Fasching in Retz

Als Faschingsmuffel im Retzer Pfarrkeller
Oder:
Ein stoischer Mehlspeis-Freak unter Narren
(von Maxi Herta Altrogge)

Zu Beginn ein paar erläuternde Worte:

Es ist Ende Oktober 2015, der November rückt heran und somit am 11.11. die närrische Zeit. Dies erinnerte mich gestern an ein Faschings-Erlebnis, über das ich damals "lang und breit" meine Eindrücke für mich notiert hatte.

Ich wurde damals in den 1990er Jahren gebeten, einen kurzen Artikel über eine Faschingsveranstaltung der Katholischen Frauenbewegung (KFB) der kleinen niederösterreichischen Stadt Retz im Weinviertel für eine Zeitung zu schreiben. "Kurz, nur ganz kurz! 20 Zeilen, nicht mehr!" hieß es.

Daraus erwuchsen für mich zugleich zwei Probleme:
Erstens war und bin ich durch und durch ein Faschingsmuffel, denn die kalendarisch befohlene allgemeine Heiterkeit mit teils frappierendem, teils schwachsinnigem Identitätswechsel für ein paar Stunden war und ist mir völlig unverständlich.
Zweitens: Die "befohlene" Kurzfassung einer solchen, vermutlich sehr ausgedehnten Veranstaltung bedeutete: Eine süße Wassermelone zu einer Backpflaume zusammenschrumpfen zu lassen.

"Faschingsmuffel" hin und her - ich bemühte mich bereits während der feucht-fröhlichen Veranstaltung, die im gemütlichen, sehr geräumigen Pfarrkeller stattfand, piktogramm-ähnliche Notizen zu machen, so dass die "20 Zeilen" realisierbar waren.
Der Abend quoll von verschiedensten Eindrücken über, und ich beschloß gleich,
nachdem ich in der Nacht wieder zuhause war, dies alles in meinem Stil und "lang und breit" zu notieren, und ich erlaube mir nun (nach so vielen Jahren des Schlummerns des Textes in einem Ordner im Schrank), der geschätzten Leserschaft diese, nun leicht überarbeiteten schriftlichen Erinnerungen vorzulegen - in der Hoffnung, Sie haben etwas Vergnügen daran!

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Ende Februar in den 1990er Jahren, Faschingszeit. Die Jahreshauptversammlungen türmen sich in meinem Notizkalender. "Jahreshauptversammlung des ….., anschließend Faschingsfeier!" Eine geniale Überlegung, garantiert sie doch ein volles Haus - so auch der KFB Retz.
"Bitt schön, Leitln, kummts alle kostümiert!", hieß es rechtzeitig vorher und: "Wer bringt a Möhlspeis mit?"
-2-

Neben Notizblock, Kugelschreiber und Fotoapparat bewaffne auch ich mich mit "a Möhlspeis", habe einen ganzen, großen Karton (in Österreich "Schachtel") voll "Waffelrosen" gebacken, hier noch unbekannt, aber dann mit Freuden ins köstliche Regiment der österreichischen Mehlspeisen an diesem Abend aufgenommen. Kulinarische Integration gelungen!

Im prall gefüllten Pfarrkeller sitzen an langen, weiß gedeckten Tafeln meist skurril gekleidete weibliche Gestalten. Die Wände strotzen von bunten Luftballons, Papierschlangen, Papierblumen und irgendwelchem Glitzerzeug.
Der Pfarrkeller ist als solcher nicht mehr identifizierbar.
Sogar die gewaltige historische Weinpresse hat den bunten, ungewohnten Schmuck über sich ergehen lassen!
Rechenschaftsbericht voller geleisteter Aktivitäten, Kassabericht, Wahl. Alter Vorstand ist neuer Vorstand. Beifall. Das ist geschafft. Alles läuft wie gewohnt ordnungsgemäß.
Und doch entschärft die teils ausgeflippte Kostümierung der Anwesenden diese offizielle Veranstaltung.

"Kummt's Leitln, i dank eich, un jetz feia ma!" Das ist der von allen erwartete Startschuß der Vorsitzenden, die nun bereits zu einer der zahllosen mitgebrachten Weinflaschen greift.

Ich klappe meinen Notizblock zu. Das war's schon? Also sind 20 Zeilen realisierbar.

