NÖ-Metallindustrie warnt
Ohne rasche Hilfe droht die Abwanderung

- Veit Schmid-Schmidsfelden fordert rasches Handeln von der Politik, um die Industrie im Land zu halten.
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Die Metalltechnische Industrie in Niederösterreich schlägt Alarm. Immer mehr Betriebe denken laut über eine Standortverlagerung nach – die Lage sei kritisch. Warum es jetzt politische Entscheidungen braucht und welche Maßnahmen aus Sicht der Branche rasch umgesetzt werden müssen.
NÖ. Produktionsrückgänge, hohe Energiekosten und ein international vergleichsweise teures Lohnniveau setzen die metalltechnischen Betriebe in Niederösterreich zunehmend unter Druck. Laut einer aktuellen Umfrage denken 46 Prozent der Unternehmen bereits über eine Verlagerung ihres Standorts nach. Die Fachgruppe Metalltechnische Industrie in der Wirtschaftskammer Niederösterreich warnt vor einer schleichenden Deindustrialisierung.
„Wir müssen in Österreich aufpassen. Wir haben das Wort Deindustrialisierung vor Augen – und ohne Industrie käme es zu einem verheerenden Stillstand im Land“, sagt Fachgruppenobmann Veit Schmid-Schmidsfelden. Besonders schwer wiegt für ihn, dass viele Betriebe trotz früherer Krisen am Standort festgehalten haben – doch das Vertrauen bröckelt. "Nun ist es aber an der Zeit, notwendige industrietaugliche Rahmenbedingungen tatsächlich umzusetzen", so Schmid-Schmidsfelden.
Vier Maßnahmen gegen den Stillstand
Um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, legt die Fachgruppe vier konkrete Sofortmaßnahmen auf den Tisch. Erstens sollen Ausrüstungsinvestitionen im ersten Jahr vollständig abgeschrieben werden können. Das soll Unternehmen einen schnellen Liquiditätsvorteil verschaffen.

- Veit Schmid-Schmidsfelden, Fachgruppenobmann der Metalltechnische Industrie NÖ
- Foto: Josef Bollwein
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Zweitens fordert die Branche, dass die Begrenzung bei der Verlustverrechnung für Körperschaften aufgehoben wird – aktuell dürfen nur 75 Prozent steuerlich angerechnet werden. Drittens sollen Überstunden, die über die reguläre Vollzeit hinausgehen, steuerfrei gestellt werden. Und viertens braucht es aus Sicht der Metalltechnischen Industrie eigenkapitalähnliche Finanzierungsinstrumente, etwa in Form nachrangiger Darlehen.
Wirtschaftskraft in Gefahr
Der Druck auf die Industrie kommt nicht nur von außen. Auch strukturelle Faktoren wie hohe Lohnabschlüsse machen vielen Betrieben zu schaffen. Der Spielraum für Investitionen schrumpft, während gleichzeitig Arbeitsplätze und Marktanteile verloren gehen. „Die Metalltechnische Industrie befindet sich in einer bedenklichen Situation, vor der wir seit Jahren warnen," betont Schmid-Schmidsfelden. Die geforderten Maßnahmen seien dabei nur ein Anfang. "Gleichzeitig bedarf es weiterhin eines grundlegenden wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Kurswechsels. In zentralen Bereichen sind grundlegende Änderungen unumgänglich. Reformen innerhalb des bestehenden Systems würden dabei in vielen Fällen zu kurz greifen", stellt er klar. Nur durch tiefgreifende Veränderungen lasse sich der Industriestandort langfristig sichern.
Was ein Abzug kosten würde
Wie ernst die Lage ist, zeigt eine Studie im Auftrag der Metalltechnischen Industrie und der Sparte Industrie der WKNÖ. Sie rechnet vor, welche Auswirkungen es hätte, wenn 19 zentrale Betriebe in den nächsten Jahren abwandern würden. Rund 57.700 Arbeitsplätze wären betroffen – das entspricht der Bevölkerung von St. Pölten. Der jährliche Produktionswert würde um 16,36 Milliarden Euro sinken. Noch gravierender wäre der Rückgang bei Steuern und Sozialabgaben: Rund 1,93 Milliarden Euro pro Jahr würden laut Studie fehlen – eine Summe, die dem gesamten Bildungs- und Wissenschaftsbudget des Landes Niederösterreich entspricht.
Industrie als Rückgrat der Regionen
Für Schmid-Schmidsfelden ist klar: Die Industrie ist weit mehr als ein Wirtschaftszweig. „Die Industrie ist nicht nur Impulsgeberin und Multiplikatorin in der österreichischen Volkswirtschaft, sie hat auch grundlegende Bedeutung für die jeweilige Region", sagt er. Die Vernetzung mit Zulieferbetrieben, Dienstleistungsunternehmen und Konsumentinnen und Konsumenten mache die metalltechnische Industrie zu einem zentralen Motor der regionalen Entwicklung. Damit dieser Motor nicht ins Stottern gerät, brauche es jetzt entschlossenes Handeln. "Für eine starke und die Industrie unterstützende Standortpolitik sind jetzt Entscheidungen zu treffen", appelliert Schmid-Schmidsfelden. "Nur so können wir auch übermorgen noch Wohlstand haben."
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