Wolkerdorfer Radlobby fordert mehr Geld für Radfahrer

Foto: Radlobby
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WOLKERSDORF. Welchen Stellenwert hat Radverkehr? Dieser Frage ging Michael Meschik vom Institut für Verkehrswesen an der Boku in seinem Vortrag „Die Bedeutung des Radverkehrs und einer sicheren Radinfrastrukur“ nach. 
Zahlreiche Radbegeisterte, Politiker und an dem Thema Interessierte kamen zum Vortrag ins Wolkersdorfer Pfarrzentrum.

Radverkehr fördern, wozu?

Die Antwort darauf gab er durch eine sehr anschauliche, beeindruckende Präsentation.
Ein 20-Jahre-Rückblick zeigte, dass der motorisierte Individualverkehr deutlich zugenommen, Fußwege, stark abgenommen haben. Der öffentliche Verkehr und der Radverkehr blieben relativ konstant.
Die Aufgabe des Verkehrswesens ist ja prinzipiell der Waren- und Personentransport zur Erreichung von Zielen (für Wohn-, Arbeits- bzw. Bildungszwecke, Versorgung und Freizeit) und nicht das Bewegen eines Verkehrsmittels. Autos wurden und werden jedoch immer breiter, stärker und schwerer, oft um nur eine Person von A nach B zu bringen.
Aber nicht nur Autos wurden schwerer, auch unsere Kinder, nämlich durch Bewegungsmangel. Eine Studie aus 2015 dokumentiert, dass aktive Bewegung mit dem Alter der Kinder/Jugendlichen abnimmt. Bewegen sich noch gut 30Prozent der 11-Jährigen ein Stunde pro Tag, sind es nur noch 7 Prozent der 17-Jährigen.
Eine Studie von Sportwissenschaftlern aus 2011 zeigt, dass regelmäßige Bewegung die Leistungsfähigkeit steigert und dass im Alter die Zeit, in der man Pflege benötigt, kürzer, die Lebenserwartung aber höher ist. Summa summarum lebt man mit Bewegung länger und gesünder und braucht kürzere Zeit Pflege.

Klimaschutz, aber jetzt

Nach dem Pariser Klimaschutzabkommen 2015 muss bis 2045 eine vollkommene Dekarbonisierung erfolgt sein, um die Klimakatastrophe abwenden zu können. Das heißt: Spätestens 2045 wird es keinen Verkehr mehr mit Benzin- oder Dieselantrieb geben. Daher muss lokal das Zufußgehen und der Radverkehr gefördert werden.
Laut einer deutschen Studie aus 2016 wird der Straßenverkehr (PKW) je Einwohner mit 1.773 Euro staatlich "gefördert" (Kosten für Unfälle, Klima, Luftverschmutzung, Natur- und Landschaft, Lärm, vor- und nachgelagerte Prozesse).
Motorisierter Individualverkehr braucht sowohl beim Fahren als auch beim Parken ein Vielfaches an Platz im Unterschied zu Radfahrenden oder Zufußgehenden.

Paradox: In Freiburg, Deutschland (228.000 Einwohner 12/2016) werden von der Kommune
53% für Straßen und Pkw-Verkehr
46% für öffentlichen Verkehr
und nur 1 %für Fuß- und Radverkehr
ausgegeben obwohl 40% der Wege in der Stadt zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden.

Radfahren verlängert Leben

Laut Professor Meschik verliert man zwischen 0,8 und 40 Lebenstagen durch Belastung an Luftverschmutzung und 5 bis 9 Tage an Unfallfolgen. Dem stehen zwischen 90 und 420 gewonnen Lebenstagen durch regelmäßige Bewegung entgegen.
Daher müsste man nach Ansicht von Meschik eigentlich Teile des Gesundheitsbudgets in Rad- und Fußgängerinfrastrukturprojekte umleiten. 

Und wie fördert man Radverkehr?

Wenn man für Autos und KFZ-Verkehr plant, bekommt man Autos und KFZ-Verkehr.
 Wenn man für Menschen und attraktive Orte plant, bekommt man Menschen und attraktive Orte.
 Es geht nicht darum, für verschieden Verkehrsarten zu planen, sondern lebenswerte Orte für Menschen zu schaffen.
Wesentlich für Radfahrende ist, dass sie sich sicher fühlen können. Die einfachste und kostengünstigste Möglichkeit ist, die Geschwindigkeit des motorisierten Verkehrs zu reduzieren.
 Nicht nur das Sicherheitsgefühl für die Radler.innen spricht dafür. Ein ganz starkes Argument für niedrigere Geschwindigkeiten im Ortsbereich ist die Tötungswahrscheinlichkeit bei einer Kollision zwischen Radfahrenden/Zufußgehenden und Autos. Bei Tempo 50 haben Radler.innen nur eine 30prozentige Überlebenschance, bei Tempo 30 jedoch auf 75 Prozent. 
Früher waren Orte zum Wohnen und Leben. Seit der zunehmenden Motorisierung wurden Straßen so umgestaltet, dass man schnell durchfahren kann und Parkflächen auf öffentlichen Grund angeboten werden.