Der Grüne Veltliner beginnt zu fließen, auch Blauburgunder verströmt seinen vollen, intensiven Duft in den Raum. Das Mineral sprudelt und zischt übermütig. Bewegung kommt in die Reihen an den beiden sehr langen, weiß gedeckten Tafeln.
Stimmengewirr und Gläserklingen, Lachen. Eine elegante Dame mit einem weit ausschwingenden "Ascot"-Hut ruft mit erhobenem Glas der Vorsitzenden zu: "Fritzi! Auf di un dei oides un dei neiches Omt!" Alle prosten ihr zu. Glockenspielähnliches Konzert.

Die schwere Kellertür knarrt, und mehrere als Bäckerburschen verkleidete Damen stürmen die hohe Treppe herunter, große Körbe voller duftender frischer Kipferl, gefüllt mit würzigen Debreziner Würstchen, tragend. Beifall und Freudenschreie!

Stille im Raum. Zufriedenes Kauen und Zunicken zu den Tischnachbarinnen. Die Gedanken kreisen um Würstln und Wein, der immer wieder eingeschenkt wird.
Ein Teelöffelchen klopft mehrfach an ein Glas und lenkt alle Blicke auf sich.
-3-

Eine Dame hat das Rednerpult bestiegen. Erwartungsvolle Stille, versonnenes Kauen. Humorvoller, urkomischer Text! Aufbrausender Beifall! Lachen, Gespräche, Gläserklingen. Ein buntes Konglomerat der Geräusche, immer wieder unterbrochen vom Klopfen des Teelöffelchens und dem darauffolgenden
humoristischen Vortrag, verstärkt meist durch aussagkräftige Requisiten.
Kleine schauspielerische Meisterleistungen beim Vortrag werden mit frenetischem Beifall belohnt. Auch meine Hände brennen.

Die "Bäckerburschen" stürmen nun wieder zur Kellertür herein und tragen zahlreiche Kuchen-Teller mit Mehlspeisen zu den Tafeln.
Ich bin ein Kuchen-Freak und male mir aus, was da wohl alles die Treppe heruntergestürmt kommt. In Windeseile werden alle Kuchenteller auf den Tafeln platziert und erinnern in ihrer Fülle an schlaraffenlandähnliche Zustände.
Kleine, etwa 6-7 cm lange, quadratische Stückchen, die man aufgrund der Vielfalt gar nicht alle mit einem Blick erfassen kann. Die Kleinheit stellt in Aussicht, dass man Vieles der gebackenen Köstlichkeiten ohne Vergewaltigung des Magens kosten kann!

Der Duft der Debreziner ist Vergangenheit und weicht dem intensiven Vanillezucker. Bisquit-Rouladen, weiß glasierter Hirschhornkuchen, Schokoladenkuchen, Mohnkuchen, süße Kipferl, Topfenkolatschen, Nußkuchen, Schaumrollen, Füllungen aus Marmelade, Powidl, Nußkrem, Schokolade … süße Träume, die es in aller Ruhe zu erkunden gilt. Mittendrin auf einigen Tellern auch meine zartknusprigen, mit Staubzucker bestreuten Waffelrosen. Meine Tischnachbarin, noch Staubzucker um den Mund, lobt das Gebäck in den höchsten Tönen. Ich strahle! Integration der "Deitschen" auf Mehlspeis-Ebene voll gelungen!! "Haums da a Waffeleisen? Wo gibt's dös??"
Ich zeichne es ihr auf einem Zettel auf, muß sie aber enttäuschen. Dieses kleine Waffeleisen gibt es nirgends mehr. Ich hatte es in den 1960er Jahren, als ich in Leipzig als Kunststudentin immer wieder die Innenstadt auf der Suche nach brauchbaren Motiven durchstreifte, bei einem humorvollen Straßenhändler gekauft, den ich danach nie wieder traf. Seitdem hüte ich das Waffeleisen wie ein Juwel!
Sie hakt nach: "Un der Teig? Is der so wie bei der Palatschinke?"
"Ähnlich schon, aber nicht ganz: 1 Liter Milch, Mehl, Zucker, etwas Zimt, 8 Eier." Sie starrt mich an: "Ocht Eia? Dös is ka Palatschinke." "Stimmt, und das einzelne Herausbacken im heißen Öl dauert ziemlich lange!"
"Owa schmecken tuans guat!!" Und sie zerbröselt wieder eine Waffel genussvoll im Mund. Die ehemals prallgefüllten Kuchenteller schmelzen dahin, und auch von meinen knusprigen Waffeln sind kaum noch welche da, was mich freut!

