennt man, wenn man den Gewichtsverlust pro Tag kalkuliert: 500 bis 735 g.
Fasten führt auch zu vermehrter Innenschau, neuen Sichtweisen, Veränderungen im Alltag. Sicherlich in diesem Fastenerlebnis für mich. Ich werde als Gesellschafter der BIK zurück- und in die zweite Reihe treten. Vier Jahre Kampf für Kinderrechte, poltischer Aktivismus, haben mich physisch, geistig, emotional erschöpft. Nicht zu vergessen auch einiges an Geld gekostet.
Es ist auch an der Zeit, neue Zugänge zu dem Thema zu finden, neue Blickwinkel.
Ich bedauere diese Zeit nicht. Ich habe viel gelernt, über Kinder, über unser Familienrecht und Familiengerichte, über nicht durchsetzbare Menschenrechte in diesem Land, über die Jugendwohlfahrt. Ich habe einiges gesehen, was ich vorher nicht sah. Vermutlich weil ich zu sehr mit mir selbst beschäftigt war, zu wohlhabend, zu sehr auf Seiten der Etablierten, Arrivierten. Das sind keine bösen Menschen, sie kriegen nur vieles nicht mit. Hier schließt sich der Kreis. Ich kann mir nun eher vorstellen, wie ein Obdachloser sich fühlt, nachdem ich eine Woche lang auf der Straße geschlafen habe. Ich empfehle das weiter, das ist nicht zynisch gemeint. Es ist ein bereicherndes Erlebnis, nicht mit Camping und Outdoor-Aktivitäten zu vergleichen. Ich weiß jetzt auch nach vier Jahren mehr, wie die Menschen so sind, ohne das weiter zu kommentieren.
Ich danke meinen zwei treuen Gefährten im Hungerstreik, Robert und Gerhard, ich danke allen, die die BIK vier Jahre lang unterstützen, mit ihr sympathisierten. Ich wünschte, wir hätten mehr erreicht.
Bleiben werden die beiden Schwarzbücher: „Schwarzbuch Familienrecht Österreichs: Kinderrechte, Jugendwohlfahrt und Familienpolitik Österreichs“ und „Schwarzbuch Jugendwohlfahrt. Ein Dossier über Seelenmord und Menschenrechtsverletzungen an Kindern und deren Angehörigen“. Beide erhältlich online bei Amazon. Ich verdiene nichts dabei, kein einziges verkauftes Exemplar bringt mir Gewinn. Die Recherchen kosteten Zeit und Geld.
Zeitungslektüre vom Sonntag 24. Mai 2015, Kurier
„26 Jahre Kinderrechte in Österreich…Die MAG ELF als Wiener Kinder- und Jugendhilfeträger nimmt die gesellschaftliche Verpflichtung Kinder vor Unrecht und Gewalt innerhalb und außerhalb der Familie zu schützen, als eine ihrer Kernaufgaben wahr….“
Auf gleicher Seite (Seite 8):
„Kinder schützen, Familien unterstützen“.
Das wird gedruckt, weil es bezahlt wird. Im erst zitierten Schwarzbuch ist nachzulesen, welche Summen dafür an Zeitungen gehen. Natürlich werden auch Plakatefinanziet. Schauen Sie sich auf U-Bahnstationen um.
Seite 9, die Überschrift lautet „Kinderschutz hat höchste Priorität".
Auf der gleichen Seite Kontakt MAG ELF – Servicestelle. Es werden Krisenpflegeltern gesucht. Auch diese Ganzseite kommt aus dieser Ecke. Es sind insgesamt vier Seiten, in einer Extrabeilage, als „entgeltliche Einschaltung“ gekennzeichnet.
Das Geld für PR ist reichlich vorhanden. So ist unser Land eben. Nur der Schein zählt, nicht das Sein oder das Tun. Ein Medienspektakel, wie der Eurovision Songcontest. War das früher auch schon so? War es immer so? Wenn ja, warum habe ich das früher nicht gesehen? War ich dumm, gleichgültig? Oder gelingt es dieser Maschinerie aus Oberflächlichkeit und Volksverblödung jahrzehntelang uns an der Nase herumzuführen? Ich weiß es nicht. Sicher ist, dass ich keinen Verschwörungstheorien glaube. Was bleibt dann? Enttäuschung?
Eine Enttäuschung tut weh, aber wir gewinnen: Ein Leben ohne Täuschung. Das ist nicht wenig. Auch meine Zeit in der Psychoanalyse hat weh getan, mich enttäuscht.
Ich bin Österreicher. Ich liebe dieses Land, fühle mich als Patriot.
Das war`s. Ich verabschiede mich.
Univ.Professor Dr. Johann Missliwetz, Facharzt für Gerichtliche Medizin, Arzt für Psychotherapie, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, in Pension, Buchautor, Vater dreier Kinder und vieles andere mehr. Wien am Dienstag, 26. Mai 2015, um 17:07:52 Mitteleuropäischer Zeit im unbedeutenden Land Österreich auf dem unbedeutenden Planeten Erde in einem unbedeutenden Sonnensystem in einem unvorstellbaren großen Universum voller Geheimnisse. Auf Wiedersehen!
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