Frauenfußball in Österreich
Männer-Bundesligalizenz nur noch mit Frauenteams?

- Die SKN St. Pölten Frauen haben ein Bundesliga-Herrenteam hinter sich und können Infrastruktur nutzen.
- Foto: SKN St. Pölten Frauen
- hochgeladen von Michael Strini
Bei einer Podiumsdiskussion von "Wir Frauen im Sport" ließ ÖFB-Präsident Leo Windtner aufhorchen. Er will die Lizenzierung der Männer-Bundesliga-Vereine von einem Frauen-Team abhängig machen. Das stößt aber auf wenig Gegenliebe.
ÖSTERREICH. Am Mittwoch lud der Verein „Wir Frauen im Sport“ zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Ohne Frauen keine Lizenz?!“ in Wien. Unter der Moderation von WIFIS-Obfrau Elisabeth Auer entwickelte sich eine spannende Diskussion mit ÖFB-Präsident Leo Windtner, Wilfried Schmaus (Präsident SKN St. Pölten Frauen), Martin Pototschnig (Sportdirektor SpG Austria Wien/USC Landhaus) und Maria Gstöttner, Co-Trainerin sowie langjährigen Spielerin von Rekordmeister SV Neulengbach.
In der im Dezember 2018 präsentierten „Strategie 2018-2023“ setzte der ÖFB einen Schwerpunkt zur Förderung des Frauen- und Mädchenfußballs in Österreich. Darin heißt es u.a. "Auch ist in Zusammenarbeit mit der Bundesliga die Möglichkeit auszuloten, bei jedem Bundesligisten
verpflichtend ein Mädchen- oder Frauenteam zu führen.“
Gegen Zwang
FC Red Bull Salzburg und von FC Flyeralarm Admira sprachen sich in Statements gegen einen solchen Zwang aus.
„Das Hauptaugenmerk des FC Red Bulls Salzburg liegt – seit vielen Jahren schon – auf der umfassenden und professionellen Ausbildung junger Spieler. Diese Nachwuchsförderung ist durch unsere umfangreichen Kooperationen, u. a. mit der Red Bull Fußball Akademie und dem FC Liefering, geprägt und hat viele Erfolgsgeschichten (u. a. Martin Hinteregger, Stefan Ilsanker, Konrad Laimer, Stefan Lainer, Valentino Lazaro, Xaver Schlager, Hannes Wolf) geschrieben. Um auf diesem Niveau erfolgreich agieren zu können, sind die Anforderungen infrastrukturell, konzeptionell und auch personell enorm hoch.
Das Thema Frauenfußball ist aber dennoch auch bei uns im Klub und in den Gremien der Bundesliga immer wieder thematisiert worden.
Wir als FC Red Bull Salzburg befassen wir uns im Zuge einer mittel- bzw. langfristigen Planung damit, wie eine erfolgreiche Umsetzung für uns Sinn machen könnte. Aus mehreren Gesichtspunkten sollte aber auch in diesem Bereich die Nachfrage das Angebot bestimmen, weshalb wir die verpflichtende Einführung als wenig produktiv erachten", so Red Bull Salzburg in einer Stellungnahme.
Thomas Drabek, Geschäftsführer FC Flyeralarm Admira: „Frauenfußball hat großes Potential und der Hype nach dem Erfolg bei der Europameisterschaft war im ganzen Land zu spüren! Dies haben wir auch bei Spielen der ÖFB-Damen in der Südstadt erleben dürfen, die im gesamten Jahr 2019 ihre Heimspiele bei uns ausgetragen haben. Wir stehen für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Sport, jedoch sollte ein Frauenteam nicht aus Zwang bzgl. der Bundesliga-Lizenz gegründet werden müssen. Dies schadet dem Frauenfußball mehr als es helfen würde.“
Zusammenarbeit gegeben
Christian Ebenbauer, Bundesliga-Vorstand: „Der Frauenfußball hat in Österreich in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Angetrieben von den Erfolgen des Nationalteams, der Ligareform und der damit einhergehenden Vermarktungsoffensive sowie dem Nationalen Zentrum für Frauenfußball in St. Pölten wurden wichtige Schritte zur Entwicklung des Frauenfußballs in Österreich gesetzt. Mit dem spusu SKN St. Pölten, SK Sturm Graz, Wacker Innsbruck, FK Austria Wien, dem SV Horn wird aktuell die Hälfte der Planet Pure Frauen Bundesliga direkt oder über Spielgemeinschaften durch Klubs der Österreichischen Fußball-Bundesliga gestellt.
Wichtig wird bei zukünftigen Schritten insbesondere sein, den Unterbau und die Breite zu stärken, um ein gesundes Wachstum vom Nachwuchs- bis hin zum Spitzenfußball zu ermöglichen.
Gezielte Fördermaßnahmen und Anreizschaffung sind zielführender als bpsw. verpflichtende Mannschaftsnennungen, bei denen nicht auf die Rahmenbedingungen in der jeweiligen Region Rücksicht genommen wird."
„Eine sofortige Lizenzbedingung wäre zu radikal“, betonte Leo Windtner, aber „es wäre notwendig, die Großen zu überzeugen.“ Windtner habe schon mit dem einen oder anderen Verein über das Thema gesprochen hat. Etwa mit Red Bull Salzburg oder mit dem LASK.

