SPÖ-Chefin Gerstorfer im Interview
"Ich erkenne keine Frauenpolitik in Oberösterreich"

Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) im BezirksRundschau-Sommerinterview mit Thomas Kramesberger (BezirksRundschau).  | Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr
4Bilder
  • Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) im BezirksRundschau-Sommerinterview mit Thomas Kramesberger (BezirksRundschau).
  • Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr
  • hochgeladen von Thomas Kramesberger

Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer spricht im BezirksRundschau-Sommerinterview über den Pflegemangel, Frauenpolitik in OÖ, das Ibiza-Video von HC Strache und den Abgang von Landesrat Elmar Podgorschek (FPÖ).

BezirksRundschau: Gibt es für Sie einen Hauptgrund für den derzeitigen Mangel an Pflegepersonal?
Gerstorfer: Es gibt selbstverständlich einen Grund, und das ist die Demografie. Einerseits wächst die Anzahl an Pflegebedürftigen und andererseits gibt es Veränderungen im Erwerbspotenzial. Soll heißen: Es steigen demnächst viele aus dem Arbeitsleben aus und es kommen weniger starke Geburtsjahrgänge nach. Das zusammen produziert einen Arbeitskräftemangel, wie in vielen anderen Branchen auch.

Wenn man sich jetzt die Pflegeberufe ansieht: Die Bezahlung ist eher durchschnittlich, die Belastung hoch und die Arbeitsbedingungen nicht immer optimal.
Ja, das ist völlig klar. Wenn man verschiedene Branchen am Arbeitsmarkt vergleicht, sind die Pflegejobs jetzt nicht die bestbezahltesten.

Müsste man dann an der Gehaltsschraube drehen?
Aus meiner Sicht muss man ganz sicher an der Gehaltsschraube drehen, weil man diesen Beruf einfach wettbewerbsfähiger machen muss. Das kann man über Geld machen, aber auch über die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. Das sind oft Kleinigkeiten, die ganz unterschiedlich gehandhabt werden in den Pflegeheimen.

Wie viel bei den Gehältern kann das Land steuern?
Es ist eine Frage von Kollektivverträgen und Entlohnungsschemata. Es werden alleine in OÖ in den Pflegeheimen fünf verschiedene Kollektivverträge angewendet, deshalb ist eine Anpassung ein schwieriger Prozess. Man muss einen Konsens herstellen zwischen fünf Arbeitgeber- und fünf Arbeitnehmervertretern. Und dann stellt sich die Frage: Wer zahlt die Erhöhung der Gehälter? Das sind in Wahrheit die Sozialhilfeverbände und in letzter Konsequenz die Gemeinden, die hinter den Sozialhilfeverbänden stehen. Und wenn ich mir die Komplexität dieser Rahmenbedingungen ansehe, ist es schon ein Kraftakt tatsächlich zu einer Verbesserung der Gehälter zu kommen.

Ist es nicht schwer leistbar für die Gemeinden, als Träger der Sozialhilfeverbände, eine Gehaltserhöhung in der Pflege zu stemmen? Viele Gemeinden sind ja ohnehin schon klamm.
Das ist eine Grundsatzfrage. Bis 2040 wird sich die Anzahl der Pflegebedürftigen von 80.000 auf 126.000 erhöhen – und dann weiß man, dass die SHV-Abgabe der Gemeinden massiv wachsen wird müssen, damit man das finanzieren kann. Wenn wir über Pflegefinanzierung reden und das nach wie vor bei den Gemeinden denken, heißt das zwangsläufig, dass die Gemeinden für andere Bereiche weniger Geld haben werden – für Schulen, für Kindergärten, Straßenbau und Feuerwehren. Das sind alles wichtige Aufgaben der Gemeinden, deshalb braucht es eine heftige Diskussion, wie die Finanzierung der Pflege in Zukunft aufgestellt werden wird.

Ist das eine Gemeindefusion durch die Hintertüre? Wenn sich kleine Gemeinden die SHV-Beiträge nicht mehr leisten können, dann sollen sie mit anderen fusionieren?