Urplötzlich aufbrausender Jubel und Beilfall überschwemmen den Keller:

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Der Akkordeonspieler ist vereinbarungsgemäß eingetroffen. Ein stattlicher, graumelierter Herr in trachtenähnlicher Kleidung. Alle kennen ihn. Ich nicht. Bin gespannt. Er wird erst mal zu "a Glasl Wein un a Möhlspeis-Jausn" eingeladen,

Meine Tischnachbarinnen unterhalten sich laut kreuz-quer im schönsten Österreichisch. Ab und zu versuche ich, auch ein paar Worte dazu beizutragen, kapituliere aber meist und greife zu …. Schokoladenkuchen oder …. Während ich genüßlich und in aller Ruhe kaue, mache ich mir in meinen Notizblock einige Notizen über diesen inoffiziellen Teil des Abends, der mir als ostdeutsche "Zuag'raste" doch recht bemerkenswert erscheint. Schwatzen, Gelächter, Gläserklingen, Zurufe mit irgendeiner humorvollen Mitteilung. Der altehrwürdige Pfarrkeller bekommt ein Eigenleben.

Der Akkordeonspieler erhebt sich und beginnt mit Spiel und Gesang, Alle Faschingskostüme singen lauthals mit, so dass die Faschingsstimmung den ganzen Keller bis zum hohen Gewölbe einnimmt.

Lied auf Lied folgt, Faschings-, Volks- und Wienerlieder gemischt. Nun beginnt das bekannte und beliebte Lied "Waldeslust".
Mir fällt bei Hirschhornkuchen und Muskateller, der urplötzlich vor uns auf der Tafel gelandet war, ein, dass "Waldeslust" das einzige deutsche Wort ist, dass beim Singen plötzlich drei "u" besitzt, nämlich:
"Waldes-lu-hu-hust! Waldes- lu-hu-hust! Oh, wie einsam schlägt die Brust!"
Hier schlagen und singen nun aber sehr viele Brüste, und das aus voller Kehle!
Ich stelle wieder einmal fest: Ich bin nicht nur ein Faschings-, sondern auch ein Gesangsmuffel. Was tun?
Topfenkolatsche! Eine klitzekleine Topfenkolatsche zeigt den Nachbarinnen an, dass ich einfach kulinarisch am Singen gehindert werde. Die meisten Texte kenne ich ohnehin nicht so genau. So mache ich mir immer mal wieder ein paar Notizen in meinem Block.
Zwei Nachbarinnen reißen mich plötzlich an den Armen, Was ist los? Ich unterbreche meine Schreiberei. O je! Schunkellieder. Ich schunkele nicht, ich werde geschunkelt! Nach links, nach rechts, nach links, nach rechts …. usw..
Ich füge mich und überlege gleichzeitig, ob all die genossenen gebackenen Köstlichkeiten nebst Veltliner, Blauburger und nun Muskateller diesen nautischen Gewaltakt verkraften??

Ungebremste Lebensfreude, musikalisch untermalt, füllt den Keller. Lachen, Klatschen, Singen, Gläserklirren.
"Polonaise!!" heißt es plötzlich. Jubel, Aufspringen, Stühlescharren, Kreischen vor Vergnügen wegen Stolperns und Hängenbleibens. Der Keller ist außer Rand und Band. Mich …. hat man verschont, und ich koste so eine leckere
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Schaumrolle und mache mir weiterhin Notizen. Ich schaue auf meine Armbanduhr. Schon nach 22 Uhr, eigentlich Zeit, ins Bett zu gehen. Aber "Dienst ist Dienst". Doch das Faschingstreiben brandet auf, die Polonaise wurstelt sich in Kurven durch alle Ecken und über Stühle, und schließlich brüllen alle lauthals: "Heute hau'n wir auf die Pauke, und wir machen durch bis morgen früh… Wir singen tralala und machen Hopsassa …!"

Plötzlich Stille. Der Akkordeonspieler setzt sein Instrument ab und verschnauft.
Die leicht zerzausten Kostüme nehmen wieder auf ihren Stühlen Platz und schnappen nach Luft.
Ruhe, angenehme Ruhe!

Der Pegelstand der zahlreichen geöffneten Mineralflaschen sinkt rapide.
Weitere Weinflaschen werden entkorkt. "A Chardonnay!? Wer hat denn deen mitbrocht?" Eine Biedermeier-Dame winkt quer über die Tafeln: "No i! Der is aus unsam Kölla!" "Deer ist guat!"

