Von Pionieren erbaut
Wasserkraftwerk an der Landesgrenze läuft seit 100 Jahren

- Das Wasserkraftwerk Kaltental. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 2022.
- Foto: LINZ AG/groxpressimages.at
- hochgeladen von Michael Köck
Seit 1925 erzeugt das Kraftwerk Kaltental an der Kleinen Ysper zwischen Ober- und Niederösterreich Strom aus erneuerbarer Energie.
WALDHAUSEN IM STRUDENGAU, DORFSTETTEN, ST. OSWALD. Steiles Gefälle, rundherum Wald: Dort, wo die kleine Ysper die Landesgrenze bildet, wird seit exakt 100 Jahren Strom erzeugt. Ab August 1924 wurde das Wasserkraftwerk Kaltental zwischen zwei Sägen erbaut, noch vor Weihnachten leuchteten die ersten Glühbirnen. Bereits im Februar 1925 ging das Kraftwerk in Vollbetrieb. Hinter der Errichtung stehen Pioniere, deren Wirken damals zum Teil kritisch beäugt wurde.

- Bau des E-Werks Kaltental 1924/1925
- Foto: Topothek Dorfstetten
- hochgeladen von Michael Köck
Waldhausner Pfarrer als "Motor"
Der Waldhausner Gottfried Hader hat dazu recherchiert. Sein Großvater, der damalige Bürgermeister Franz Leitner, gehörte zu den Gründern. Besonders hervor streicht Hader das Engagement des Pfarrers Josef Schreiberhuber. Dieser fungierte als Gründungsobmann der Elektrizitätsgenossenschaft Kaltental und sei treibende Kraft gewesen. "Es war für die damalige Zeit eine Wahnsinns-Leistung, das Werk zu bauen", sagt Hader. Es habe damals Vorbehalte gegeben, viele Menschen trauten der elektrischen Energie nicht. Der Pfarrer versuchte, sie zu überzeugen. "Neben dem Licht bedeutete der Strom eine enorme Arbeitserleichterung, speziell in der Landwirtschaft." Finanziell rechnete sich für die Gründer die Errichtung nicht, im Gegenteil. Der Pfarrer verstarb 1929, nur wenige Jahre nach der Eröffnung, viel zu früh.
Turbinen laufen bis heute
Versorgt wurden neben Waldhausen die Nachbargemeinden Nöchling, Dorfstetten, St. Oswald, Altenmarkt, Ysper und Dimbach. Die vor 100 Jahren gebaute Anlage umfasst Einlaufwerk, Klärbecken, eine 460 Meter lange Druckrohrleitung und das Werkshaus. Bis heute hat sich wenig verändert, die zwei Turbinen laufen immer noch.
Zweitgrößtes E-Werk im Mühlviertel
Der Sarmingsteiner Markus Pöcksteiner berichtet in seinem Buch "Historischer Strudengau": Um 1900 kam der elektrische Strom in den Strudengau. Die meist in Wassermühlen eingesetzten Generationen konnten aber nur wenigen Häusern Licht bringen. Um ganze Gemeinden zu versorgen, brauchte es größere Kraftwerke. Diese entstanden ab 1920 entlang der Bäche. Das Kraftwerk Kaltental sei einst das zweitgrößte Elektrizitätswerk im Mühlviertel nach dem Speicherkraftwerk Partenstein gewesen. Die Errichtung erfolgte in sechs Monaten. Bis zu 120 Personen arbeiteten daran, teils in Nachtschichten. In der Druckrohrleitung flossen 300 Liter Wasser pro Sekunde zum Kraftwerk.
Seit 50 Jahren in neuen Händen
1974 erfolgte der Verkauf an die Einzelbetrieben Elektrizitäts-, Fernwärme und Verkehrsbetriebe AG (ESG), ein Vorgängerunternehmen der heutigen Linz AG. Diese betreibt das 1989 sanierte Kraftwerk im Kleinen Ysperbach auch nach 100 Jahren weiter. Die Generatoren der Anlage werden mit zwei Francis-Turbinen angetrieben, die jährlich rund 1.200 Megawattstunden Strom erzeugen. Das entspricht umgerechnet in etwa dem Verbrauch von 400 Haushalten. Betrieben wird das unbesetzte Kleinwasserkraftwerk Kaltental von der Warte im Fernheizkraftwerk Linz-Mitte der Linz AG. Alle erforderlichen Daten werden dorthin übertragen. Im Falle einer Störung kann über eine Außen- beziehungsweise Servicestelle schnell reagiert werden, heißt es von der Linz AG. Neben Kaltental betreibt der Energieversorger das Kleinwasserkraftwerk Pierbach und das Wasserkraftwerk Kleinmünchen.
Links zum Thema
Informationen zum Werk "Historischer Strudengau. Alltägliches und Kurioses aus einer vergangenen Welt. Band I (2021)" von Markus Pöcksteiner
Zum Bericht auf der Homepage von St. Oswald anlässlich 100 Jahre
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.