50 Jahre Österreichische Namenforschung
Eine Gans geht nach Schwarzbach

50 Jahre Österreichische Namenforschung im Stifter-Institut Linz. Karl Hohensinner, Petra-Maria Dallinger, Stephan Gaisbauer. | Foto: Robert Zinterhof
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Heimspiel für Karl Hohensinner. LINZ, GREIN. Hochkarätig besetzt war die Jubiläumstagung 50 Jahre ‚Österreichische Namenforschung‘ im Adalbert-Stifter-Institut Linz. Petra-Maria Dallinger, Direktorin des Adalbert-Stifter-Instituts des Landes Oberösterreich konnte die führenden Namenforscher aus Österreich, Deutschland, Schweiz und Ungarn begrüßen. Bestens organisiert vor Ort und moderiert hat diese zweitägige Tagung Sprachforscher Stephan Gaisbauer vom Stifter Institut mit seinem Team. Peter Ernst, Universität Wien, ist der Herausgeber der jubilierenden Zeitschrift „Österreichische Namenforschung“. Er ist voll des Lobs für die sprachwissenschaftlichen Aktivitäten des Stifterinstituts: „Das Stifterinstitut ist nicht nur eine erste Adresse der Sprachwissenschaft, sondern auch bekannt für die Gastfreundschaft. Wie Peter Ernst informierte, wird künftig die Zeitschrift „Österreichisches Namenforschung“, als Buch herausgegeben. Die Linzer Jubiläumstagung erscheint somit in Buchform.

Wo ist Orla?

Ein Heimspiel hatte der Greiner Karl Hohensinner. Er vertrat das Stifter Institut beim öffentlichen Abendvortrag mit dem Thema „Auf der Suche nach Ortsnamen im Werk Adalbert Stifters". Es wäre nicht Hohensinner, wenn er nicht schon beim Einstiegssatz für Spannung, Neugierde und Aufmerksamkeit gesorgt hätte. „Es geht eine Gans nach Schwarzbach…“, zitierte Karl Hohensinner aus einem Stifter-Werk, das erst nach dem Tod des Dichters veröffentlicht wurde. Der kleine Adalbert sitzt im Haus seiner Eltern. Schaut aus dem Fester. Er geht von da nach dort. Aber wo ist Schwarzbach, Orla, Heide usw? Karl Hohensinner richtet seinen Blick aus der Perspektive der sprachwissenschaftlichen Namenforschung auf Stifters Werk und stellt eine Reihe von Fragen: Welche Ortsnamen sind zeitgenössisch üblich? Waren diese für die Leserschaft erkennbar und einer Gegend zuordenbar? Welche Namen sind Verfremdungen real existierender Namen? Welches Wortmaterial wurde von Stifter zur Bildung exotisch wirkender Namen herangezogen? Hat Stifter vielleicht bei Kutschenfahrten Wörter und Namenteile aufgesammelt, um daraus literarische Ortsnamen zu bilden? Karl Hohensinner begeisterte wieder einmal seine Zuhörer.

"Neger bleibt Neger"

Die Palette der Themen war vielfältig. Neger, Mohr usw. sind in Texten ein No-Go. Aber wie steht es bei den Familiennamen Neger, Mohr usw? Dazu gab es eine klare Antwort. "Neger bleibt Neger. Mohr bleibt Mohr". Jeder hat ein Recht auf seinen Namen!

Falle Aussprache

Hubert Bergmann, Akademie der Wissenschaft, sprach über die Aussprache von Familiennamen. Dabei gibt es viele Fallen. Resetarits: ausgesprochen "Resetaritz", richtig "Reschetaritsch" (Bedeutung: Siebmacher). Ungarn, Tschechen und Kroaten wundern sich, wie ihre Namen bei uns klingen! Nagy wird meist als "Naagi" ausgesprochen. Richtig wäre so etwas wie "Notsch" (Bedeutung: Groß). Doležal wird als "Doletzal" ausgesprochen, richtig "Doleschal" (Bedeutung: hat sich dazugelegt).
Namen in altertümlicher Schreibung werden "nach der Schrift" ausgesprochen. Zum Beispiel Hofmann mit kurzem o, obwohl es von Hof kommt und nicht von hoffen. Hueber und Huemer werden auf dem ersten e betont, damit sie feiner und städtischer klingen. Richtig wäre eigentlich die Betonung auf dem u, wie es im Dialekt üblich ist.
Wie sprechen Sie Landeck oder Silian aus? Betonen Sie den ersten Teil oder den zweiten Teil des Worts.