Die mit Papierschlangen fast verdeckte Wanduhr im Keller rückt bedächtig auf 23 Uhr zu.
Plötzlich erheben sich ein paar ältere Damen, verabschieden sich mit Winken in alle Richtungen und steigen müde die Kellerstiege hinauf. Ein paar Kostüme von unserer Tafel folgen ihnen bedächtig, schon etwas derangiert und "abgetakelt".
Ein verstohlener Blick auf die Uhr. Da könnte es ja eigentlich nicht mehr allzu lange dauern, bei aller Gemütlichkeit.
Ruhe, Gespräche, Lachen.
Wie einsame Wachtürme halten die zahlreichen leeren Flaschen auf der verlassenen Tafel und dem Abstelltisch in einer Ecke die Stellung, umspült von Salzgebäck, benutzten Gläsern, leeren Mehlspeistellern, Servietten und überquellenden Aschenbechern.
Die restlichen Narren von der verwaisten Tafel füllen nun die Lücken an der unsrigen.

Das Akkordeon ist plötzlich wieder zu frischen Kräften gekommen. Der "Herr in den besten Jahren" greift kräftig in die Tasten und schmettert mit opernreifem Baß: "Griechischer Wein…". Kurzer Jubel, und der Keller wird lauthals zur Mini-Ausgabe eines Gotthilf-Fischer-Chores - der gemeinsame "Griechische Wein" lässt den altehrwürdigen Pfarrkeller erbeben!

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Verschnaufen, Zurücklehnen, Lachen. Plötzlich schreit der Ascot-Hut schrill ein dreifaches "Leilei! Leilei! Leilei!" Gegen so einen explosiven österreichischen Schlachtruf hätte ein müdes deutsches "Helauuu.." keine Chance.
Alle jubeln ebenfalls "Leilei, Leilei, Leilei!" - aber schon etwas gedämpfter.
Gläserklingen. "Leitln, mia haum noch a Kisten voll Wein! Trinkts!"
Der "Marienkäfer" stellt ein Bündel leerer Flaschen von den Tafeln auf den Abstelltisch. Für diese ist das Fest zu Ende - bis zur nächsten Weinlese.

Es geht auf Mitternacht zu.
Das Akkordeon nimmt stramme Haltung an: "Wollt's no wos heern?"
"Jo! Herzilein!!!"
"A naa, dös haum ma scho g'spüht…"
Gelächter, Gespräche kreuz und quer über die Tafel hinweg. Ich habe schon längst aufgehört, zu versuchen, mich an diesen zu Makramé verflochtenen Gesprächen zu beteilen, und ich habe aufgehört, zu versuchen, diese zutiefst weinviertlerischen Gespräche für mich ins Hochdeutsche zu "übersetzen".
Totale Kapitulation meinerseits.

Es wird nachgeschenkt. Mein Glas ist noch halb voll, vertrage nicht viel, genieße aber gern kleine Mengen von diesen vorzüglichen Tropfen.
Ein "Bäckerbursche" stellt uns einen Teller mit einem ganzen Mohn-Guglhupf
in unser Tisch-"Revier". Die zweite lange Tafel hatte nur ein paar "Zahnlücken" in ihn geschlagen. Wir greifen zu und loben das Backwerk.
Man redet, man raucht. Die Kippen in den Aschenbechern werden zu Großfamilien.

Das Akkordeon lebt auf und donnert: "Charleston!!!"
Der Harlekin springt unvermittelt auf, stößt seinen Stuhl versehentlich um und hüpft auf die freie Fläche vor der Kellerstiege.
Das Akkordeon gibt sein Bestes und lässt kraftvoll die 1920er Jahre aufleben.
Der Harlekin tanzt zum rhythmischen Klatschen der etwas geschrumpften Faschingsgesellschaft ein umjubeltes Solo! Nun lassen auch weitere Kostüme die Zwanziger Jahre aufleben.

Pause. Verschnaufpause, die das Akkordeon mit dem "Bummerl" füllt.
Es wird ruhiger. Der Strohhut ist bei Mineral gelandet. Flaschen sammeln sich auch auf unserer Tafel wieder. Unberührt hängen Luftballons und Papierschlangen an den Wänden und lassen alles an sich vorüberziehen.
Die Mehlspeis-Türme werden kleiner.
Da nimmt das Akkordeon einen neuen Anlauf.

