Barrierefreiheit in Oberwart - es gibt noch Aufholbedarf
Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden ist bald Pflicht. Die Bezirksblätter haben dazu einen Test in Oberwart durchgeführt.
Ab Anfang 2016 darf es laut Behinderten-Gleichstellungsgesetz bei öffentlich zugänglichen Gebäuden keine Diskriminierung mehr geben.
Die Gebäude wie Schulen oder Amtsgebäude müssen für alle Mitmenschen – somit also auch für Rollstuhlfahrer oder gehbehinderte Mitmenschen - zugänglich sein. Das bedeutet zum Teil umfangreiche Umbauten. Denn im schlimmsten Fall können von den Betroffenen Schadenersatzforderungen gestellt werden.
Wir haben uns gemeinsam mit Heribert Petermann vom ÖZIV (Österreichischer Zivilinvalidenverband) Burgenland deshalb umgesehen, wie es in öffentlichen Gebäuden in unserer Bezirkshauptstadt derzeit mit der Barrierefreiheit steht.
Zu wenig Abschrägungen
Bereits auf den ersten Blick fiel auf, dass der Hauptplatz nur eingeschränkt barrierefrei ist. "Es gibt hier kaum entsprechende Abschrägungen bei den Gehsteigen, über die Rollstuhlfahrer problemlos hinüberkommen. Da ist einiger Aufwand und Umweg einzurechnen", meint Petermann und sieht da Aufholbedarf.
Bei den Gebäuden wurden die Barrierefreiheit von Rathaus, Gerichtsgebäude, Arbeiter- und Wirtschaftskammer, sowie Bezirkshauptmannschaft geprüft. Dabei ergaben sich sehr unterschiedliche Ergebnisse.
Vorbildhafte Gebäude
Während Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Bezirkshauptmannschaft mit Rampe in entstprechender Steigung sowie einem Lift ausgestattet sind, gestaltete sich der Zugang mit Rollstuhl beim Bezirksgericht und Rathaus als schwierig.
"Die Steigung der Rampe darf höchstens sechs Prozent betragen, ansonsten ist es für einen Rollstuhlfahrer nahezu unmöglich hochzufahren. Sehr oft werden solche Maßnahmen ohne die Einbeziehung von Betroffenen gemacht und dann passieren Fehler", so Petermann, der die Barrierefreiheit von AK, WK und BH als vorbildhaft bezeichnet und "wünschenswert für alle Gebäude".
Auch das Vorhandensein von Behindertenparkplätzen bei WK und BH direkt bei der Rampe fiel Petermann besonders positiv auf.
Komplizierter Zugang
Komplizierter verlief es hingegen beim Bezirksgericht, wo an den Stufen Schluss ist - man zwar eine Glocke hat, doch darauf angewiesen ist, dass diese auch gehört wird.
„Im Normalfall funktioniert es so. Es gibt rückseitig einen barrierefreien Zugang und auch einen Lift im Gebäude. Der Zugang zum Hinterhof ist versperrt. Wenn geläutet wird, wird das Tor zum Parkplatz geöffnet und man kann mit dem Rollstuhl ins Gebäude“, heißt es vom Bezirksgericht.
„Jedenfalls verbesserungswürdig, weil zu kompliziert. Eine Rampe wäre eine Idee, um es einfach zu machen. Der Sicherheitsdurchgang könnte dann eventuell zum Problem werden und wäre zu adaptieren. Es gibt zumindest seit ein paar Wochen einen Behindertenparkplatz, das ist positiv. Eine Abschrägung zum Gehsteig wäre noch notwendig, um einfach raufzukommen und zur Glocke zu gelangen“, fasst er zusammen.
Eine Rampe sei als Maßnahme und nächster Schritt bereits geplant, so die Information aus dem Bezirksgericht.
Rathaus (noch) nicht barrierefrei
Nicht barrierefrei ist das Rathaus. Vorne ist „Endstation“ bei den Stufen, beim Hintereingang, der einen ordentlichen Umweg erfordert - wenn man die Zufahrt zum Parkplatz nicht kennt - kommt man zwar ins Innere, aber dann geht nichts mehr. „Das ist absolut nicht barrierefrei und gehört geändert“, so Petermann.
„Das wissen wir und es gibt auch bereits entsprechende Konzepte im Rahmen der geplanten Rathaussanierung. Ein Architektenwettbewerb hat schon stattgefunden und mit dem Sieger aus fünf Bewerbern, die sich einer Fachjury stellten, erfolgt nun die Beauftragung. Der Kern des Gebäudes soll erhalten bleiben, ansonsten vieles neu gemacht. Zu den wichtigsten Schritten zählt ein behindertengerechter Zugang und die Installierung eines Lifts. Vorm Rathaus ist eine Rampe geplant. Darauf wird großer Wert gelegt und die Maßnahmen sollen ab 2016 schrittweise beginnen“, betont Bgm. Georg Rosner.
