100 Jahre Niederösterreich
Wo die "weißen Götter" in der Bezirkshauptstadt Melk praktizierten
Das Gesundheitswesen in Melk hat eine lange Geschichte, insbesondere das Landesklinkum Melk.
MELK. Stellen Sie sich vor, sie haben starke Schmerzen und es gibt keine Anlaufstelle, wo Sie sich hinwenden könnten. Zum Glück gibt es neben den zahlreichen „Hausärzten“ und Fachärzten auch noch das Landesklinikum Melk. Am jetzigen Standort werden seit der Grundsteinlegung um das Jahr 1899 Menschen medizinisch versorgt.
Erste „Krankenhäuser“ Melks
Schon davor wurden in Melk im „Siechenhaus“ (Gebaut ca. 1412, abgebrannt um 1447) und danach im vom Stift erbaut- und betriebenen „Klosterspital“ und in weiterer Folge von der Stadt übernommenen „Bürgerspital“ an der Wiener Straße die Menschen medizinisch versorgt“. 1875 wurde eine nur eingeschränkt funktionstüchtiger Neubau an der Abt Karl Straße bezogen. 1899 wurde dann in den eigentlichen Neubau am jetzigen Standort übersiedelt, welcher noch heute, als denkmalgeschützter Osttrakt ein Teil des Krankenhauskomplexes ist, erklärt der Ärztlicher Direktor des LK Melk Rupert Strasser, der mit 1. Jänner in den verdienten Ruhestand ging. Seit dem Neubau im Jahr 1899 wurde das Landesklinikum immer wieder erweitert.
Eingeschränkt durch die humanitären und wirtschaftlichen Belastungen des ersten und zweiten Weltkrieges konnte die erste große Ausbauphase erst 1963-1966 mit dem Zubau West und 1982-1986 mit dem Zubau Nord realisiert werden. Die zweite große Ausbauphase fand in den Jahren 2006 bis 2013 mit der Sanierung des gesamten Altbestandes und einem weiteren großen Zubau nach Westen, wo sich unter anderem der jetzige Haupteingang befindet, statt.
Weiterentwicklung im fachlichem Bereich
Auch im Bereich der fachlichen Differenzierung hat sich Melk nach dem 2. Weltkrieg enorm weiterentwickelt. Wurde bis in die späten 50er Jahre die gesamte ärztliche Versorgung von der Entbindung über die Blinddarmoperation bis zur Behandlung des Herzinfarktes nur durch einen Leitenden Chirurgen mit einzelnen Assistenzärzten gewährleistet, so musste aufgrund des immens wachsenden Fachwissens und vieler neuer Behandlungsmethoden verschiedene neue Fachrichtungen eingerichtet werden. Den Startschuss dazu wurde 1966 mit der Bestellung von Primarius Prohaska zum Leiter der Abteilung für Innere Medizin und 1967 mit der Bestellung von Primarius Kapral zum neuen Leiter der Chirurgie und zum Ärztlichen Direktor gesetzt.
Es folgten dann 1980 die Errichtung der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe mit der Bestellung von Primarius Aburumieh. Die Implementierung des Institutes für Anästhesiologie und Intensivmedizin folgte 1983 unter Primarius Rosar. Mit der Bestellung von Primarius Strasser zum Leiter des Institutes für Radiologie und CT wurde 1997 der Schlusspunkt gesetzt.
Zur Abdeckung vieler weitere medizinische Fachrichtungen, wurden im Krankenhaus Melk die entsprechenden Konsiliarfachärzte bestellt.
Die weiter zunehmende Spezialisierung führte 2002 zur Errichtung eines Schlaflabors auf der Abteilung für Innere Medizin. Auf der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe wurde 2003 eine Spezialambulanz für Pränatal Diagnostik eingerichtet. 2017 wurde die Gyn-Abteilung zu einem zertifizierten Zentrum für Endometriose Behandlung und die Abteilung für Chirurgie zu einem zertifizierten Zentrum für Behandlung chronischer Wunden.
Innerbetriebliche Abläufe
Abgesehen von den „sichtbaren äußerlichen Veränderungen“ hat sich auch bei den innerbetrieblichen Strukturen einiges geändert. Einen großen Meilenstein gab es etwa mit der Digitalisierung und der technischen Weiterentwicklung im medizinischen Bereich. So war bereits 1998 das Röntgeninstitut im LK Melk eines der ersten in NÖ, welche Röntgenuntersuchungen nicht mehr auf Röntgenfilmen, sondern in Form digitaler Datensätze in einem elektronischen Bildarchiv gespeichert hatte. Dies war Grundlage für das Versenden von Bilddaten über Telefonleitungen und die Teleradiologie.
Wurden Krankengeschichten bis zur Jahrtausendwende noch in Papierform verwendet, so wurden diese danach durch die digitale Krankenakte ersetzt. Auch in der Patientenbetreuung gab es große Veränderungen. Bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts dominierte das paternalistische Beziehungsmodel, indem der Arzt beim Patienten blindes Vertrauen genoss, sein Fachwissen und die ihm verliehene Autorität gaben ihm die Legitimation, im Sinne des Patientenwohls Entscheidungen zu treffen, was den Ärzten den Nimbus „Götter in Weiß“ zu sein einbrachte. Bereits in den 80er Jahren rückte aber zunehmend die Selbstbestimmung des Patienten in das Zentrum der Arzt-Patientenbeziehung und der Arzt wurde zum gewöhnlichen Dienstleister mit ergänzender Beraterfunktion.
Die Patienten wurden mündiger und es kam zunehmend zu Klagen, wenn sich der gewünschte Behandlungserfolg nicht einstellte, erinnert sich Strasser. Früher wurde in die Beurteilung der Qualität der Medizinischen Leistung vermehrt der Ruf und das Ansehen des Arztes einbezogen, heute wird größter Wert auf das Vorhandensein qualitätsgesicherter Arbeitsprozesse und Behandlungspfade, eine umfangreiche Dokumentation und Patientenaufklärung sowie ein funktionierendes Qualitäts- und Riskmanagement gelegt.
Bezahlungssystem und Zukunftsausblick
War in den 70 er und 80er Jahren die Behandlungsdauer noch Grundlage für die Honorierung der Krankenhausbehandlung, so wurde 1997 die Krankenhausfinanzierung gänzlich auf die ausschließliche Bezahlung der erbrachten Leistung (LKF-System) umgestellt. Ein sehr einschneidendes Ereignis in der Entwicklung des LK Melk war der Übergang der Trägerschaft von der Stadt Melk zum Land NÖ mit 1.1. 2006.
„Die Zukunft wird auf jeden Fall noch sehr spannend‘. Entscheidend wird sein, wie die Entscheidungsträger auf herannahende Probleme, wie den demographischen Wandel und dessen Finanzierbarkeit vorbereitet sind. Menschen werden immer älter und benötigen mehr und öfter eine medizinische Behandlung, andererseits werden Pfleger und Ärzte durch ansteigende Pensionierungen immer weniger. „Der Finanz- und Pflegenotstand ist näher als man denkt“, warnt Strasser.
Mehr Beiträge zum Thema "100 Jahre Niederösterreich" findest Du in unserem Channel - meinbezirk.at/100-jahre-nö!
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