"Ich schenk dir nur rote Rosen …" klingt es aus allen Kehlen kurz vor 12. Der
-7-

Strohhut ist nun still geworden, der Matrose schaut müde vor sich hin, das rote Mascherl knabbert Salzgebäck. "Zillertaler Hochzeitsmarsch!" ruft eine Dame. Aufspringen, tanzen, klatschen, Hopp-hopp-hopp! Der Keller dröhnt. Eine Dame wirft ihr Hütchen weg.

Doch der atemberaubende Schwung weicht nun wieder einer dämpfenden "Waldesluhuhust …", worauf Ferienstimmung für himmlische Heerscharen folgt mit " Heut' kommen d'Engerln auf Urlaub nach Wien". Alle Stimmen sind wieder präsent, der Sommerhut, die Maus, der Harlekin, Papphütchen und Mascherln und die Damen, die schon etwas abgetakelt haben.

Null Uhr Fünf. Leere Stühle mir gegenüber. Ich harre aus und mache Notizen. "Dienst ist Dienst" denke ich. "I werd Sie imma mei Protokoll schreibn loassn, do brauch i dös net z' moachn." meint meine momentane Tischnachbarin.

"Du bist nicht allein", dröhnt es aus kräftiger Manneskehle. Ein Musette-Walzer lockt danach Paare aufs Parkett, und "Monsieur, Monsieur" lässt die Seine vorüberschwappen. Die Besatzung unserer Tafel schrumpft unbemerkt. Ich horche auf: "… an echt's Weaner Kind!" jubelt die sangesfrohe Gruppe. Zwar ohne Paul Hörbiger knistert doch etwas Filmatmosphäre im Raum, auch bei: "Jetzt trink'n ma noch a Flascherl Wein …hollahiahooo!" "Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld …". "Nach Hause, nach Hause, nach Hause geh'n wir nicht …" rollt es in orkanartiger Intonation über mich hinweg. Wein-, Schunkel- und Wienerlieder reichen sich die Hand und tanzen im alten Gewölbe. Titel werden angespielt, lassen kurze Verschnaufpausen. Das Akkordeonband reißt nicht ab, zieht alle Sänger mit, zieht und zerrt alle über die Mitternacht hinweg.

"Schlussmarsch!" ruft das gestreifte Mascherl und kann nicht mehr. Gelächter, Fingerklopfen, "Fliegermarsch". Und wieder braust wie ein sich plötzlich erhebender Sturm ein Wienerlied auf. Rhythmisches, donnerndes Klatschen. Die Tafel bebt.
"Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus …". Mein verkatertes Ich horcht auf. Sollte dies, kurz vor 1 Uhr, der krönende Abschluss sein???
Nein.
Lauthals musikantenstadelt der Akkordeon-"Karl Moik" sein "Servus, pfiat Gott und auf Wiedersehn". Spitzenhütchen und Räuber sind nun müde und stumm geworden. Der Akkordeonspieler gibt nicht auf und reißt alle mit der Feststellung mit: "So ein Tag, so wunderschön wie heute …", verabschiedet sich aber schließlich mit "Auf Wiedersehn, auf Wiedersehn …" und zieht mit der ganzen Faschingsgesellschaft "unter die Laterne" zu Lili Marleen.
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Ein Uhr fünfzehn. "Zschschsch… …" - der letzte Schnaufer des Akkordeons.
Es atmet aus - mein Schädel atmet auf.
Der Musikant sattelt ab.
Dankbarer, kräftiger Beifall!!!

Stimmengewirr, Stühlescharren, Gläser- und Tellerklirren. Abmarsch in die Pfarr-Kuchl. Mehlspeisreste werden auf Tellern zusammengepackt und im Kuchl-Kühlschrank verstaut. Bezuckerte und völlig zerknüllte Servietten finden sich im Papierkorb ein. Stühle werden an ihre alte Position gebracht.
Prüfender Blick ringsum.
Schluss!
Aus!
Ruhe!

Keller und Pfarrgebäude werden verschlossen.
Wir stehen im Pfarrhof. Schwarze Stille. Grüner Veltliner und Blauburger verlangsamen meinen Blick gen Himmel. "Jetzt trink'n ma noch … Servus, pfiat Gott … an echt's Weaner Kind!" hallt es in mir still nach.
Ich trinke die frische, kühle Luft, die durch alle Adern fließt. Der hohe, tiefschwarze Himmel hat mit seinen Millionen uns unverständlichen Lichtsignalen etwas Überirdisches, Außerirdisches.