Nein, das spielt für mich da keine Rolle. Für mich ist klar, dass wir die Pflege langfristig den Gemeinden nicht weiter umhängen können werden …

… also ein Versicherungsmodell?
Nein. Wir müssen das System generell neu aufstellen und die Verantwortung aus den Sozialhilfeverbänden herauslösen. Wie etwa die gespag in OÖ oder eine Pensionsanstalt – da muss man einfach ein System aufbauen, das Anlaufstellen für Menschen rund um die Pflege bietet.

Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr

Keine Versicherungslösung, sondern über das Budget finanziert?
Jetzt gibt es für ein Sozialversicherungssystem zwei Möglichkeiten: Arbeitgeberbeiträge, Arbeitnehmerbeiträge oder eine Mischform. Jedenfalls geht es zulasten der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber – der Arbeitgeber verliert an Wettbewerbsfähigkeit und der Arbeitnehmer verliert Einkommen. Aus meiner Sicht ist das nicht der richtige Weg.

Also ein budgetfinanziertes System?
Aus meiner Sicht kann es keine Versicherungslösung sein. Warum? Österreich ist ein Land mit sehr hohen Lohnnebenkosten. Mein Vorschlag wäre ein steuerfinanziertes System – man „erfindet“ eine neue Steuer und zweckbindet diese für die Pflege. Wir machen mittlerweile in diesem Land soviel Profit und Gewinne durch Aktivitäten, die nicht mit Arbeitskraft hinterlegt sind. Das banalste Beispiel wäre eine Erbschaftssteuer auf hohe Erbschaften, oder man kann das Digitalisierungssteuer nennen, oder Wertschöpfungsabgabe, oder Maschinensteuer – es gäbe mehrere Möglichkeiten der Besteuerung. Überall dort, wo wenig Arbeitskraft verwendet wird und viel Profit gemacht wird, muss man hinschauen.

Thematischer Schwenk: Christine Haberlander (ÖVP) ist seit etwa zwei Jahren Frauenlandesrätin in OÖ. Was hat sich denn seither für die Frauen im Bundesland getan?
Meiner Ansicht nach viel zu wenig. Eines kann ich ihr nicht ersparen: Eine Frauenlandesrätin darf nicht zulassen, dass Nachmittagskindergartengebühren eingeführt werden. Das geht nicht. Da bin ich nicht diskussionsbereit. Punkt! Damit ist der Titel "Frauenlandesrätin" wirklich nur ein Titel, aber ohne Inhalt. Darüber hinaus gibt es eine Frauenstrategie, die ich initiiert habe und die Christine Haberlander nur fortgesetzt hat. Ich erkenne keine Frauenpolitik in Oberösterreich. Es gibt viele Papiere und Willenserklärungen, aber es tut sich nichts.

Warum macht sie aus Ihrer Sicht nichts?
Das weiß ich nicht. Vielleicht ist es ihr nicht so ein großes Anliegen. Ich weiß, dass Frauenpolitik das Bohren harter Bretter ist und dass man meistens ganz kleine Schritte macht – und das nur, wenn man dran bleibt. Aber es gibt wesentliche Aspekte der Frauenpolitik, die man nie aufhören darf zu forcieren: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und das Schließen der Einkommensschere. Es ist einfach notwendig darauf hinzuweisen, dass man für die gleiche Arbeit das gleiche Geld bekommen muss. Wir müssen jeden Tag einen Schritt machen, um das zu verändern – aber da passiert derzeit einfach wenig.

Vor ein paar Wochen habe ich LH-Stv. Christine Haberlander interviewt, die sinngemäß gesagt hat: „Es ist eh alles in Ordnung mit der Kinderbetreuung in OÖ“. Warum hat Sie unrecht?
Die große Sonntagsrede, dass jeder einen Betreuungsplatz bekommen würde, der diesen braucht – das stimmt einfach nicht. Das kann man in vielen Fällen belegen. Wenn man weiß, dass durch die Nachmittagsgebühren die Anzahl der Öffnungsstunden reduziert wurde und die Anzahl der Kindergärten, in denen Nachmittagsbetreuung angeboten wird, reduziert wird – dann funktioniert es nicht. Die Behauptung, dass es funktioniert ist einfach falsch! Es gibt nur eine Lösung und die heißt Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung.