Barrierefrei Innenstadt
Als weiteren Schritt hat Bgm. Georg Rosner eine möglichst barrierefreie Innenstadt im Auge: „Wir wollen die Innenstadt möglichst behindertengerecht ausgestalten.“
Heribert Petermann bittet dazu seine Unterstützung an: „Gerne würde ich diesbezüglich da Tipps aus erster Hand anbieten, um gemeinsam auch an anderen Plätzen gute Lösungen für Rollstuhlfahrer usw. zu finden. Vielleicht lässt sich da etwas gemeinsam umsetzen.“
Rosner begrüßt das Angebot: „Die Idee finde ich sehr gut und greife sie gerne auf. Es macht durchaus Sinn, das Ganze aus dem Blickwinkel eines Rollstuhlfahrers zu betrachten. Da gewinnt man sicher eine andere Perspektive. Ich nehme mir diese Zeit gerne und würde mich auch selbst in einen Rollstuhl setzen, um die Probleme besser zu verstehen.“
Die Ergebnisse
Wirtschaftskammer: Behindertenparkplätze vorm Eingang der Wirtschaftskammer Oberwart und zwei Rampen begeistern Heribert Petermann auf den ersten Blick: „Das ist absolut vorbildhaft. Genauso stelle ich es mir vor. Die Rampe passt exakt von der Steigung her. Man kommt ohne große Anstregung mit dem Rollstuhl hinauf. Im Gebäude selbst ist der Weg zum Lift auch nicht weit!“ Hier ist absolute Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer und Leute mit Rollator usw. gegeben.
Rathaus: Kein barrierefreier Zugang beim Haupteingang des Rathauses möglich. Es gibt keine Rampe, sondern nur Stufen. Eine Beschilderung, dass ein rückseitiger Zugang möglich ist, fehlt. „Das wissen dann nur Insider“, meint Heribert Petermann. Eine seitliche Rampe wäre wohl relativ einfach umsetzbar.
Beim rückseitigen Zugang kommt man mit dem Rollstuhl nur ins Erdgeschoß, spätestens dann ist bei den Stiegen Endstation. Es gibt auch keinen Lift. „Das ist Schade, aber das Rathaus ist derzeit absolut nicht barrierefrei zugänglich! Da besteht dringender Handlungsbedarf“, betont Heribert Petermann.
Bezirkshauptmannschaft: Die Bezirkshauptmannschaft verfügt nach dem Umbau über eine Rampe in richtiger Höhe. „Als Rollstuhlfahrer kommt man hier ohne Schwierigkeiten hinauf und dann gleich zum Lift. Auch die Breite der Rampe passt, sodass man auch mit größerem Rollstuhl keine Probleme hat. Die Barrierefreiheit ist hier perfekt!“, vergibt Petermann die Note 1.
Gleich gegenüber der Rampe befindet sich auch ein Behindertenparkplatz, in unmittelbarer Nähe im hinteren Bereich des Stadtparks auch ein öffentliches WC mit Behindertengerechter Toilette. „Das ist ebenso erwähnenswert, weil nicht selbstverständlich“, sagt Petermann.
Bezirksgericht: Vorm Bezirksgericht wurden kürzlich zwei Behindertenparkplätze geschaffen. Ohne Abschrägung ist allerdings kein barrierefreier Zugang zum Gehsteig möglich. Beim Gebäude selbst fehlt beim Vordereingang eine Rampe. „Es gibt eine Glocke, doch wenn auf das Läuten niemand reagiert, ist man mit dem Rollstuhl hilflos“, so Petermann.
Es gibt rückseitig einen barrierefreien Zugang und im Gebäude einen Lift. Das Tor für den Parkplatz ist allerdings stets versperrt. „Es ist ein Problem, wenn niemand da ist, der es öffnet. Der Zugang ist verbesserungswürdig, weil sehr kompliziert. Eine Rampe würde helfen“, so Petermann.
Arbeiterkammer: Bei der Arbeiterkammer kommt man über eine Abschrägung von der Straße auf den Gehsteig und dann über eine kleine Rampe ins Gebäude, wo gleich hinter der Tür ein Lift wartet. „Das ist hier ideal. Man kommt vom Eingang sofort zum Lift. Genau so sollte es sein“, bescheinigt der Rollstuhlfahrer Barrierefreiheit erster Klasse.
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