"Come In & Burn Out"
Warnstreik in der Klinik Ottakring abgehalten
"Patientin todkrank, Ärztin todmüde", so hieß es auf einem Transparent eines Streikenden vor der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring am Freitagvormittag. Dort wurde der angekündigte einstündige Warnstreik abgehalten. Die BezirksZeitung sprach vor Ort mit dem Sprecher des Streikkomitees, Severin Ehrengruber.
von Antonio Šećerović & Maximilian Spitzauer
WIEN/OTTAKRING. Es wurde vor einiger Zeit angekündigt, lange war nicht bekannt, ob es tatsächlich dazu kommt. Doch am Freitagvormittag, 30. Juni, hat das Streikkomitee der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring einen einstündigen Warnstreik abgehalten.
Von 10 bis 11 Uhr protestierte dort das medizinische Personal gegen die Arbeitsbedingungen, vor der ZNA sowie vor dem Spital wurden Kundgebungen abgehalten. Plakate mit Schriftzügen wie "Lieber Teilzeit als ganz weg", "Klinik Ottakring: Come In & Burn Out" oder "Patientin todkrank, Ärztin todmüde" konnte man lesen.
Vor Ort sprach die BezirksZeitung mit dem Sprecher des Streikkomitees, Severin Ehrengruber. Er arbeitet seit 2018 in der Klinik Ottakring als Assistenzarzt für innere Medizin in der ZNA, ist derzeit jedoch in Karenz. "Das zentrale Anliegen ist es, dass wir Arbeitsbedingungen vorfinden können, damit wir eine ordentliche Patientinnen- und Patientenversorgung gewährleisten können. Dazu gehören ausreichend Dienstposten, die auch besetzt werden müssen. Deswegen müsse man attraktive Angebote für neue Mitarbeiter:innen schnüren. Dazu gehört auch eine Notaufnahme-Zulage für den Bereich, wo es zu besonderen Belastungen und Herausforderungen kommt", so Ehrengruber.
"Too big to fail und too big to ignore"
Die Ärztinnen und Ärzte sind es "leid, ständig einzuspringen in unserer Erholungszeit und dazu müssen wir das Personal auffüllen", so der Streikkomitee-Sprecher. Personal bekomme man nicht nur mit Geld, sondern auch mit anderen Maßnahmen, wie moderne Ausstattung und faire Rettungsverteilungen in Wien.
Monatelang habe man auf dem Dienstweg oder regulären Weg auf die Probleme hingewiesen, jedoch wurde man nicht erhört. "Es sind keine substanziellen Verbesserungen eingetroffen, deswegen haben wir heute diesen Warnstreik von einer Stunde ausgerufen. Wir hoffen jetzt, dass wir gehört werden, dass wir too big to fail und too big to ignore (z. Dt.: zu groß zum Scheitern und zu groß zum Ignorieren) sind", meint Ehrengruber. Sonst wird es erneut zu Gefährdungsanzeigen kommen.
Im Vorfeld kam es zu einem medialen Clinch zwischen den Streikkomitee-Sprechern sowie der Ärztekammer Wien mit der Stadt Wien, dem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sowie dem Wiener Gesundheitsverbund (WiGev). Mehr Informationen findest du in den Artikeln unten.
Grüne und FPÖ solidarisieren sich mit Streik
Die Wiener Grünen und Freiheitlichen solidarisierten sich am Freitag mit den Streikenden an der Klinik Ottakring. "Die handelnden Ärzt:innen haben sich die Entscheidung sicher nicht leicht gemacht und greifen nach zahlreichen gescheiterten Versuchen, auf ihre extrem belastende Situation hinzuweisen, zu diesem letzten Mittel. Für die chronische Arbeitsüberlastung und personelle Unterbesetzung auf der Notaufnahme müssen endlich nachhaltige Lösungen her", sage Gesundheitssprecherin Barbara Huemer. Laut Huemer kümmere sich Stadtrat Hacker zu wenig um die Personalnot.
Kritik an Hacker gab es auch von FPÖ Wien-Chef Dominik Nepp und Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl: "Dieser Akt der Notwehr ist die Folge der katastrophalen Politik von SPÖ-Gesundheitsstadtrat Hacker und des unfähigen roten Managements des Wiener Gesundheitsverbundes". Seidl kritisiert auch die younion-Gewerkschaft, die den Streik nicht unterstützt hat und die Pläne der Ärztekammer zu zukünftigen Streiks kritisiert hat: "Die Tatsache, dass diese Streikmaßnahme nicht unterstützt wird, zeigt, dass die roten Gewerkschaftsbonzen die Misswirtschaft von Stadtrat Hacker und dem WiGev-Management decken, anstatt die verzweifelten Kolleginnen und Kollegen zu vertreten".
Unterstützung, wie in den vergangenen Wochen, gab es von der Ärztekammer Wien. "Wir erleben seit Jahren im öffentlichen Wiener Spitalsbereich eine gravierende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des gesamten medizinischen Personals und das verbunden mit einer massiven Verdichtung des Patientenaufkommens", wird Vizepräsident Stefan Ferenci in einer Aussendung zitiert.
Ferenci werde in seiner Funktion als Vertreter der Wiener Ärzte "weiter mit Kolleginnen und Kollegen auf die Barrikaden steigen, weil die Beschäftigten im WiGev von ihrer Gewerkschaft younion keine Hilfe erhalten", heißt es.
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