Das Argument der ÖVP ist ja: Die 21 Euro Kindergartenbeitrag kann sich jeder leisten.
Es wird Menschen geben, die wirklich Schwierigkeiten damit haben. Ob man sich das jetzt leisten kann oder nicht, ist auch nur eine Frage – die andere Frage ist, ob man sich das leisten will. Das wollen sich viele nicht leisten, deswegen gehen viele Kinder am Nachmittag nicht mehr in den Kindergarten. Deshalb schließt der Kindergarten eine Gruppe, deshalb hat eine Kindergartenpädagogin weniger Stunden – und deshalb haben dann neun andere Kinder auch keinen Kindergartenplatz am Nachmittag. Das sind die Folgeerscheinungen, die damit verbunden sind.

Zur Mindestsicherung: Es hat ja eine Erhebung gegeben, dass die Sparmaßnahmen bei den Zuwanderern bei der Mindestsicherung in OÖ „nur“ 2,7 Millionen Euro anstatt der prognostizierten 72 Millionen gebracht haben. Die Grünen haben das Thema massiv kommuniziert und ÖVP und FPÖ kritisiert. Von Seiten der SPÖ war es da relativ ruhig, warum? Das ist ja eigentlich ein zentrales Thema der Sozialdemokratie.

Defacto haben sich ÖVP und FPÖ maßgeblich verrechnet. Die ursprünglich geplanten Einsparungen sind nicht eingetreten. Wir haben permanent gesagt, dass mehr Mittel in Integration investiert werden müssen, damit die Phase der Arbeitssuche kurz ist. Es hat ja kürzlich AMS-Chef Johannes Kopf gesagt, dass 40 Prozent der ehemaligen Asylwerber eine Beschäftigung gefunden haben und sie nehmen keinen Österreicher einen Job weg, da sie ohnehin in niederschwelligen Beschäftigungsfeldern einsteigen.

All das, was da gesprochen wurde, war Panikmache und ein Politikum. Aber ehrlich gesagt: Ich habe es satt, über dieses Thema zu reden. Ich rede viel lieber über Pflege, Wohnen, Kinderbetreuung und Mobilität. Die wenigen Menschen, die sich immer noch fürchten, dass Ausländer ihren Job wegnehmen, die werden wir eh nicht mehr bekehren.
Gott sei Dank hat das Thema der Flüchtlingsbewegung etwas an Fahrt verloren und man kann damit nicht mehr populistische Politik machen.

Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr


Hat man gesellschaftlich hyperventiliert?

Die Gesellschaft hat so reagiert, so wie die hyperventilierenden Politiker der FPÖ und der ÖVP ihnen das in den letzten drei Jahren vorgegaukelt haben. Ich habe die Fluchtbewegung der 1990er-Jahre erlebt, damals sind genau so viele gekommen wie jetzt. Der allergrößte Teil der Migranten ist damals wie heute „brav“ und will für sich selbst sorgen und niemandem auf der Tasche liegen. Und ein kleiner Teil aller Gesellschaften – der österreichischen, der ex-jugoslawischen oder der syrischen – macht Schwierigkeiten. Und dem muss man sich stellen. Ich zitiere Johannes Kopf: Integration ist teuer, aber nicht zu integrieren ist noch teurer.

Derzeit ist ja der Klimaschutz das große Thema – hat die SPÖ in diesem Bereich ein Angebot für den Wähler?
Wir sind sehr glaubwürdig im Bereich der Mobilität. Verkehrspolitik und öffentliche Verkehrsmittel sind seit eh und je sozialdemokratische Themen. Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsnetze ist ein essentieller Teil des Umweltschutzes. Aber auch wenn wir alle Autos auf Wasserstoffantrieb oder Elektromotor umstellen würden, hätten wir bei den CO2-Emissionen noch immer ein großes Manko. Der zweite Aspekt heißt: Dort wo es gescheit ist, auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Deswegen gibt es unsere Forderung nach einem 365 Euro-Ticket – ein Euro pro Tag für öffentliche Verkehrsmittel in Oberösterreich.

Das Argument von Landesrat Günther Steinkellner ist ja, dass das Geld für ein 365 Euro-Ticket dann für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel fehlen würde.
Dann soll er zunächst das Geld in das 365 Euro-Ticket stecken und die nächsten Millionen dann in den Ausbau der Bahnen. Aber es denkt niemand darüber nach, wie wir die CO2-Zertifikate finanzieren. Wer zahlt die Zertifikate der Autofahrer? Das wird die öffentliche Hand tun und Milliarden Richtung EU schicken müssen. Das ist der schlechtere Weg, als das Geld in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder die verbilligte Mobilität der Mitbürger zu investieren.

