Julia Herr: "Bildung ist mehr als nur Ausbildung"

- Eine hochkarätige Diskussionsrunde beschäftigte sich mit dem Thema "Bildung - Kern der Demokratie"
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Eine hochkarätige Podiumsdiskussion zum Thema "Bildung, der Kern der Demokratie" fand in Großpetersdorf statt
GROSSPETERSDORF (ms). Arbeiterkammer und SPÖ luden zu einer spannenden Podiumsdiskussion bei Jugend am Werk in Großpetersdorf zum Thema "Bildung - Kern der Demokratie".
Eine hochkarätige Runde widmete sich aktuellen Bildungsfragen. Am Podium standen LH Helmut Bieler, Historiker Gerald Schlag, Julia Herr (SJ-Bundesvorsitzende), Michael Gerbavsits (BSA-Vorsitzender) und Siegfried Fleischhacker (SWV-Vizepräs.). Moderiert wurde der Abend von Manfred Moser.
"Die Sozialdemokratie hat in der Vergangenheit wichtige Akzente in der Bildung im Burgenland gesetzt. Alleine in der Zeit von Kery und Sinowatz entstanden viele Schulen und wurde wesentliche Schritte gesetzt", leitet Schlag die Diskussionsrunde ein.
Bildungslandschaft verändert
"Die Bildungslandschaft hat sich stark verändert, dadurch haben sich auch die Anforderungen geändert. Der Fokus auf Spezialisierung ist viel stärker als früher und auch Wirtschaftlichkeit spielt eine große Rolle. Darauf müssen wir reagieren", sagt LR Helmut Bieler und nennt als Beispiel die Umstrukturierung in der Fachhochschule. "Diese ist sehr gut gelungen. Demnächst starten drei neue Studiengänge in Pinkafeld und einer in Eisenstadt. Wir sind sehr gut aufgestellt - auch mit dem Führungsteam Pehm und Wiesler", so der Bildungslandesrat.
Grundsätzliches oft Problem
Michael Gerbavsits (Energie Burgenland): "Wir können bei der Personalsuche im Burgenland fast aus dem Vollen schöpfen. Leider merken wir bei Lehrlingsgesprächen, dass es oft an grundsätzlichen Fähigkeit und sozialen Kompetenzen scheitert. Wenn Kandidaten es nicht schaffen, in drei - vier Sätzen etwas über sich selbst zu erzählen, sagt das viel aus. Mit großen Kompromissen haben wir heuer von rund 240 Bewerbern 23 Lehrlinge aufgenommen."
Für ihn ist der Vorschlag der Industriellenvereinigung zur Gesamt- und Ganztagsschule begrüßenswert: "Das brauchen wir unbedingt und ich hoffe, dass nun die bestehenden Blockaden überwunden werden!"
Ähnlich sieht es auch Christine Teuschler, Volkshochschulen Burgenland: "Ich habe eine derartige Deutlichkeit bei der SPÖ bislang vermisst, auch wenn die Ansätze dort seit Jahren propagiert werden."
Kritisches Denken
"Das Bildungsideal scheint heute verlorengegangen zu sein", wirft Moser ein. Julia Herr betont: "Bildung ist nicht nur Ausbildung. Es geht nicht immer nur um den Arbeitsmarkt. Kritisches Denken ist viel wichtiger, als irgendwelche Zahlen auswendig zu lernen, die einem nichts bringen, weil man sich diese ohnehin nicht merkt. Bildung heißt nicht einen Eimer zu befüllen, sondern ein Feuer zu entfachen!"
"Wirtschaft ist nicht grausam, Wirtschaft ist Realität. Leider fehlt es vielen heute aber an Sozialkompetenz, das merkt man schon daran, dass fast nirgends mehr gegrüßt wird. Bildung ist für mich Basis für Wohlstand. In Umfragen hört man, dass der Glanz der Matura verflogen ist, aber ihr Stellenwert nicht. Auch die Lehre hat sich verändert und es sind beide Bildungswege wichtig für Unternehmen. Da sollte man noch neue Ansätze finden, um sie zu verknüpfen - Lehre mit Matura ist ein guter Schritt", schildert Siegfried Fleischhacker, der sich mehr Kooperationen mit Schulen wünscht: "Ich will keine dressierten Mitarbeiter, sondern kritische, weil diese brauche. Ich wünsche mir auch mehr Kooperationen mit Schulen, um den Schülern mehr praktische Ausbildung zu ermöglichen!"
Erwachsenenbildung und Chancengerechtigkeit
"Wenn Politiker über Bildung reden, meinen sie praktisch immer nur Schule. Sie vergessen da meist auf die Erwachsenenbildung, die einen ebenso hohen Stellenwert hat. Rund 15.200 BurgenländerInnen werden beim BFI aus- und weitergebildet. Mit 222 Lehrlingen sind wir in diesem Bereich größter Ausbildner im Burgenland!"
Nikolaus Schermann, Direktor EMS/NMS Oberwart: "Chancengerechtigkeit ist wichtig. Ein erster Schritt ist mit der Neuen Mittelschule geschafft. Es bedarf noch weiterer Schritte. Es geht nicht alleine um Fachkompetenz, sondern auch um Sozial- und Methodenkompetenz. Da haben wir noch einiges aufzulösen!"
NMS Markt Allhau-Direktor Alfred Lehner: "Eine Vernetzung aller Bildungsinstitute ist notwendig! Bildung muss bereits im Kindergarten beginnen, wo an diesen Kompetenzen gearbeitet wird."
Politische Bildung
Ein Jugendvertreter ergänzt: "Es fehlt an politischer und Persönlichkeitsbildung. Darum sollte es in den Schulen derartige Fächer geben. Wenn man beispielsweise fragt, wer ist Bundespräsident und dann als Antwort "Hans Niessl" kommt, sagt das alles!"
Bieler: "Wir haben die bestausgebildetste Generation überhaupt. Es ist aber auch wichtig, die Jugend auf der Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Darum ist es auch notwendig die Lehrerausbildung auf neue Beine zu stellen, denn um neuen Anforderungen gerecht zu werden, müssen auch die Lehrer entsprechend geschult sein."
"Die Jugend hat mehr drauf, als viele glauben, darum sollte man viel mehr auf die Jugend hören. Leider kommt das in der Mitsprache viel zu kurz. Erstaunlicherweise herrscht bei den Jugendorganisationen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen in vielen Bereichen Einigkeit was Bildung anbelangt, leider dringt diese nicht bis an die Parteispitzen. Das sollte sich ändern!", fasst Herr zusammen.
"Alles nur auf die Schule zu reduzieren, ist kurzsichtig. Bildung ohne Eltern und Gesellschaft kann nicht funktionieren. Da müssen alle Räder ineinander greifen. Den Lehrern alles aufzuhalsen, überfordert sie, denn viele Mängel kann die Schule nicht beheben", sagte eine weitere Diskussionsteilnehmerin.
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