Die Macht der Mythen
Symposium
Begrüßung: Paul Gulda (Verein RE.F.U.G.I.U.S.)
Bürgermeister ADir. Georg Rosner (Stadtgemeinde Oberwart)
Bei dieser Tagung wollen wir uns dem Gebrauch und Missbrauch von Mythen widmen. Die Beschäftigung mit Mythen kann einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von Geschichtsbewusstsein und Identität leisten ebenso wie zur Erklärung von Ideologien und politischer Kultur.
Ein Mythos ist eine sinnstiftende Erzählung, die Unbekanntes mit Bekanntem erklären will.
Politische Mythen als stereotype, verfestige Geschichtsbilder heben das im kollektiven Gedächtnis hervor, was die jeweilige Gesellschaft bzw. Kultur für existenziell notwendig hält. Sie sind letztlich eine Erklärung und Deutung historischer Vorgänge und eine Beglaubigung der grundlegenden Werte, Ideen und Verhaltensweisen von Gruppen. Ein politischer Mythos basiert somit letztlich auf einer "gemachten, erfundenen Erinnerung", da er die Vergangenheit idealisiert. Mythen sind ein zentrales Mittel zur Kommunikation und dienen der Mobilisierung von Massen. Sie können zum Funktionieren und zur Organisation von Gesellschaft beitragen.
Der Nationalsozialismus war ein politisches Programm, das Arbeitsplätze und kollektiven Zusammenhalt versprach, aber auch eine „Bewegung“ der großen Legenden, Bilder, Symbole und Rituale. Aus verschiedenen Elementen wurde eine Art Ersatz-Mythologie zusammengebaut, die Fragen nach dem Ursprung und der Zukunft beantworten wollte und die Helden der Vorzeit zu Identifikationsmustern für die Gegenwart verklärte. Ein „messianischer“ Führer versprach einem suchenden Volk geistige Orientierung und die Errichtung eines in die Ewigkeit reichenden „Tausendjährigen Reiches“. Man entwarf einen „arischen“ Ursprungsmythos, der die Überlegenheit der Germanen über alle anderen definierte.
Heute werden in der rechten Szene Mythologie und Esoterik wiederum dazu benutzt, völkisch-rassistischen Weltanschauungen „Tiefe“ und geheimnisvollen Glanz zu geben.
Es beginnt in den 1970er Jahren und verstärkt sich seit den 1990er Jahren: militante fremden- und minderheitenfeindliche Gruppierungen reichern ihre Propaganda mit Elementen des Mystischen, Esoterischen an. Mit den Tendenzen zur Fragmentierung und Auflösung bestehender Identitätsmodelle in der globalisierten Welt geht ein Erstarken von New Age und Esoterik einher.
Auch in Ungarn bedient sich die derzeitige Regierung Orban alter Mythen: Die Magyaren werden nicht allein als eine kulturelle, sondern auch als eine Abstammungsgemeinschaft verstanden, wofür auch das neue Staatsbürgerschaftsgesetz nach dem völkischen Prinzip des ius sanguinis steht. Der Okkultismus scheint zu einer Massenbewegung zu werden. Dieser wird von den christlichen Kirchen weitgehend geduldet. Die »Urschrift«, die altungarische Runenschrift, und das ungarische »Urvolk« werden verherrlicht, der Schamanismus blüht. Selbst im Parlament ist ein schamanisches Tanzritual zum Schutz der »Heiligen ungarischen Krone« durchgeführt worden. In Ungarn wird eine Politik der „Volksgemeinschaft“ verfolgt, die die gesamte Gesellschaft durchdringt.
ReferentInnen
Ljiljana Radonic (Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften): Europäisierung der Erinnerung - Der Holocaust als negativer Gründungsmythos?"
Eduard Gugenberger (Historiker und Journalist/ Pielach Niederösterreich): Von Ehre und Treue. Alte Mythen in neuem Gewand
Andreas Koob (Journalist und Autor/ Hamburg, Budapest): Ensemble der Abwertung – die Konjunktur von Feindbildern im Inneren der Ungarischen Gesellschaft
Marco Schicker (Chefredakteur Pester Lloyd – Tageszeitung für Ungarn und Osteuropa): Auf den Schwingen des Turuls hinaus aus Europa? Mythen als Instrument politischer Manipulation im heutigen Ungarn
Moderation: Walter Reiss
Eintritt frei
Information und Anmeldung zur Tagung:
Mag.a Eva Schwarzmayer
+43/664/9194904
Dr.in Christine Teuschler
+43/2682/61363-15
info@refugius.at
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