Wie stehen Sie zur geplanten Ostumfahrung in Linz?
Mir wäre es deutlich lieber, wenn man die 800 Millionen Euro in den öffentlichen Verkehr investieren würde. Außerdem – und da bin ich jetzt vielleicht ein bisschen visionär – bin ich der festen Überzeugung, dass meine Enkelkinder ihren Arbeitsplatz nicht mehr mit dem Auto aufsuchen werden …

… also mit den Öffis?
Ich glaube, dass sie fliegen werden.

Inwiefern, so mit einem Flugtaxi von FACC?
Zum Beispiel (lacht). Mein Schwiegersohn arbeitet bei FACC und was ich da so höre, da kann ich mir schon vorstellen, dass das so werden könnte.

Haben Sie im Garten genug Platz für einen Landeplatz?
(lacht) Ja, bei uns geht sich das aus. Aber so etwas wird mir dann eh nicht gehören.

Sie meinen, es wird in die Richtung gehen, dass die wenigsten noch ein Verkehrsmittel besitzen, sondern sich den Transport einfach bestellen?

Man wird sich die Mobilität bestellen – manchmal systematisch, wenn man etwa zur Arbeit muss. Oder auch punktuell, wenn es individuelle Ziele gibt, die nicht regelmäßig angefahren oder angeflogen werden.
Ich denke, es ist etwa 20 Jahre her, als ich zum ersten Mal erfahren habe, wie man das Internet bedient. Ich habe 1993 mein erstes Mobiltelefon bekommen und konnte mir damals nicht vorstellen, dass 25 Jahre später jeder mit einem eigenen Mobiltelefon herum rennt und es egal ist, wo auf der Welt man sich befindet. Ich hätte alle für deppert erklärt, die das vorausgesagt hätten.
Deshalb glaube ich, dass in 25 Jahren auch unsere Mobilität völlig anders aussehen wird und vielleicht brauchen wir die Straßen gar nicht mehr, die wir jetzt für eine Milliarde bauen.

Es hat ja vor Kurzem eine Umfrage in OÖ gegeben, die die SPÖ auf Platz vier noch hinter den Grünen gesehen hat. Schrillen da die Alarmglocken?

Man setzt sich natürlich damit auseinander, aber es ist jetzt eine Umfrage, die im Reigen vieler anderer Umfragen ist. Und wenn ich mir die Umfragen von Ende April ansehe, da lagen wir bei 22 Prozent. Es ist auch eine Unzeit, eine Landtagswahlfrage während einer Nationalratswahlvorbereitung zu stellen …

... also sagen Sie, die Bundes-SPÖ zieht die Landes-SPÖ in Umfragen runter?
Nein, das sage ich nicht. Aber die Menschen können das nicht unterscheiden. Wenn man jemanden telefonisch befragt, der mit Politik nicht viel am Hut hat und man stellt in der jetzigen Zeit eine Frage, dann sind viele aus dem Stegreif nicht sicher, welche Ebene sie gerade beantworten.
Es ist kein Wahlzettel, den man da ausfüllt. Aber wir nehmen das natürlich ernst und müssen uns damit auseinandersetzen.

Die SPÖ hat ja vor ein paar Monaten einen neuen Landesgeschäftsführer geholt. Hat der Sozialdemokratie bisher ein „Straßenkämpfer“ gefehlt?
Ich denke ein Landesgeschäftsführer hat die Aufgabe eine Landesorganisation gut zu führen und auch für die unangenehmeren Themen als Gesicht nach außen zu dienen – und der Angriffigere zu sein. Mit Georg Brockmeyer haben wir jedenfalls einen extrem erfahrenen Wahlkämpfer, der in Niedersachsen einen tollen Wahlkampf hingelegt hat. Da gibt es jemanden mit Kompetenz, der neue Methoden einführt. Es ist Zielsetzung und sein Auftrag, dass wir 2021 bei der Landtagswahl gut abschneiden.

