Ärztestreik: Gesundheitssystem darf nicht kaputtgespart werden
Am Mittwoch, den 14. Dezember 2016, ließen alle Hausärzte im Burgenland ihre Türen geschlossen und standen nur für Notfälle zur Verfügung.
BEZIRK OBERWART (kv). Auch der Großteil der praktischen Ärzte im Bezirk Oberwart haben sich dem Streik angeschlossen. Hintergrund ist das von der Politik geplante PHC-Gesetz betreffend die Errichtung von Primary Health Care-Zentren.
Keine Mitsprache der Betroffenen
Die Ärztekammer und viele Hausärzte kritisieren vor allem, dass die Regierung Gesetze beschließen möchte, ohne sich mit den Betroffenen auszutauschen. "Solche Gesetze verabschieden, ohne diejenigen zu fragen, die das Gesundheitssystem tragen, ist für mich unverständlich. Man sollte zusammen Strategien entwerfen", sagt Dr. Günter Ranftl, Allgemeinmediziner in Großpetersdorf.
An die Zukunft denken
Laut dem Allgemeinmedizinier Günter Ranftl ändere sich Vordergründung mit dem neuen Gesetz nichts. "Ein Problem ist es dann, wenn sich Einzelpraxen mit den Gesundheitszentren in Konkurrenz sehen, wie es in Wien der Fall ist. Den Gesundheitszentren (GHZ) wird unendlich viel Geld ausgelegt, das ist unlauterer Wettbewerb, der auf dem Rücken der Versicherten ausgetragen wird", so Dr. Ranftl. Ärztekammer-Vizepräsident Michael Schriefl warnte vor einer „fatalen Entwicklung“ im Burgenland: „Viele Orte werden ihre Hausärzte verlieren. Vor allem ältere Patienten werden sich schwer tun“, so Schriefl, der den geplanten Ärztezentren wenig abgewinnen kann. „Wir brauchen nicht einen Arzt für drei Ortschaften.“
Weitere Kritikpunkte
Der Verlegung der fachärztlichen Versorgung in die Spitalsambulanzen stehen die Ärztevertreter ebenfalls ablehnend gegenüber. „Unsere Ambulanzen sind bereits jetzt überfüllt. Außerdem haben wir einen spürbaren Fachärztemangel in den burgenländischen Spitälern“, so Ärztekammer-Vizepräsidentin Brigitte Steininger.
Grundversicherung anpassen
Das Problem des Ärztemangels und einer Zwei-Klassen-Medizin ist dadurch immer noch nicht gelöst. "Würde man die Grundversicherung nur um 3 Prozent anheben, könnte man viel bewirken. Das Gesundheitssystem wird einfach kaputtgespart und notwendigen Therapien für Patienten sind nicht mehr drinnen", so Ranftl. "Das traurige ist, dass ich ohne meine vier Nebenjobs als Gutachter, Kurarzt und Ähnliches nicht überleben könnte. Dass Ärzte so unglaublich viel verdienen ist ein Irrglaube, ich arbeite 50 bis 60 Stunden die Woche, Abends und am Wochenende, Bereitschaftsdienste nicht mitgerechnet", so Dr. Heinz Gyaky.
Nicht am Streik beteiligt
Dr. Heinz Gyaky aus Bad Tatzmannsdorf hat sich dem Streik jedoch nicht angeschlossen: "Die PHC-Zentren sind keine Pflicht, das ist jedem praktischen Arzt selbst überlassen." Er selbst betreibt in Bad Tatzmannsdorf eine Praxis, in der sich weitere medizinische Berufsgruppen eingemietet haben. Damit deckt er an einem Ort einen Großteil des Gesundheitsangebotes ab: Physiotherapie, Massagen, Psychotherapie, Ohrakupunktur und Ernährung. "Ich weiß daher, dass solche Gemeinschaftspraxen sehr gut funktionieren", so Gyaky.
Kommentar: Kranksein muss man sich leisten können
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