In Nickelsdorf aus Kastenwagen befreit
Schnelles Geld mit reingepferchten 21 Emigranten
Fataler Spagat zwischen privater Schulden und der Versorgung eines minderjährigen Sohnes. Groß die Bereitschaft, an „leicht verdientes und schnelles Geld“ zu kommen. Am besten ohne viel Nachzudenken. Als Schlepper-Fahrer. Ausgangsbasis einer qualvollen Schmuggel-Tour für 21 Emigranten. Skrupellos zusammengepfercht wie Tiere. Befreit und gerettet kurz nach der burgenländischen Grenze. Der verhaftete Lenker wurde heute in Handschellen im LG Eisenstadt vorgeführt. Stand, beaufsichtigt von einem Justizwachebeamten, im Saal 7 vor der Richterin. Prozess mit Schuldspruch. Haftstrafe, nicht rechtskräftig. Und wieder zurück ins Gefängnis.
NICKELSDORF. Ins Radar der Fahnder gelangte im Juni dieses Jahres an der Nickelsdorfer Grenze ein Peugeot Boxer Kastenwagen. Die Polizisten stoppten den Wagen. Bingo. Beim Öffnen der hinteren Türe kullerten und kraxelten insgesamt 21 Emigranten aus dem engen Gefängnis. Sie berichteten über 6 Stunden qualvolle Fahrt ohne Pause, ohne Versorgung, ohne Frischluft. Leicht vorstellbar das Drama im Fahrzeug-Laderaum. Schon fast ein Wunder, dass, ob der Tortur, kein Todesopfer zu beklagen war.
"250 Euro pro Person als Lohn"
Der geschiedene Türke, Vater eines 15-jährigen Sohnes, schilderte der Richterin das Prozedere, wie es zu dieser Schlepper-Tour gekommen ist. „In der Firma, wo ich als Lkw-Chauffeur immer meine Arbeits-Aufträge erhalte, hat mich ein Mann angesprochen. Und mir gesagt, dass ich ganz einfach Geld verdienen kann. Indem ich Menschen aus Rumänien über Ungarn nach Österreich bringe. Das wäre ganz leicht. Gar kein Problem. Sobald ich die Tour erfolgreich beendet hätte und zurück in der Türkei bin, sollten mir pro Person 250 Euro ausbezahlt werden“. Nachdenklich weiter: „Ich hatte private Schulden. Ich stand unter Druck. Klar habe ich den lukrativen Job angenommen!“
21 Personen auf engstem Raum eingesperrt
„Nachdem ich von meinem Auftraggeber eine Adresse erhalten habe, bin ich über Istanbul nach Rumänien gefahren. Dort sind dann die 21 Leute eingestiegen. Ich habe die Ladefläche geschlossen und es ging los in Richtung Österreich“, erzählte der Angeklagte. Die Richterin fuhr zwischen diese „liebliche Erzählerei“, die sich wie eine Sightseeing-Tour anhörte: „Sie wissen aber schon, dass die Leute keinen Platz hatten. Es extrem eng war. Eingesperrt bei stickiger Luft. Ohne Pause. Ohne Wasser. Das ist verdammt schlimm, was sie da gemacht haben...“.
Zeugen widersprechen "guten Samariter"
Anlass für eine "Märchenstunde" des Beschuldigten, der ungeniert verkündete: „Frau Rat. Ich bin nach drei Stunden stehen geblieben. Habe alle Insassen aussteigen lassen, damit sie frische Luft bekommen. Auch habe ich ihnen 9 Liter Wasser gekauft. Von meinem Geld. Erst dann sind wir weitergefahren!“ Ja, genau. Unisono erklärten die betroffenen Emigranten aus dem Laderaum, dass es Nichts von dem gab, was der Fahrer hier erzählt hat. Das Märchen vom „guten Samariter“ bleibt also ein Märchen. Auch für den profunden Staatsanwalt, der aufgrund des Quälens der 21 Insassen eine Bestrafung forderte.
Geständig und Hintermänner enttarnt
Der Angeklagte bekannte sich im Rahmen des Prozesses schuldig, sagte: „Ich bereue es sehr und werde das nie wieder machen!“ - und bat, wie auch sein Verteidiger, um ein mildes Urteil. Begründet damit, dass er bis dato unbescholten ist, von Beginn an geständig war und vor allem, weil er bei der Aufklärung aktiv mitgewirkt hat. Wie etwa beim Enttarnen von Hintermännern bzw. der Bekanntgabe von Rufnummer. Weitere Ermittlungen in dieser Causa laufen auf internationaler Ebene noch.
15 Monate Haft - und zurück ins Gefängnis
Nach Abwägung aller Für und Wider sprach die Richterin das Urteil: 15 Monate unbedingte Haft. Während der Türke die Strafe akzeptierte, gab der Staatsanwalt noch keine Stellungnahme ab. Daher ist der Schuldspruch nicht rechtskräftig. Sofort nach der Verkündung wurde der Täter, wieder in Handschellen, in seine Zelle zurückgeführt. Zuvor ersuchte er noch um Überstellung in die Türkei, um dort seine Gefängnisstrafe absitzen zu können.
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