"Es gibt keine Anhaltspunkte für Soziales Jahr!"
Im Bezirk Oberwart gibt es beim Roten Kreuz rund 600 freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind etwa 115 im Rettungsdienst tätig.
Insgesamt 27 junge Männer traten 2012 ihren Zivildienst an - 2011 waren es 23. Zurzeit sind es 14, da kürzlich ein paar ihren Dienst beendet haben. "Der Bedarf wird dadurch grundsätzlich gedeckt, fallweise kann es zu kurzfristigen Engpässen kommen", meint Johannes Kirnbauer, vom ÖRK Oberwart.
"Ein mögliches Aus des Zivildienstes bringt auf jeden Fall neue Herausforderungen mit sich. Grundsätzlich ist das Rote Kreuz immer dafür, bestehende Systeme zu evaluieren und nach Möglichkeit zu optimieren. Allerdings sagen wir auch, dass ein bestehendes System nur dann durch ein neues System ersetzt werden sollte, wenn es zumindest gleichwertig ist. Mit dem Modell Zivildienst haben wir beim Roten Kreuz Oberwart sehr gute Erfahrungen gemacht – es ist ein absolutes Erfolgsmodell“, meint Bezirksstellenleiter Gerald Tallian.
"Die Auswirkungen eines möglichen Aus für den Zivildienst sind schwer vorherzusagen. Als Alternativmodell gibt es das „Bezahlte Freiwillige Soziale Jahr“. Ob dieses die gleiche Qualität und die gleiche Stabilität wie der Zivildienst bieten kann, bleibt fraglich. Es gibt keine Sicherheit, insbesondere hätte sich das Rote Kreuz einen Testlauf gewünscht", so Kirnbauer.
„Für uns stehen noch einige Fragen im Raum, über die wir uns Gedanken machen“, meint Tallian.
Das Rote Kreuz befürchtet Auswirkungen auf die grundsätzliche Freiwilligenarbeit im Roten Kreuz. "Erstens wissen wir, dass 60 bis 80 % der Zivildienstleistenden der Bezirksstelle Oberwart unmittelbar nach ihrem Zivildienst als ehrenamtliche Sanitäter beim Roten Kreuz bleiben. Das sehen wir als deutliches Zeichen dafür, dass die jungen Männer von dieser Tätigkeit profitieren, und dass sie eine Aufgabe vorfinden, die ihnen gefällt. Natürlich fragen wir uns, ob auch die Mitarbeiter des Bezahlten Freiwilligen Sozialen Jahres – die ja bezahlte Arbeitskräfte sind – nach ihrem Jahreseinsatz weiterhin beim Roten Kreuz bleiben. Zweitens stellen wir uns eine ganz logische Frage: Wenn es künftig „echte“ Freiwillige gibt (also wie bisher Personen, die keine Bezahlung erhalten) und gleichzeitig „bezahlte“ Freiwillige (die knapp 1.400 Euro monatlich erhalten), welche Auswirkungen wird das auf das beim Roten Kreuz so wichtige System der „echten“ Freiwilligkeit haben?", so Tallian
Tallian abschließend: „Was wir auf jeden Fall beobachten können, und was mich persönlich immer wieder beeindruckt: Die Zivildiener machen während ihres Dienstes beim Roten Kreuz einen gewissen Wandel durch. Sie kommen sozusagen als junge Burschen zum Roten Kreuz und beenden ihren Zivildienst als Männer mit neuen Erfahrungen, die sie sonst nie bekommen hätten. Wir nehmen eine gewisse Veränderung wahr, die Rückmeldungen der Zivildienstleistenden sind sehr positiv.“
"Beim Roten Kreuz Burgenland werden Zivildienstleistende ausschließlich im Rettungsdienst eingesetzt (wir haben keine Zivis im Pflegebereich). Von der Qualität der Versorgung selbst sehe ich keinerlei Probleme. Eine Frage bleibt aber die Planungssicherheit, da gibt es für das "Bezahlte Freiwillige Soziale Jahr" keine Anhaltspunkte. „Horrorszenarien“, die manchmal geschildert werden, wonach bei einem „Aus des Zivildienstes“ keine Rettung mehr kommt, müssen wir seitens des Roten Kreuzes ganz klar zurückweisen", so Kirnbauer.
Einer der Zivildiener in Oberwart ist Marco Peischl aus Ollersdorf. Er begann seinen Dienst im Juli 2012. "Für mich macht der Zivildienst mehr Sinn als das Bundesheer, da es für mich keine verschwendete Zeit ist. Das Rettungswesen hat mich im Speziellen interessiert, weil es etwas fürs Leben ist und ich auch während des Studiums dabei bleiben möchte. Im Rettungsdienst kann ich aktiv Menschen helfen und habe am Ende des Tages immer das Gefühl, etwas geleistet zu haben", begründet er die Entscheidung für den Zivildienst.
Er weiß auch, dass etliche Kollegen sich während des Zivildienstes auch für ein Studium im medizinischen Bereich entschlossen haben. "Ich will etwas im Bereich Wirtschaft machen, obwohl ich durch den Zivildienst auch Gefallen an der Medizin gefunden habe", so Marco.
Der Zivildiener kann sich auch Reformen im Zivildienst vorstellen: "Vielleicht könnte man auch den Zugang für junge Mädchen öffnen. Das würde sicher auch ihnen etwas bringen. Eine Abschaffung des Zivildienstes sehe ich eher als Nachteil. Eine Reform des Systems - vor allem im Bundesheer ist aber notwendig."
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