- Durch die Kooperation mit dem USC Landhaus verfügt FK Austria Wien als eines von nur drei Männer-Bundesligateams über ein Frauenteam.
- Foto: SpG FK Austria Wien/USC Landhaus
- hochgeladen von Michael Strini
SKN St. Pölten, Austria Wien und Sturm Graz
Derzeit haben drei der zwölf Bundesligavereine bei den Herren Frauenteams in der höchsten Spielklasse. In der Planet Pure Frauen Bundesliga spielen aber immerhin mit St. Pölten, Austria/Landhaus, Sturm Graz, Neulengbach, Bergheim, Horn und Innsbruck sieben Teams, bei denen der jeweilige Verein auch Männerteams hat.
Der fünffache Meister der Frauen, SKN St. Pölten, kooperiert mit dem gleichnamigen Männer-Bundesligisten. „Sportlich bringt die Kooperation nichts“, sagt Vereinspräsident Wilfried Schmaus.
Die Wiener Austria, die in Spielgemeinschaft mit dem Traditionsverein USC Landhaus in der
Frauenliga vertreten ist, profitiere vom Know-How der Austria, wie Martin Pototschnig, Sportdirektor für Frauenfußball bei der Austria festhält. Der Frauenfußball habe bei der Austria einen Stellenwert erhalten, den man zunächst nicht für möglich gehalten habe.
Maria Gstöttner: „Zu meiner Zeit war das Hausfrauenfußball“
Der SV Neulengbach holte zwischen 2003 und 2014 zwölfmal in Serie den Meistertitel. Ex-Nationalspielerin Maria Gstöttner war bei allen Titeln dabei: „Zu meiner Zeit war das
Hausfrauenfußball.“ Die rosigen Zeiten bei Neulengbach, 2014 Viertelfinalist der
Champions League, sind vorbei. Gstöttner: „Vor zwei Jahren waren wir kurz vor dem Zusperren.“
Die Bundesliga der Frauen steht unter Patronanz des ÖFB, infolge des EM-Halbfinaleinzugs des
Nationalteams 2017 gelang es in Planet Pure einen Sponsor für die Liga zu finden.
Hype vorbei?
Auf ORF Sport plus gibt es Live-Übertragungen. Trotzdem hält sich das Interesse in Grenzen. Der Hype um das Nationalteam 2017 ebbte schnell wieder ab. Auch die kurzfristig höhere mediale Aufmerksamkeit für die Liga ließ schnell nach. Rund 100 Zuschauer kommen im Schnitt zu den Spielen.
„Wir konnten den Hype aus 2017 nicht optimal nutzen“, sagt Windtner. „Wir wurden vom Erfolg überrascht. Es war nicht möglich, von heute auf morgen den Schalter umzulegen.“ Sportlich hält der österreichische Klubfußball bei weitem nicht mit den Leistungen des Nationalteams stand. Pototschnig: „Auf Klubebene verlieren wir an Terrain gegenüber anderen europäischen Ligen.“ Die österreichische Liga ist eine Amateurliga. Lediglich St. Pölten beschäftigt (derzeit zehn) Profi-Spielerinnen.
Kritik am ÖFB
Wilfried Schmaus kritisiert die seiner Meinung nach mangelnde Unterstützung des ÖFB für die Liga: "St. Pölten dominiert nach Belieben. Wir erzielen im Schnitt 6,44 Tore pro Spiel. Ich
wünsche mir, das wir einmal verlieren.“ Der Vereinspräsident merkt indes zynisch an, dass es vor
Mittwoch noch nie zu einem Zusammentreffen zwischen ihm und Windtner gekommen sei: „Wir sind ja erst fünfmal Meister und siebenmal Cupsieger geworden.“

- Der SK Sturm Graz hat bereits seit einigen Jahren Frauenteams.
- Foto: SK Sturm Graz Frauen/Facebook
- hochgeladen von Michael Strini
Mangel an Spielerinnen
Sowohl Windtner, als auch Schmaus und Pototschnig sehen den Mangel an Spielerinnen in Österreich als großes Problemfeld. Windtner: „Wir haben nur 20.000 Spielerinnen in Österreich. Hier müssen wir nachlegen. Auch die Infrastruktur ist ein Hemmschuh für die Entwicklung des Frauenfußballs in Österreich. In Wien ist die Infrastruktur „katastrophal“."
In Bezug auf bessere Vermarktung fragt WIFIS-Obfrau Elisabeth Auer, ob die Abhaltung eines FrauenBundesliga-Spiels direkt vor oder nach einem Männer-Spiel eine gute Idee wäre? Pototschnig fände es durchaus interessant, ein derartiges Event abzuhalten, „allerdings schaffen wir das logistisch nur schwer“. Schmaus sieht in der Zeit (mindestens 30 Minuten), die es zwischen zwei Spielen an Pause benötigt, das Problem: „Da gehen die Zuschauer heim.“ In St. Pölten versucht man indes, mit den Basketballern zu kooperieren und die Fans direkt von der Halle auf den Fußballplatz zu bringen.
Martin Pototschnig: „Müssen Überzeugungsarbeit leisten“
Pototschnig: „Wir müssen Überzeugungsarbeit bei den Männer-Vereinen leisten. Das ist ein wesentlicher Punkt, um den Frauenfußball auf Klubebene voran zu bringen."
Windtner hält fest: „Man erkennt nach wie vor das Potenzial nicht, das Frauenfußball für einen Verein bringt. Die Männer-Bundesligisten sollten sich damit vertraut machen, dass ein Frauen- Team in drei bis fünf Jahren als Lizenzkritierium kommen kann."
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Zum Verein
Der Verein "Wir Frauen im Sport" wurde im Februar 2018 gegründet. Er setzt sich für die Gleichstellung von Frauen im Sport ein. Obfrau ist die ehemalige TV-Sport-Moderatorin Elisabeth Auer.
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