Psychotherapeut Lukas Seifried im Interview
Wenn Angst plötzlich krank macht

Herzrasen, Atemnot und Schweißausbrüche sind oft Anzeichen einer Panikattacke. | Foto: pixabay
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  • Herzrasen, Atemnot und Schweißausbrüche sind oft Anzeichen einer Panikattacke.
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Viele Menschen leiden an Angststörungen oder Panikattacken, trotzdem ist es immer noch ein Tabuthema. Wir haben mit dem Psychotherapeuten Lukas Seifried aus Oberpullendorf über mögliche Auslöser, Symptome und Therapiemöglichkeiten gesprochen. 

REGIONALMEDIEN: Wann spricht man von Angststörungen/Panikattacken/Panikstörung?
SEIFRIED: Um eine Angststörung diagnostizieren zu können, ist es wichtig, die aktuelle Symptomatik, die Entstehung und auch den Verlauf der Ängste zu kennen.
Fragen zur Lebensgeschichte oder zu früheren oder aktuellen Belastungen dienen dazu, um herauszufinden ob die Angst das hauptsächliche Problem ist, oder ob diese im Rahmen einer anderen psychischen Erkrankung auftritt.

REGIONALMEDIEN: Gibt es unterschiedliche Arten von Ängsten? 
Ja, generell muss man zwischen gesunden und krankhaften Ängsten unterscheiden. Die Diagnose Angststörung kann nur gestellt werden, wenn die Angst nicht durch eine körperliche Erkrankung oder Medikamente ausgelöst wird. Angst spielt in unserem Leben eine zentrale Rolle und ist eine Emotion, die jedem Menschen gut bekannt ist. Angst hilft uns dabei, Gefahren zu vermeiden und uns möglichst sicher durch unser Leben zu bewegen. Dies ist gesunde, positive Angst. Allerdings kann es bei manchen Menschen zu einer derart übersteigerten Angst kommen, dass die Lebensqualität und das tägliche “Funktionieren” schwer beeinträchtigt sind, dann spricht man von einer Angststörung.

"Vermutlich liegt der Ursprung der Panikstörung in einer Kombination aus genetischen Faktoren, welche zu einer neurobiologischen Veränderung führen, und aus psychosozialen Faktoren", erklärt Seifried.  | Foto: Lukas Seifried
  • "Vermutlich liegt der Ursprung der Panikstörung in einer Kombination aus genetischen Faktoren, welche zu einer neurobiologischen Veränderung führen, und aus psychosozialen Faktoren", erklärt Seifried.
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Welche Symptome treten häufig auf? 
Klienten mit einer Panikstörung haben wiederholt massive Angstattacken mit heftigen körperlichen und psychischen Symptomen. Zu den körperlichen Symptomen gehören Atemnot, Herzrasen, Engegefühl im Hals, Erstickungssymptome, Schweißausbrüche. Zu den psychischen Symptomen gehören die Furcht zu sterben, die Angst die Kontrolle zu verlieren sowie Gefühle der Unwirklichkeit.
Meist dauert eine Panikattacke weniger als eine halbe Stunde. Sie kann ganz plötzlich und unerwartet auftreten oder kann auch von bestimmten Situationen ausgelöst werden. So ist die Panikstörung sehr oft mit der Agoraphobie („Platzangst“) gekoppelt.

Was sind mögliche Ursachen?
Heutzutage wird davon ausgegangen, dass gewissen Menschen eine erhöhte Angstbereitschaft aufweisen und durch belastende Kindheitserfahrungen, Erziehungsstile, Lernerfahrungen oder auch durch stressige Lebensereignisse die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Angststörung weiter steigt.

Wie schaut eine Therapie aus?
Es kommt immer auf die Art der Angsterkrankung an. Beispielsweise bei Patienten mit einer spezifischen Phobie werden bei der Konfrontationsbehandlung ganz bewusst der angstauslösenden Situation ausgesetzt zunächst einmal in seiner Vorstellung, anschließend in der Realität. Der Therapeut hilft dem Klienten dabei die Angst auszuhalten. Durch dieses Aushalten der Angst erlebt der Klient, dass die befürchtete Katastrophe ausbleibt und die Angst von selbst nachlässt. Das Gehirn speichert diese Erfahrung, wodurch die Angst bei jeder weiteren Konfrontation mit ihrem Auslöser geringer wird.

Wie können Angehörige unterstützen?
Oft schämen sich Betroffene dafür und oder können sich die nicht eingestehen, dass sie Hilfe benötigen. Wenn der Verdacht auf eine Angsterkrankung besteht sollten Angehörige den Betroffenen ermutigen zu einem Arzt oder Therapeut zu gehen. Wichtig ist es, dass Angehörige Verständnis für die Ängste des Betroffenen haben. Angehörige sollten sich auch über die bestehende Erkrankung informieren, um diese besser verstehen zu können. Wichtig ist, dass Angehörige die Entscheidung den Betroffenen überlassen sollen, wann sie Hilfe in Anspruch nehmen. Es soll zu keiner Bevormundung kommen, da dadurch das Vertrauen verloren gehen kann.

Haben sich die Ängste der Menschen in den letzten Jahren verändert?
Durch die Coronapandemie ist die psychosoziale Belastung stark angestiegen. Die Einschränkungen der sozialen Kontakte, die Veränderungen im schulischen Kontext – homeschooling und die Ungewissheit in der Planbarkeit sind Faktoren, welche bei Menschen Ängste erzeugen. Vor allem Kinder und Jugendliche sind in diesem Kontext stark von Angsterkrankungen betroffen.

Was tun wenn eine Panikattacke im Anmarsch ist?
Atemübungen: Wenn die Person das Einsetzen der Panik verspürt wird die Atmung flacher. Durch die Konzentration auf das bewusste tiefe einatmen setzt Beruhigung ein.
„Notfallkoffer“: Dieser beinhaltet Strategien („Skills“), welche dazu verhelfen sollen, die Person aus dem Angstgefühl zu holen und die Anspannung verringern können. Diese Skills können ein angenehmer Duft, eine Musik zum Entspannen oder auch ein anderer starker Reiz, wie zum Beispiel ein scharfes Bonbon sein.

Was raten Sie betroffenen Personen? 
Ich rate ihnen die Angststörung/Panikattacken nicht zu verleugnen, sondern mit einer Vertrauensperson darüber zu sprechen und sich weiterführend fachliche Hilfe zu holen.

Herzrasen, Atemnot und Schweißausbrüche sind oft Anzeichen einer Panikattacke. | Foto: pixabay
"Vermutlich liegt der Ursprung der Panikstörung in einer Kombination aus genetischen Faktoren, welche zu einer neurobiologischen Veränderung führen, und aus psychosozialen Faktoren", erklärt Seifried.  | Foto: Lukas Seifried

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