Hinaus zum Volk
Albrecht Greule, Regensburg, forderte auf, die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Namenforschung einer noch breiteren Masse zukommen zu lassen. Die Namenforschung interessiert. Elisabeth Gruber Tokic und Gerhard Rampl, Uni Innsbruck informierten über ein Erfolgsprojekt: 120.00 Flurnamen wurden dokumentiert. Die Kenntnis der Flurnamen ist z.B. bei Rettungseinsätzen von Vorteil.  Spannend auch Ulrike Thumberger, Wien. Sie beschäftigte sich mit den Eigennamen in österreichischen Songs und ihr Beitrag zur Konstruktion nationaler Identität.
Etwas neidisch könnte man in die Schweiz schauen. Hier hat die Namenforschung einen wichtigen Stellenwert. Martin Hannes Graf und Simone Berchtold Schiestl gaben einen aufschlussreichen Einblick in die Schweizer-Namenforschung. In Österreich sind viele Projekte in der Warteschlange. Die Institute müssen mit ihrem Geld sparsam umgehen.

https://www.stifterhaus.at

http://www.praesens.at/praesens2013/oesterreichische-namenforschung-48-2020

Die Vortragenden:
PETER ERNST (Wien): Eine kurze Geschichte der Zeitschrift ‚Österreichische Namenforschung‘
WOLF-ARMIN FRHR. VON REITZENSTEIN (München): Die Zeitschrift ‚Blätter für oberdeutsche Namenforschung‘
ALBRECHT GREULE (Regensburg): Namen – im Zeichen von Migration, Popularisierung und Digitalisierung. Versuch einer Standortbestimmung
THOMAS LINDNER (Salzburg): Das ‚Historisch-etymologische Lexikon der Salzburger Ortsnamen‘
ELISABETH GRUBER-TOKIĆ / GERHARD RAMPL (Innsbruck): Flurnamendokumentation Tirol: derzeitiger Stand & Zukunftsperspektiven
WOLFGANG JANKA (Regensburg): Die ortsnamenkundlichen Projekte der Kommission für bayerische Landesgeschichte
HUBERT BERGMANN (Wien): Zur ‚Orthoepie‘ österreichischer Familiennamen
HARALD BICHLMEIER (Jena): Vorstellung erster Ergebnisse des Projekts Sprach- und Kulturdynamik in einer Frontiergesellschaft: Neue Perspektiven auf Nordostbayern und Westböhmen im frühen Mittelalter (Universität Heidelberg / Universität Prag)
MARIETTA CALDERÓN (Salzburg): Onomastik in der deutschsprachigen Romanistik und damit verbundene Interdisziplinarität sowie aktuelle Desiderata
ULRIKE THUMBERGER (Wien): Eigennamen in österreichischen Songs und ihr Beitrag zur Konstruktion nationaler Identität
MARGARETE PLATT (Wien): Flurnamen − aus dem Mittelalter ins 21. Jahrhundert17:15–18:30 Pause
KARL HOHENSINNER (Linz): Auf der Suche nach ‚Orla‘: Ortsnamen im Werk Adalbert Stifters
MARTIN HANNES GRAF (Zürich): Perspektiven der Namenforschung in der Schweiz
Simone BERCHTOLD SCHIESTL (Bern): Der ‚Familiennamenatlas der Deutschschweiz‘
MÁRTA MÜLLER (Budapest): Hodonymische Namensgebungsnormen im Ofner Bergland
FLORIAN JORDAN (Klagenfurt): Dokumentation von mündlich überlieferten slowenischen geographischen Namen in Kärnten – Verschriftlichung und Standardisierung
HEINZ-DIETER POHL (Klagenfurt): Kärnten/Koroška − 1000 Jahre gemeinsames slowenisches und deutsches Namengut
EMANUEL KLOTZ (Innsbruck): Neues zu den slawischen Ortsnamen in Osttirol

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