Bezirk Neusiedl
Staatsanwältin akzeptierte mildes Urteil gegen Drogen-Dealer nicht
Staatsanwältin kontra Richterin in einem Prozess um 7 Kilo Drogen. Denn trotz Suchtgift-Handels eines Burgenländers mit mehreren Vorstrafen verhängte der Schöffensenat im Landesgericht Eisenstadt nur 1 Jahr Haft. Viel zu gering für die Anklägerin, die Berufung anmeldete.
NEUSIEDL/SEE. Der Beschuldigte ist 33, Vater eines Kleinkindes, Facharbeiter, ledig, aus dem Bezirk Neusiedl am See, hat 15.000 Euro Schulden und eine justizbekannte Vergangenheit. Laut Richterin Mag. Karin Knöchl ist er 6-fach vorbestraft, unter anderem, weil er mit einer Spitzhacke einen Zigarettenautomaten aufbrechen wollte. Seit seiner jüngsten Verhaftung wegen Drogenhandels sind bereits 5 Monate U-Haft per Fußfessel vergangen. Rückfällig in sein kriminelles Handeln sei er während einer laufenden Probezeit zu einer bedingten Haftstrafe von 9 Monaten geworden, die er am 14.12.22 ausgefasst hatte.
Mehrere Vorstrafen
Zur Anklage seitens der Staatsanwältin, die Suchtgift-Handel mit knapp 7 Kilo Cannabis beinhaltete, bekannte sich der Burgenländer schuldig. Auch bestätigte er den Eigenkonsum von Heroin, Kokain, LSD, Speed und weiteren Substanzen, allerdings im „jugendlichen Alter, weil ich die Wirkung testen wollte!“ Kein Hehl machte er aus seiner langjährigen Drogenvergangenheit, auch bei diversen Festivals in Amsterdam. Wenngleich er im Saal 7 nun verkündete: „Ich bin weg von dem Zeug. Leide nicht unter Entzugserscheinungen. Somit und definitiv keine Suchtgifte mehr. Ich will deshalb nicht wieder ins Gefängnis, sondern für mein Kind da sein!“
Zugab der Mann weiters, dass er in Niederösterreich für das Gramm Cannabis 8 Euro, im Burgenland pro Gramm 9 Euro verlangt hatte. „Beim Verkauf habe ich zirka 1 Euro pro Gramm verdient!“ Auf die Frage nach seinen Abnehmern sagte er: „Es waren viele verschiedene Leute, aber nur Erwachsene. Bis auf einen Vorfall, da habe ich keinen Ausweis verlangt!“ Dann sorgte der Angeklagte für eine Überraschung, denn er korrigierte seine bisherige Aussage vor der Polizei.
Angeklagter verriet weiteren Dealer
Es sei nicht ein "Lieferant" gewesen, von dem er in großen Mengen Drogen bezogen hat, sondern „es waren zwei. Einer davon wohnt ....!“ Im Zuge dieses Geständnisses packte der Angeklagte vollständig aus und gab der Staatsanwältin den Namen seines bisher geheimgehaltenen Dealers preis und beschrieb ihr den Wohnort. Die Anklägerin informierte daraufhin sofort einen in diesem Verfahren als Zeugen geladenen Kriminalisten, um die Ausforschung des Täters in Angriff nehmen zu können.
Der 33-Jährige führte dann aus, dass er wöchentlich Cannabis bezogen hat, mal von dem einen, mal von dem anderen Lieferanten. Auf die Frage von Mag. Karin Knöchl: „Warum haben sie die Drogen verkauft?“, kam reumütig: „Ich wollte meine Schulden zurückbezahlen. Meinen Lebensstandard erhalten und nicht mehr auf der Straße landen. Immerhin war ich schon mal obdachlos. Außerdem musste ich meinen Eigenkonsum finanzieren!“
Strafe für Staatsanwältin zu gering
Aufgrund seiner Aussagen und seines Geständnisses erbat Verteidigerin Mag. Marlene Spenger ein mildes Urteil für ihren Mandanten. Diesem Wunsch folgte der Schöffensenat, weil der angeklagte Drogen-Dealer „reumütig geständig war, einen guten Eindruck im Gerichtssaal gemacht sowie die Namen von Abnehmern und Dealern bekannt gegeben hat!“, so die Vorsitzende. Urteil: Beim Burgenländer beschlagnahmte 970 Euro Bargeld wurden für verfallen erklärt. Zudem verhängte das Gericht 12 Monate Gefängnis, wobei die Vorhaft von fünf Monaten abgezogen wird. Der Strafrahmen für diese Delikte betrug maximal 7,5 Jahre Haft. Während der Angeklagte den Spruch annahm, sagte die Staatsanwältin: „Berufung wegen Strafe!“
Somit muss sich das Oberlandesgericht Wien mit dem Fall beschäftigen und klären, ob die Höhe der Gefängnisstrafe zu gering ausgefallen ist. Urteil nicht rechtskräftig. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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