6. Internationales Menschenrechtesymposium
"Hemmschwelle sinkt: Folter auch 2022 Thema"

Organisatoren, Experten und Aktivisten können auf ein erfolgreiches Symposium zurückblicken. | Foto: Eckhart Herbe
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Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbietet jegliche Form von Folter und Erniedrigung. Das 6. Internationale Menschenrechtesymposium der Bewusstseinsregion, erstmals unter ehrenvoller Schirmherrschaft der UNESCO, spürte aus unterschiedlichsten Blickwinkeln Verbesserungen, aber auch Defiziten im Umgang mit diesem Thema  nach. Das Fazit: Wo Verlust der Würde oder erniedrigende Arbeitsbedingungen herrschen, fallen Hemmungen, den Schritt in Richtung körperlicher oder seelischer Gewalt zu tun. Humanitäre Wachsamkeit ist unverzichtbarere denn je.
ST.GEORGEN, LANGENSTEIN, MAUTHAUSEN. Eine positiv - nachdenkliche Bilanz zog das Organisationsteam rund um Geschäfsführerin Andrea Wahl: "Unsere Veranstaltungen, Workshops und Rundgänge waren durchwegs sehr gut von Menschen quer durch alle Gesellschaftsschichten frequentiert; die Auseinandersetzung mit dem Thema Folter auch online intensiv. Der Blick ging sowohl zurück in die regionale Geschichte schwenkte aber ebenso auf aktuelle Brennpunkte wie Ukrainekrieg und Protestwelle im Iran."
Autor Michael Köhlmeier und die Musiker der "Tonfabrik" lockten mit einem "zärtlich-radikalen" Plädoyer für eine offene, humane Gesellschaft 130 Besucher in den Mauthausener Donausaal. Gefragt waren auch Christine Nöstlingers kluges Figurentheaterstück für Kinder "Wir pfeifen auf den Gurkenkönig", das Literaturfrühstück im Haus der Erinnerung und "Poetry Slam meets Groove Music" samt jazziger Afterparty in Mauthausen. Viele Interessenten nutzten die Gelegenheit, sich über Historie und aktuellsten Projektstand der heuer von der Republik erworbenen Lagerareale im ehemaligen KZ Gusen zu informieren.

Oft "normale Menschen" als Täter

So verschieden die Zugänge auch waren - ein Aspekt tauchte immer wieder in den Statements und Diskussionen der nationalen und internationalen Experten mit den Besuchern auf: Folter und alle Grausamkeiten, die Menschen einst wie heute einander antun, finden ihren Nährboden im Wegschauen, Entwürdigen und Geringschätzen, im Mangel an Zivilcourage, dagegen aufzutreten: "Die abstoßendsten Täter waren und sind meist keine abgrundtief bösen Berufsverbrecher, sondern 'ganz normale Menschen', die durch Wegschauen und oft politisch gesteuerte Hetze mehr und mehr zum Tabubruch ermutigt wurden. Falsch verstandene Gruppensolidarität, vom Ignorieren rassistischer oder sexistischer Witze in der Firma bis hin zum Decken von Demütigungen und Misshandlungen durch Einzelne bei Polizeieinsätzen, die letztendlich alle Kollegen in ein schiefes Licht rücken. Es vergiftet ganze Systeme, macht 'Gute' zu Geiseln weniger 'Böser', im Kleinen wie im Großen", so das Resümee.

Emotionale Botschaft des EU-Vizepräsidenten

"Putins Verbrechen begannen schon lange vor der Ukraine, gestützt von stummer Ignoranz durch die Welt, auch jener der EU. Weil billiges Gas wichtiger war als ermordete Journalisten und Kritiker, geknechtete Minderheiten oder staatlich drangsalierte Menschenrechtsorganisationen. Jetzt über ein Ende der Sanktionen zu spekulieren, ist falsch und naiv. Wir haben beschämend lange zugeschaut, wie Erniedrigung der Menschenrechte stattfindet. Wenigstens jetzt ist es unsere Pflicht vor der Menschheitsgeschichte, Folterer wie Putin in die Schranken zu weisen", so ein hochemotionaler Othmar Karas, erster Vizepräsident des EU-Parlaments, in seiner Grußbotschaft.

Zivilcourage unverzichtbar

"Lügen, ob Krieg, Klima oder Corona, bedrängen elementarste Menschenrechte. Wir fühlen Ohnmacht. Selbst viele, die bisher tolerant und humanitär waren, resignieren; verzweifeln an Korruption der Eliten und Perspektivenlosigkeit ihres Umfelds. Aber gerade jetzt brauchen wir Courage mehr denn je. Ein Wort der Wahrheit wiegt mehr als die ganze Welt", appellierte auch Guy Dockendorf (Präsident Internationales Mauthausenkomitee) mit einem Zitat von Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn.

Unabhängige Ermittlungsstelle überfällig 

Wer als Staatsmacht Verhafteten oder Flüchtlingen Sicherheit, (saubere)Kleidung, Essen oder Rechtsbeistand verwehre, sie prinzipiell duze oder auf andere Art erniedrige, senke die psychischen Hürden für Übergriffe, konstatierte Menschenrechtsanwalt Georg Bürstmayr. Er ist vorsichtig optimistisch, die lange geplante "Unabhängige Beschwerde- und Ermittlungssstelle" bis Jahresende in Österreich realisiert zu sehen. Sie würde einen positiven Kulturwandel in der Exekutive bewirken und das Vertrauen in die Polizei stärken. Ins gleiche Horn stieß auch die Juristin Teresa Exenberger (Amnesty International). Misshandlungsvorwürfe bei Polizeieinsätzen würden kaum unabhängig untersucht, nur einer von zehn Fällen angeklagt und Anzeiger müssten oft mit Gegenanzeigen der betroffenen Beamten rechnen. "Weder für Opfer noch Polizisten ein seriöser Weg, derartige Situationen sachlich und juristisch sauber aufzulösen", so Exenberger.
Alleine diese Statements aus der Eröffnungsveranstaltung illustrieren, wie vielfältig - und unverzichtbar- die konsequente öffentliche Auseinandersetzung mit dem Schutz der Menschenrechte ist. Das diesjährige Symposium hat dem Anliegen einen würdigem Baustein hinzugefügt.

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