Bezirk Oberwart
Erstaunen über Geschworenen-Freispruch in "Nazi"-Prozess
Erstaunen und Verwunderung löste das Geschworenen-Urteil in einem „Nazi“-Prozess aus. Für den Angeklagten gab es nämlich im Landesgericht Eisenstadt einen einstimmigen Freispruch. Obwohl sich der Mann des WhatsApp-Versendens von Hitler-Bildern bzw. SS-Symbolen, Texten und Videos schuldig bekannte.
EISENSTADT/BEZIRK OBERWART. „Das Urteil haben Geschworene gefällt. Bei gleichwertigen Prozessen wurden andere Angeklagte schuldig gesprochen! Die Konstellation der Laienrichter ist immer unterschiedlich“, so Gerichtspräsident Dr. Karl Mitterhöfer. Von der Staatsanwältin gab es keine Erklärung zu diesem überraschenden Ausgang des Verfahrens. Daher ist der Spruch noch nicht rechtskräftig. "Erstaunlich. Mit einem Freispruch war hier wirklich nicht zu rechnen", zeigte sich eine Prozess-Beobachterin konsterniert.
Von Hakenkreuzen bis Hitler-Gruß...
Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen gelernten Mechaniker aus dem Bezirk Oberwart, Mitte 40, seit kurzem Vater. Er hat zwischen März 2015 und November 2020 das „Verbrechen nach dem Verbotsgesetz“ begangen, so die Anklägerin, weil er in Gruppen- und Einzelchats über WhatsApp eine Vielzahl an „Nazi-Dateien“ versendet hat. Von Abbildungen des Hakenkreuzes und Sieg-Heil Sprüchen bis hin zu Darstellungen des Hitler-Grußes.
Holocaust-Verharmlosungen
Weiters ist auf einem Bild eine nackte Frau zu sehen, die am Arm eine Hakenkreuzbinde trägt und vor einem Bild Adolf Hitlers kniet. In diesem verherrlichenden Dateien-Konvolut sind auch ein Fahrrad mit Hakenkreuz-Felgen, schwarze Ostereier mit SS-Runen-Zeichen sowie Fotos von NS-Kämpfern zu finden. Zudem eine Unmenge an derben, rassistischen Texten sowie Dokumentationen über Holocaust-Verharmlosungen - die hier bewusst nicht näher erläutert bzw. aufgelistet werden.
"Ja, ich habe die Dateien versendet"
Deshalb der Vorwurf der „Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne“. Zu dem sich der Angeklagte im Saal 1 des Landesgerichtes Eisenstadt auch schuldig bekannte. Wenngleich er sich selbst nicht als „Nazi“ sieht und nichts mit dem NS-Gedankengut zu tun hat, „habe ich die Dateien geschickt bekommen und weitergesendet!“ Auf die Frage von Richterin Halper-Praunias: „Warum machen sie das?“ Kam: „Kann ich nicht wirklich erklären. Es war halt lustig!“
Nichts dabei gedacht und "lustig"
„WAS ist da bitte lustig, wenn man Dateien mit Hitler, Hakenkreuzen und ähnlichem Inhalt verschickt?“ „Ich habe mir nichts dabei gedacht!“ „Haben sie nichts in der Schule über den 2. Weltkrieg und die Gräueltaten gelernt?“ „Doch... hätte ich gewusst, dass es verboten ist, hätte ich diese Sachen nicht verschickt. Für uns war das alles eher ein Witz!“ „Sie haben nicht gewusst, dass man NS-Gedankengut nicht vermitteln darf?“ „Ich habe erst von meinem künftigen Schwiegervater, der ist Polizist, erfahren, dass ich solche Nachrichten nicht verschicken darf. Dann habe ich auch aufgehört!“
Einstimmiger Freispruch der Geschworenen
Nach einer längeren Beratungszeit präsentierten die acht Geschworenen den drei Berufsrichterinnen sowie der Staatsanwältin ihr Urteil. Der angeklagte Burgenländer wurde mit 8 : 0 Stimmen freigesprochen. Auch vom Vorwurf, solche NS-Dateien, die in Fülle auf seinem Handy sichergestellt worden sind, für spätere Versendungen gespeichert zu haben. Die Vorsitzende beendete den vierstündigen Prozess mit: „Ich verweise auf den Spruch der Geschworenen. Dem ist nichts hinzuzufügen!“.
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