Bezirk Oberpullendorf
Entgleisung des Angeklagten: „Die stellen sich alle deppert!“
„Die stellen sich alle deppert!“ Diese respektlose Verbalentgleisung „schleuderte“ der Angeklagte in Richtung Staatsanwalt und Richterin. Begleitet von Zwischenrufen, heftigen Gestikulierungen und mehreren Geplänkeln mit dem Opfer. Es folgten Ermahnungen der Vorsitzenden und lautstarke Maßregelungen des eigenen Anwalts: „Hören sie sofort auf!“ Turbulenter 2. Verhandlungstag im Landesgericht Eisenstadt um Sex-Erpressung, Morddrohung und Millionenforderungen.
BEZIRK OBERPULLENDORF. Da ging es rund im Saal 8. „Verstehn sie das nicht? Ich erklär es ihnen nachher im Zeugenstand!“ So der angeklagte Burgenländer, Mitte 60, aus dem Bezirk Oberpullendorf, zum fundiert argumentierenden Staatsanwalt, der konterte: „Sie sind kein Zeuge. Sie sind Beschuldigter!“ Auch zum Opfer gab es seitens des mutmaßlichen Täters ausgeteilte „Nettigkeiten“ wie: „Die 3,2 Millionen kannst du dir in die Haare schmieren“, gefolgt von „Red‘ doch nicht so deppert!“
Anwalt musste seinen Klient beruhigen
Sprichwörtlich alle Hände voll zu tun hatte der Anwalt des Angeklagten, Dr. Michael Prager, um seinen Mandanten zu beruhigen. „Hören sie auf, das bringt nichts. Wir müssen schauen, dass wir das geordnet ins Protokoll bringen!“ Auch auf den „Ausrutscher“ seines Klienten in Richtung Schöffensenat und Staatsanwalt „Was soll ich machen, wenn es keiner versteht. Die stellen sich alle deppert!“ musste der Verteidiger ebenfalls barsch eingreifen. Mehrmals folgte ein: „Hören sie auf. Bitte. Hören sie auf, sofort. Das bringt nichts!“
Erpressung oder Nötigung
Zu den Eklats kam es bei der versuchten Klärung, ob es sich um Erpressung handelt. Dies nämlich dann, wenn der vermeintliche Täter Geld einfordert, das ihm nicht zusteht. In diesem Fall versuchte der Angeklagte jedoch klarzumachen, dass ihm das "Opfer" Millionen schuldet und er lediglich verlangte, was ihm ja sowieso gehöre. Denn dann wäre es strafrechtlich „nur“ eine Nötigung. Im Rahmen dieser Diskussion prallten im Landesgericht Eisenstadt auch die Meinungen der beiden Advokaten aufeinander.
Streit um Millionen Euro
Denn der Rechtsanwalt des Opfers, Dr. Stefan Prochaska, sah das anders. Konterte gemeinsam mit seinem Mandanten, einem Tiroler, 59, ehemals bester Freund und langjähriger Geschäftspartner des Angeklagten, den „Anschuldigungen bzw. Vorwürfen“, bei denen es um Millionen geht. Beide Parteien legten dem Gericht Unterlagen vor, die belegen und beweisen sollen, dass der jeweils andere falsch liegt.
Die Unterschrift ist gefälscht
Mit durchaus emotional geführten Wortduellen. In die sich auch der Beschuldigte einbrachte: „Ich bin so aufgeregt, weil er so lügt!“, warf der Burgenländer ein. Und erntete vom Opfer: „Du lügst!“ Bei einer vorgelegten Kopie seitens des Angeklagten-Vertreters kam es dann zum Showdown zwischen mutmaßlicher Täter- und Opferseite. Ein Dokument, bei dem es um 3,8 Millionen Euro ging, sollte dem Tiroler zum Verhängnis werden. Der jedoch erklärte: „Die Unterschrift ist gefälscht. Gut nachgemacht, aber definitiv eine Fälschung. Ich habe das Dokument noch nie gesehen. Daher auch das Geld nicht bekommen. Das kann ich beweisen. Ich werde alle meine Konten offenlegen!“
Kein Original, nur Kopie - "Einserschmäh"
Auf Nachfrage des Staatsanwaltes, ob es dieses Dokument auch als Original gibt, verneinte der Anwalt des Anklagten mit der Begründung, dass das Original verblasst sei. „Der Einserschmäh!“, warf Dr. Stefan Prochaska ein. „Denn am Original kann ich forensisch die Echtheit klären - auf einer Kopie ist das allerdings nicht möglich!“
Aufschlitz-Drohung und Sex-Vorwürfe
Vor all diesem Hick-Hack erklärte das Opfer im Zeugenstand, von dem Angeklagten - wie berichtet - mit dem Aufschlitzen bedroht worden zu sein. Zudem wollte ihn der Beschuldigte mit haltlosen sexuellen Vorwürfen vernichten. Ihn vor Familie, Frau, Geschäftspartner und seinem Arbeitgeber, einem renommierten Autohersteller, anschwärzen.
Opfer musste hohe Job-Position aufgeben
Da er in seiner Geschäftsführer-Position sogar Regierungen belieferte, musste er seinen angesehenen Job kündigen, weil diese Vorwürfe, trotz Unwahrheit, seine Reputation beschädigten. Richterin Doris Halper-Praunias vertagte den turbulenten Prozess zwecks Einvernahme von Zeugen. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.