Gute Infrastruktur motiviert zum Umstieg

Qualitativ gute und auch sichtbare Infrastruktur für den Radverkehr motiviert zum Radfahren.
Die meisten Durchzugsstraßen in Wolkersdorf könnte man durch eine andere Aufteilung des Straßenquerschnitts radfreundlicher gestalten. Kostengünstig wären breite Mehrzweckstreifen. Die sind für Radfahrende komfortabel und relativ sicher.
Generell gelten Fahrstreifen von bis zu drei Metern für Radfahrende als relativ sicher. Hier müssen überholende KFZ den Gegenverkehrsstreifen nutzen. Daher werden Radfahrende weniger geschnitten.
 Bei Fahrstreifen von mehr als 3,8 Metern  können KFZ Radfahrende mit genügend Sicherheitsabstand überholen.
 Die Breite dazwischen - eine Straßenbreite zwischen 6 und 7,5 Metern - ist für Radfahrende sehr problematisch.
 Leider ist bei Straßenrückbauten innerorts eine Breite von ca. 6,5 Metern sehr gängig.
Straßenquerungen können wesentlich entschärft werden, wenn man Mittelinseln errichtet. Das verlangsamt den KFZ-Verkehr und hilft Fußgängerinnen und Fußgängern und Radfahrenden gleichfalls. Eine etwas radikalere Möglichkeit wäre, den Vorrang zu ändern. Vorrang für querende Radfahrer.innen.
Laut nationalem Radverkehrsplan 2020 sollten acht bis 19 Euro je Einwohner.in pro Jahr für Radinfrastruktur ausgegeben werden.
 Wolkersdorf hatte mit Jahresbeginn inklusive Katastralgemeinden 8.398 Einwohner. Nimmt man den Richtwert von 19 Euro pro Einwohner wären das auf Wolkersdorf umgelegt knapp 160.000 Euro pro Jahr.

Was passiert in Wolkersdorf?

Die Obersdorfer Straße soll auch auf die "Problembreite" von 6,6 Metern rückgebaut werden, beiderseits Parkstreifen mit Grüninseln und Gehwegen. Radwege, Geh- und Radwege oder Mehrzweckstreifen sind nicht vorgesehen.
Von maßgeblichen politischen Entscheidungsträgern wird das so argumentiert:
Radfahrende hätten Alternativrouten entlang vom Rußbach und in der Bahnstraße.
Parkplätze werden für Anrainer und ÖBB-Kunden benötigt.
Meschik hielt dem entgegen, dass Radfahrende - ebenso wie Autofahrende - keine Umwege fahren wollen und solche daher nicht akzeptieren.
 Die Radlobby Wolkersdorf schließt sich ganz der Experten Meinung an. 
Dass man mit einem Parkstreifen vollkommen das Auslangen für Anrainer finden würde, davon kann man sich tagtäglich überzeugen. So hätte man reichlich Platz für eine radfreundliche Lösung und das ohne Mehrkosten.
Gleiches gilt für die Kaiser Josef-Straße und die Alleegasse.
Prof. Meschik zur Hauptstraße in Wolkersdorf: "Raus mit dem vielen Blech aus dem Zentrum!"
Bei der Querung der Obersdorfer Straße im Bereich der Bahnallee müssten Fußgänger.innen (Basis ist die derzeit aktuelle Planung 5/2015) einen Umweg machen.
Prof. Meschik: "Warum lässt man die Fußgänger.innen nicht den direkten Weg gehen? Das wäre überhaupt kein Problem und dazu noch sicherer.
Stadtrat Josef Siebenhandel wandte ein, dass dieser aktuelle Planungs- und Markierungsstand nicht mit der Umsetzung übereinstimmen muss. Man wird sich das nochmals ansehen.
"Ja man kann für Autos planen, dann bekommt man Autos, oder man kann für die Menschen und einen attraktiven Ort planen", ist sich Hermann Hiebner von der Wolkersdorfer Radlobby sicher.

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