Zwei Bettler sind doppelt so arm wie ein Bettler
Der Greiner Bürgermeister Manfred Michlmayr (SP) bekennt sich im Interview mit der BezirksRundschau zur Bürgermeister-Plattform. Er ärgert sich, als Abgangsgemeinde am Gängelband des Landes Oberösterreich zu hängen.
BezirksRundschau: Wie stehen Sie zur Bürgermeister-Plattform?
Manfred Michlmayr: Zwei Drittel der Gemeinden in Oberösterreich können ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen. Das kann nicht daran liegen, dass die Gemeinden nicht mehr wirtschaften können! Die Gemeinden bekommen immer mehr Pflichten auferlegt, das notwendige Geld dazu nicht. Da darf es nicht wundern, wenn sich Gemeinden organisieren und Widerstand leisten. Ich bekenne mich zur Plattform und ihren Forderungen und werde mich der Gruppe anschließen. Meine Geduld und Leidensfähigkeit ist erschöpft, es muss sich dringend etwas ändern, weil dieses Dahinwurschteln kann so nicht weitergehen.
BezirksRundschau: Was bewegt Sie als Bürgermeister derzeit am meisten?
Michlmayr: Die Finanznot. Man hängt am Gängelband.
BezirksRundschau: Ein Beispiel dazu?
Michlmayr: Ein Einsatzfahrzeug unserer Feuerwehr hatte eine Reifenpanne. Die Reifen waren 21 Jahre alt! Was tut man? Auf den Felgen zum Einsatz fahren? Natürlich kauft man neue Reifen. Halt, das geht nicht! Wir warten seit zwei Monaten gespannt darauf, ob unser untertänigstes Ansuchen bewilligt wird. Allein die Tatsache, dass man Selbstverständlichkeiten genehmigen lassen muss sie werden sonst in der Abgangsdeckung nicht ersetzt ist unmöglich, demütigend, schwachsinnig und produziert nur völlig überflüssigen Aufwand.
BezirksRundschau: Drohen neue Belastungen?
Michlmayr: Ja, wir haben erfahren, dass die Betriebsgesellschaft für den Machlanddamm pro Jahr 2,1 Millionen Euro für Wartung und Pflege des Bauwerks brauchen wird. Selbst unter Annahme einer Kostendrittelung zwischen Bund, Land und Gemeinden müsste jede der sieben beteiligten Gemeinde 100.000 Euro jährlich aufbringen. Das kann sich keine Gemeinden leisten. Da gibts keine Motivation mehr für Einsparungen, denn das Ziel, wieder ausgeglichen bilanzieren zu können, rückt damit in unerreichbare Ferne.
BezirksRundschau: Kommt in Grein die vom Land geförderte Photovoltaik-Anlage auf Schuldächern?
Michlmayr: Wir dürfen diese Aktion nicht nutzen. Die Gemeinde müsste dafür etwa 5000 Euro pro Anlage aufbringen. Auf meine Anfrage, ob Abgangsgemeinden das auch dürfen, habe ich eine Absage bekommen. Damit sind zwei Drittel der Gemeinden in Oberösterreich von der Förderaktion des Landes ausgeschlossen.
BezirksRundschau: Wie kann man hier gegensteuern?
Michlmayr: Sofortige Änderung des Finanzausgleichs zu Gunsten der Gemeinden. Abdeckung der steigenden Ausgaben und Defizite für Pflege und Spitäler durch eine Solidarversicherung und durch zusätzliche Einnahmen, etwa durch Erhöhung der Bemessungsgrundlage bei der Sozialversicherung.
BezirksRundschau: Was bringt die Zusammenlegung von Gemeinden?
Michlmayr: Nichts. Zwei Bettler sind doppelt so arm wie ein Bettler. Kooperationen, dort wo sie sinnvoll sind, gibt es bereits: Bezirksabfallverband, Wegerhaltungsverband, Sozialhilfeverband und mehr. Es kann einzelne Situationen geben, wo es Sinn macht Gemeinden zusammenzulegen. Zu meinen, damit seien alle Probleme gelöst, ist blanker Unsinn.
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