"Heert's, Leitln, vergesst mir meine Bosnier net!" erinnert Fritzi die nun entschärften und etwas ausgefransten Kostüme. "Noch warme Gard'robe brauch ma, aber a scho wos fir's Frühjoahr, a Kinderspielzeig… In meiner Garage is nau vüüü Platz! Nächste Woch'n soin die si wieder Sochn hoin."
"Jo, i bring da moagn noch da Messe a Kofferraum vull, a vun unsan Nochbarn." erwidert Spitzenhütchen. "I hob vier vawochsene Wintermäntel un a no an guatn Janker vuam Koarl - dös bring i dir a," fügt der Harlekin hinzu, "a noch da Sunndogs-Mess'."
"I donk eich schee! Pfiat eich Goott! Un aufg'raamt un geputzt wird moagen a noch da Mess'! Seid's oalle do!!!"
"Kloa!!" "Pfiat di!" "Pfiat di!" verabschieden sich alle. "Pfiat eich Goott noch a moal!"

Der dunkle Pfarrhof ist nun gespenstisch still.
Irgendwo in Richtung Manhartsberg heult ein Hund und verstummt gleich wieder.

-9-

Fritzis Auto steht ein paar Schritte weiter in der Pfarrgasse.
Unter unseren Sohlen knirschen die Steinchen.

Ich tanke frische Luft.
Fritzi setzt mich vor unserer Haustür ab. Alle Häuser schlafen im trüben Licht der Straßenlaternen.

"Hot's da g'folln?" fragt sie "Ja, es war eine sehr gelungene Veranstaltung! Alles passte! Danke nochmals für deine liebe Einladung!" "Schreibst wos Scheen's?!" "Klar, Fritzi, wie immer!" Ich öffne die Autotür. "Tschüß! Schlaf gut und träum von diesem Erfolg!" "I donk da, und pfiat di Gott!"

Das Quietschen der Haustür durchsticht die klare Stille der Nacht in dieser Kleinstadt.
Stille auch in unserer Wohnung. Fast 2.00 Uhr. Mein Sohn Christoph schläft.
Ich lasse den Abend Revue passieren und bin plötzlich putzmunter. Den Geschmack des edlen Muskatellers noch in Erinnerung, beschließe ich, meine Eindrücke sofort aufzuschreiben. Der kurze Artikel hat Zeit.
In meinem Schreibtischsessel schläft ein Plüschtier, das ich nun auf den Schreibtisch verfrachte und selbst Platz nehme.

Überschrift:
"Als Faschingsmuffel im Retzer Pfarrkeller!
oder "Ein stoischer Mehlspeis-Freak unter Narren"

(von Maxi Herta Altrogge)

Wie beginne ich? Der allererste Satz ist so wichtig….
Ich schreibe. Ich schreibe, schreibe, schreibe…. schreibe….. und lande schließlich bei den Mehlspeisen. Meine Augenlider werden schwerer.
Was gab es da bloß alles für gute Sachen? Das ist österreichische Alltags-Kulturgeschichte! Die muß ich unbedingt festhalten! Und wenn ich mir alles so recht überlege: Bei solchen Mehlspeisen könnte ich fast (!!) eine zweite Faschingsfeier verkraften ……bin mir aber doch als echter "Faschingsmuffel" nicht so ganz sicher.

Mein brummender Schädel strengt sich an: Was gab es da bloß alles für köstliche Backwerke?!?!
Schokoladenkuchen, Hirschhornkuchen mit Zuckerguß, Vanille-Kipferl,

-10-
Topfenkolatschen, Powidltascherln, Bisquit-Omlets mit Obers und Früchten,
Marillenschnitten, Erdbeer-Obers-Rouladen, Bisquit-Vanille-Schnitten,
Linzer Torte, Kokoskuppeln, Mohnkuchen, meine Waffelrosen nicht zu vergessen,
Topfentascherln, Sachertorte, Guglhupf, Nußschnecken, Pogatscherln,
Marmorkuchen, Obers-Topfen-Schnitten ….. Bisquit …. Nußkipferl …….
Marillen ….. Mohn …..Schokoladenku…….Kipf..Kipferln………Tasch……

Pudding-Krapf….. …Eszterha ………………………….

"Schee woar's!"

Gute Nacht ……………………………

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