„Verdächtig im Park“
Rapper T-Ser erhebt Vorwürfe gegen Wiener Polizei
Am Sonntagnachmittag kommt es in einem Park zu einer Amtshandlung der Wiener Polizei. Zwei Beamte wollen die Ausweise einer Gruppe Männer kontrollieren. Diese filmt die Amtshandlung und wirft der Polizei vor, sie aufgrund ihres Aussehens und ihrer Hautfarbe kontrolliert zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück.
WIEN. Die Szenen der Videos, die Rapper T-Ser in den sozialen Medien gezeigt hat, rufen bei vielen Menschen Empörung und Wut hervor. Alles beginnt damit, dass zwei Polizisten eine Gruppe von Männern kontrollieren, die am Sonntag, 14.10.2018, in einem Park im 7. Bezirk sitzen. Die Männer geben an, dass sie sich zum Arbeiten aufgrund des schönen Wetters nach draußen begeben haben. Es stellt sich die Frage: Wieso werden die Polizisten auf die Gruppe aufmerksam?
Fall von „Racial Profiling“?
Für den Rapper T-Ser, der die Videos veröffentlicht hat, ist es klar: Die Beamten kontrollieren sie wegen ihrer Hautfarbe und ihres Aussehens. Im Fachjargon spricht man bei einer Amtshandlung der Polizei, die auf äußerlichen Merkmalen und Stereotypen basiert, von „Racial Profiling“ oder „Ethnic Profiling". Personen werden demnach aufgrund von Kriterien wie ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft als verdächtig eingeschätzt, nicht aufgrund von konkreten Verdachtsmomenten.
Die Polizei gibt an, im Johann-Strauß-Park, der zwischen Kaiserstraße, Bernardgasse und Lerchenfelder Straße liegt, regelmäßig Schwerpunktaktionen durchzuführen und alle Personen zu kontrollieren. Den Vorwurf, die Gruppe aufgrund ihres Aussehens kontrolliert zu haben, weist Pressesprecherin Irina Steirer zurück: „Menschen mit anderer Hautfarbe werden dort nicht stärker kontrolliert als andere. Das kann man so nicht stehen lassen. Wenn wir in den Park hingehen und da sind 20 Leute dort, dann werden diese 20 Leute kontrolliert – egal, ob die weiß- oder dunkelhäutig sind.“ Mütter mit Kindern oder ältere Ehepaare seien davon jedoch ausgenommen, so Steirer.
Beschimpfungen und Vorwürfe
In dem Video werden die Ausweise der Männer angefordert, es ist ihnen jedoch nicht klar, warum sie kontrolliert werden. Auch nach der Amtshandlung bleiben die Beamten bei der Gruppe stehen. "Können wir bitte unsere Ruhe haben?", hört man einen der Männer sagen.
Laut Polizei hat die Gruppe die Beamten beschimpft und einer der Männer sei „mit fuchtelnden Händen auf die Beamten losgegangen“, die ihn daraufhin aufforderten, sein Verhalten einzustellen. Der Mann wurde von der Polizei angezeigt. Zudem sollen Sprüche gefallen sein wie „Schleicht’s euch!", „Ihr seid’s Nazis!“ und „Ihr kontrolliert's uns nur, weil wir schwarz sind.“ All diese Dinge sind in dem veröffentlichten Video nicht zu sehen.
Als die Beamten die Parkanlage verlassen wollten, soll einer der Männer ihnen nachgerufen haben:„Fi**ts euch!“ – auch das ist auf dem Video nicht zu hören.
„Die Beschimpfungen waren der Auslöser dafür, Unterstützung anzufordern. Ich glaube, man kann keinen Polizisten dafür verurteilen, wenn er aus Sicherheitsgründen dafür ansucht“, so Steirer auf Nachfrage der bz.
Gruppe wird aus dem Park geleitet
Bald darauf werden die Männer unter der Aufsicht mehrerer Polizisten aus dem Park geleitet. Die Gruppe sei der vorhergehenden Aufforderung, den Park zu verlassen, nicht nachgekommen. Im Video hört man den Rapper T-Ser rufen: „Bin ich jetzt verhaftet?“. Seine Stimme ist erhoben, er selbst verhält sich allerdings ruhig und unauffällig. „Wenn‘st das nächste Mal aggressiv bist…“ sagt der Beamte, während er den den jungen Mann am Arm festhält.
T-Ser bittet den Beamten darum, ihn loszulassen: „Können Sie mich bitte loslassen? Ich bin völlig ruhig, wir müssen hier keinen Stress haben.“ Der Polizist lässt ihn los und weist darauf hin: „Ich glaube nicht, dass die Kollegen an einem Sonntag euch unbegründet aus dem Park holen.“
Insgesamt wurde gegen drei Männer der Gruppe Anzeige erstattet. Einmal wegen Lärmerregung, einmal wegen aggressiven Verhaltens und einmal wegen Anstandsverletzung. Laut Steirer wird intern geprüft, ob das Verhalten der Beamten gerechtfertigt war.
Videos veröffentlicht
Sonntagabend werden die Videos von T-Ser auf Instagram und Facebook veröffentlicht. Immer wieder stellt der Beamte in dem Video klar: „Wenn Sie diese Aufnahmen veröffentlichen, machen Sie sich strafbar.“ T-Ser hat die Videos trotzdem online gestellt und fordert über Instagram und Facebook auf, seine Videos zu teilen. Außerdem möchte er mit dem Hashtag #nichtmituns dazu auffordern, ihm Erfahrungen mit Polizeiwillkür und Racial Profiling zukommen zu lassen.
Tatsächlich ist das Filmen einer Amtshandlung nicht strafbar, es darf dazu genutzt werden, um eine Straftat anzuzeigen und kann vor Gericht auch als Beweismittel genutzt werden. Veröffentlichen darf man das Filmmaterial jedoch nicht.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Wiener Rapper von der Polizei diskriminiert fühlt. Bereits im Jahr 2017 berichtete er gegenüber Noisey, wie er bei einem Musikvideodreh von einer Gruppe von Polizisten angehalten und aufgefordert wird, sich auszuweisen.
Umfrage: "Lebenssituation von 'Schwarzen'"
Die Studie „Lebenssituation von „Schwarzen“ in urbanen Zentren Österreichs“, die 2013 vom Europäischen Trainings- und Forschungszentrum für Menschenrechte und Demokratie (ETC) durchgeführt wurde, zeigt auf, dass viele Menschen mit schwarzer Hautfarbe von der Polizei kontrolliert werden. Rund 53 Prozent der 717 Befragten gaben an, in den letzten 12 Monaten mindestens ein Mal von der Polizei aufgefordert worden zu sein, sich auszuweisen. Davon waren 51 Prozent der Ansicht, dass die Amtshandlung nicht korrekt verlaufen sei.
Auch im Rassismusreport 2017 des Vereins ZARA für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit werden Fälle dokumentiert, bei denen die Personen annehmen, sie seien allein aufgrund Ihrer Hautfarbe von der Polizei in Österreich kontrolliert worden.
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