Staatsanwaltschaft ermittelt
NEUSIEDL AM SEE. Für neuerliche Diskussionen sorgt die Finanzkrise in Neusiedl am See. Aus Protest gegen die Intransparenz im Konsolidierungsverfahren zu den Finanzen der Stadtgemeinde Neusiedl am See haben die Grünen gemeinsam mit den Abgeordneten der SPÖ die vergangene Gemeinderatssitzung frühzeitig verlassen.
Grund dafür: Ein zweiteiliger Prüfbericht der Gemeindeaufsicht des Landes zur gebarung der Gemeinde und der Freizeitbetriebe GmbH. Das Verlassen der Gemeinderatssitzung war ein Protest von SPÖ und Grünen, weil ihnen die Prüfberichte der Gemeindeaufsicht nicht schon im Vorfeld der Sitzung zur Kenntnis gebracht wurden.
Bgm. Kurt Lentsch findet das bedauerlich. "Damit haben sie mein Informationsangebot ausgeschlagen", meint Lentsch.
"Der Prüfbericht ist beim ersten Ansehen so negativ, dass man sich eingehend damit befassen muss", meinte Vize-Bürgermeisterin Elisabeth Böhm.
„Es erweckt den Eindruck, dass wir Grünen die Einzigen sind, die die Sanierung der Finanzen der Stadtgemeinde ernst nehmen“, ärgert sich die Grüne Gemeinderätin und Obfrau des Konsolidierungsausschusses, Alexandra Fischbach. Vor allem Bürgermeister Kurt Lentsch scheint den Ernst der Lage zu verkennen. „Auf diese Art und Weise können wir die Konsolidierung nicht mittragen.“
Staatsanwaltschaft eingeschaltet
So sollen Überweisungen der Gemeinde an die Freizeitbetriebe ohne Unterschrift des dazu Befugten erfolgt sein. Auch die Staatsanwaltschaft Eisenstadt wurde eingeschaltet. Zentrale Kritikpunkte in dem noch geheim gehaltenen Bericht sind offenbar Unvereinbarkeiten bei der bisherigen Geschäftsführung der Freizeitbetriebe und auch bei der Rolle des Bürgermeisters als Steuerberater der Freizeitbetriebe.
Akteneinsicht verhindert
"Grund für den Auszug der Grünen aus der Gemeinderatssitzung liegt im intransparenten Verhalten des Bürgermeisters, was die Maßnahmen zur Konsolidierung der Stadtfinanzen betrifft. Konkret geht es um die Einsicht in einen Prüfbericht der Gemeindeaufsicht über die Freizeitbetriebe, die den Gemeinderäten erst einen Tag vor der Sitzung und nach vehementer Intervention von Grünen und SPÖ gewährt wurde. Dieser Prüfbericht hat insofern besondere Bedeutung für die Konsolidierung der Stadtfinanzen, als er die Grundlage für die Gewährung des Konsolidierungskredites des Landes in der Höhe von 4,2 Millionen Euro ist", erklärt Fischbach.
Neusiedl muss bis 2016 rund 3,4 Millionen Euro sparen, dazu kommt ein Finanzierungsbedarf von 4,3 Millionen Euro, wofür es Überbrückungskredite braucht. Für diese fehlt aber noch immer das Okay der Gemeindeaufsicht des Landes.
Weitere Vorgehensweise
Am 2. Dezember findet die nächste Gemeinderatssitzung statt, anwesend werden auch Vertreter der Gemeindeaufsicht des Landes sein.
Die Prüfer verlangen 14 Maßnahmen, deren Umsetzung auch die Voraussetzung zur Freigabe des ersten Überbrückungskredits über 950.000 Euro durch die Gemeindeaufsicht ist. Lentsch ist zuversichtlich, die Auflagen in den kommenden 14 Tagen zu erfüllen.
Besonders bei den Freizeitbetrieben (Hallenbad etc.) muss sich vieles ändern, bis hin zu einem neuen Gesellschaftsvertrag. Einer Forderung der Prüfer wurde schon entsprochen: Hermann Keglovits musste als Geschäftsführer der Freizeitbetriebe gehen. Die Gemeindeaufsicht will dort niemanden, der auch Mitarbeiter der Gemeinde ist – Keglovits ist zugleich Leiter der Buchhaltung im Rathaus. Die Leitung der Freizeitbetriebe wird ausgeschrieben, derzeit gibt es einen interimistischen Chef.
Verlangt wird auch ein externer Wirtschaftsprüfer für die Freizeitbetriebe und ein neuer Steuerberater – letzterer war bisher die Kanzlei von Bürgermeister Lentsch. Der Vertrag mit seiner Steuerberatungskanzlei sei schon gekündigt, sagt Lentsch, der sich auch gegen den Vorwurf einer schiefen Optik wehrt.
Fischbach:
„Wie sollen wir die Konsolidierung mittragen, wenn nicht alle Informationen am Tisch sind?“ Es müsse gewährleistet sein, dass der Gemeinderat ausreichend Zeit hat, um sich ordentlich, ernsthaft und seriös mit dem Thema und den vorliegenden Fakten auseinander zu setzen. Ansonsten entstehe für sie der klare Eindruck, dass der Bürgermeister in der Sache etwas vertuschen will.
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