Erpressung im Bezirk Oberpullendorf
Richterin drohte mit Rauswurf des Angeklagten
Brüskierung des Gerichts. Bepöbelungen des gegnerischen Anwalts. Schreiduelle unter allen Beteiligten. Daraufhin drohte die Vorsitzende mit „Saal-Rauswurf“, auch eine Ordnungsstrafe stand im Raum. Somit verlief der dritte Verhandlungstag gleich turbulent wie die beiden vorherigen. In diesem Prozess geht es um eine „3-Millionen-Sex-Erpressung“ unter ehemals besten Freunden und Geschäftspartnern.
BEZIRK OBERPULLENDORF. Ein Burgenländer, Mitte 60, geschieden, aus dem Bezirk Oberpullendorf, soll seinen ehemaligen Kumpel und Firmen-Kompagnon erpresst haben. Und zwar um 3 Millionen Euro. Sonst würde er seine Drohung wahrmachen und Vorwürfe zu Betrug, Steuerhinterziehung, Fremdgehen sowie Sex mit minderjährigen Mädchen an Geschäftspartner, Familie, Lebensgefährtin und Arbeitgeber des Opfers senden. So die grob skizzierte Anklage des profunden Staatsanwaltes, die auch ein erschlichenes 50.000 Euro Darlehen inkludierte. Wir berichteten.
Derbe und untergriffige Verbalattacken
Dem widerspricht der Angeklagte vehement, weil er der Meinung ist, dass es sich um keine Erpressung handelt, sondern er nur eingefordert habe, was ihm an Geld sowieso zustünde. Aus diversen geschäftlichen Verknüpfungen. Etwa Treuhandaktivitäten, Gesellschaftsverflechtungen, Liegenschaftsverkäufen uvm. Bereits in den ersten beiden Verhandlungen machte der Burgenländer durch besonders derbe und untergriffige Verbalattacken auf sich aufmerksam. Warf sogar ein „Die stellen sich alle deppert!“ in Richtung Staatsanwalt und Richterin.
Sie reißen sich jetzt zusammen
Ähnlich der Prozess-Verlauf am nunmehr dritten Verhandlungstag im Landesgericht Eisenstadt. Neuerlich hatte der Verteidiger alle Hände voll zu tun, um seinen Klienten im Zaum zu halten. Forderte er doch mehrmals: „Sie reißen sich jetzt zusammen!“. Zudem versuchte er mit beschwichtigenden Handbewegungen seinen Mandanten zu beruhigen. Was nicht immer gelang. So kam es während einer Zeugeneinvernahme, die per Video-Konferenz stattfand, mehrmals zu unerlaubten Zwischenrufen des Beschuldigten. Vor allem dann, wenn der befragte Jurist aus Liechtenstein angeblich komplexe Sachverhalte als sehr einfach erklärbar qualifizierte.
Frau Rat. Bitte walten sie ihres Amtes
Richtig laut wurde es, als der Zeuge auf Fragen des Verteidigers mit „Ich verstehe ihr Problem nicht!“ antwortete. Der verbale Tumult eskalierte derart, dass der Anwalt des Erpressungs-Opfers, Dr. Stefan Prochaska, zur Vorsitzenden sagte: „Frau Rat. Bitte walten sie ihres Amtes. Ich muss mich hier ja wirklich nicht vom Angeklagten bepöbeln lassen!“ „Ich habe ihn schon abgemahnt, soll ich gegen ihn eine Ordnungsstrafe verhängen!“ „Ja, das wäre eine Möglichkeit!“ „Herr Angeklagter, beim nächsten Mal verlassen sie den Saal!“
Gegenseitiges "Halten sie sich zurück"
Die Ruhe hielt aber nicht kurz. Denn als Dr. Prochaska dem Schöffensenat neue Unterlagen vorlegte, begründete er die kurzfristige Abgabe damit: „Ich gebe die Verträge erst jetzt ab, damit der Angeklagte, der immer wieder lügt, nichts an den Dokumenten fälschen kann, denn das hatten wir ja schon!“ Damit spielte der Anwalt auf eine Unterschrift an, die sich auf einem 3,8 Millionen-Schreiben befindet und vom Erpressungs-Opfer stammen sollte, von diesem aber eindeutig als Fälschung identifiziert worden ist. Lautstark protestierte der Verteidiger des Angeklagten. Es kam zu gegenseitigen „Halten sie sich zurück“-Attacken. Daraufhin drohte die Richterin: „Beide Anwälte können gleich den Gerichtssaal verlassen!“
Angeklagter: Sonst zerreißt es mich
Getoppt wurde die Missachtung des Schöffensenats dann vom Angeklagten selbst. Denn als ein in die Geschäfte der beiden Kontrahenten teilinvolvierter Buchhalter und Steuerberater aus Ungarn aussagte, stand der Burgenländer nach heftigem Kopfschütteln wortlos auf und ging zum Ausgang. „Sie können doch nicht einfach den Saal verlassen“, rief die Richterin. Zurück kam ein: „Ich muss auf die Toilette, sonst zerreißt es mich!“ Damit meinte der Beschuldigte aber nicht den Harndrang, sondern bekundete wild gestikulierend seine Unzufriedenheit über die Äußerungen des Zeugen.
Zeuge schickte E-Mail aus dem Gerichtssaal
Der penibel genaue Ungar, der vom Opfer-Anwalt als Auskunftsperson namhaft gemacht worden ist, verfügte sogar noch über E-Mails aus dem Jahre 2004. Sowohl diese, wie auch weitere Dokumente, sendete er noch aus dem Gerichtssaal an die Richterin sowie den Verteidiger des Angeklagten, ehe der Prozess erneut vertagt wurde. Im vierten Anlauf sollte es dann, nach einer geplanten weiteren Zeugenbefragung, zu einem Urteil kommen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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