War die Arbeitsteilung zwischen angriffigem Landesgeschäftsführer und eher neutralerer Parteichefin zuvor nicht so eingespielt?
Ich schätze Bettina Stadlbauer sehr und sie hat in den drei Jahren eine gute Arbeit geleistet. Es hat sich nun so entwickelt und ist jetzt einfach anders. Ich finde es ja immer witzig, wenn man mir sagt, dass ich die Parteizentrale umbauen soll. Es gibt mittlerweile kaum mehr Mitarbeiter, die noch da sind, als ich 2016 angefangen habe. Es setzt sich das Team komplett neu zusammen, es sind mit 1. August wieder neue Mitarbeiter gekommen. Wir stellen ein neues Team zusammen, das sich für den Landtagswahlkampf rüstet. Dass jetzt der Nationalratswahlkampf dazwischen kommt, war zum Zeitpunkt des Engagements von Georg Brockmeyer noch nicht abzusehen.

Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr


Der Grund für die jetzige Nationalratswahl ist ja Ibiza...

… nein, es ist nicht Ibiza, es ist die FPÖ! Ibiza ist eine Insel im Mittelmeer. Dort hat etwas stattgefunden – dort haben HC Strache und Johann Gudenus die Republik verkauft, das Wasser verkauft und die Medienfreiheit in Frage gestellt haben. Es fand zufällig auf Ibiza statt, aber es waren Menschen, die das verursacht haben und die heißen Strache und Gudenus und gehören zur FPÖ.

Noch mehr einen politischen Elfmeter für die Opposition kann man eigentlich nicht auflegen. Die SPÖ konnte daraus nichts machen und war mit einer Debatte über Parteichefin Rendi-Wagner beschäftigt. Was war da los?

Es war ein massiver politischer Ausnahmezustand. Es haben alle Parteien Fehler gemacht. Der größte Fehler war natürlich von den Freiheitlichen, dass man überhaupt an so etwas denkt und artikuliert. Die ÖVP hat auch Fehler gemacht, die werden aber offenbar anders kommuniziert. Sebastian Kurz hat extrem gepokert und spekuliert bei dieser ganzen Geschichte. Wenn Innenminister Herbert Kickl gegangen wäre, hätte er einfach mit dieser blauen Partie weiter gemacht. Er wollte einfach nur mehr Macht für sich herausholen. Er hat dann in alle ehemaligen ÖVP-Ministerien schwarze Beobachter und Kommunikationsexperten hineingesetzt und damit jedes demokratische Verständnis völlig untergraben.
Dann kommt die SPÖ, der man jetzt vorhalten kann, sie hat nicht profitiert – ja okay. Aber wer hat die Verantwortung übernommen und den Misstrauensantrag mit all seinen Risiken eingebracht? Das waren wir – und die Blauen sind halt mitgegangen. Und es ist gut so, dass der Antrag durchgegangen ist. Ich kann es mir schwer vorstellen, wenn in allen Ministerien ÖVP-ler sitzen würden. Aktuell kann die Übergangsregierung nicht viele Meter machen, aber sie führt die Geschäfte in Ruhe und besonnen.
Das muss man den Wählern genau erklären und man muss erklären, welche Erfolge wir für die Menschen zusammengebracht haben: Sonderurlaub für Katastropheneinsätze, Pensionserhöhungen, Papamonat, Pflegegelderhöhung. Das sind alles Maßnahmen für die Menschen. Jetzt kann man kritisieren, dass diese 120 Millionen Euro kosten – die Kritik finde ich „nett“. Denn alleine die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie bzw. im Fremdenverkehr von 13 auf zehn Prozent hat auch 120 Millionen Euro gekostet. Und ich kenne niemanden, dessen Zimmer billiger geworden wäre oder dessen Seiterl weniger kostet.

Es ist ja interessant, dass einige der Beschlüsse von SPÖ und FPÖ getragen wurden.

Das ist in einer solchen Situation völlig normal. Wir würden das auch im Landtag machen, nur finden wir keine Mehrheiten.

Jetzt könnte man ja sagen: SPÖ und FPÖ haben einige Schnittmengen, warum überlegt man da nicht eine Zusammenarbeit?

Man vergisst dabei die Identitären, das Braunauer Rattengedicht und die Weigerung der FPÖ daran etwas zu ändern. Solange die Freiheitlichen sich nicht glaubhaft von diesen rechten Gedanken, die bei vielen führenden Funktionären da sind, befreien – solange wird mit den Freiheitlichen kein Staat zu machen sein.

Waren Sie dann eigentlich froh, dass Elmar Podgorschek selbst den Rückzug angetreten hat? Sie haben ihn ja nach dem AfD-Aufritt im Vorjahr kritisiert.
Es ist hochgradig unglaubwürdig, was da passiert ist. Wenn der Herr Landeshauptmann das so verwerflich gefunden hätte, wie er es im Zuge des Ibiza-Videos formuliert hat, dann weiß ich nicht was sich in den zehn Monaten seit dem AfD-Aufritt von Podgorschek verändert hat. Ich sehe das ehrlich gesagt nicht! Es gibt einen Menschen und der heißt Elmar Podgorschek und der hat vor einem Jahr echte Ungeheuerlichkeiten bei der AfD in Deutschland verbreitet und es war damals anscheinend nicht notwendig ihn abzusetzen. Dann kommt das negative Sahnehäubchen von Strache und Gudenus drauf und jetzt muss er plötzlich gehen. Gleichzeitig sagt Manfred Haimbuchner, dass ein Rücktritt von Podgorschek nicht Bedingung war, um die Koalition aufrecht zu erhalten. Wer ihn dann schlussendlich rausbugisert hat, ist mir ehrlich gesagt egal – ich weiß nur ganz sicher, dass Podgorschek am Sonntagabend vor seinem Rücktritt noch nicht gewusst hat, dass er gehen muss. Und ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass sein Nachfolger Wolfgang Klinger am Montag um 11 Uhr Vormittag noch Spitzenkandidat für die Nationalratswahl war – und um 14 Uhr dann Landesrat.

Also Sie denken, dass Landesrat Podgorschek auf Druck der ÖVP abgesetzt wurde?
So wird es öffentlich kommuniziert, aber ich glaube, dass es nicht stimmt. Die haben ein Exempel statuieren müssen. Man braucht in so einer Situation einfach eine Begründung warum man mit den Blauen weiter tut. Es ging darum, etwas zu tun, das begründet, dass man mit den Blauen doch kann. Und dann hat man halt ein Bauernopfer gebraucht.

Würden Sie der SPÖ nach der Wahl raten in eine schwarz-rote Koalition als Juniorpartner zu gehen?
Die SPÖ war immer eine Partei, die in Regierungsverantwortung sein will. Ich denke nicht, dass wir über Juniorpartner oder nicht reden, sondern wir reden über eine Partnerschaft …

… aber es werden nicht ÖVP und SPÖ beide 37 Prozent erreichen.
Ja, das stimmt. Aber ich bin trotzdem gebürtige Optimistin und daher sage ich immer wieder: Warum geht man so fix davon aus, dass die ÖVP in einer Regierung ist?

Weil es mathematisch wahrscheinlicher ist?
Ja, mathematisch wahrscheinlicher, aber nicht sicher!

Anzeige
Karin befördert mit Begeisterung Fahrgäste. | Foto: OÖVV/Kneidinger-Photography
4

Für den OÖVV am Steuer
Quereinsteiger im Bus: Ein neuer Job mit vielen Vorteilen

Es gibt Menschen, die von Kindheitstagen an auf das Buslenken als Traumberuf hinarbeiten. Die meisten Buslenkerinnen und Buslenker entdecken diesen abwechslungsreichen und krisensicheren Job aber erst im Laufe der Zeit für sich.Wir stellen heute vier Beispiele vor: Karin ist gelernte Konditorin, Kathrin war Tischlerin – beide hatten vorher auch Lkw-Erfahrung –, und Bernadette und Michael tauschten ihre Gastrovergangenheit mit einem Platz hinter dem Buslenkrad.  Übers Lkw-Fahren zum...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Oberösterreich auf MeinBezirk.at/Oberösterreich

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau auf Facebook: MeinBezirk.at/Oberösterreich - BezirksRundSchau

BezirksRundSchau auf Instagram: @bezirksrundschau.meinbezirk.at

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus deinem Bezirk und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.