Medikamentenmangel im Pielachtal
Lieferprobleme in den Apotheken
Medikamentenmangel im Pielachtal, die Apotheker erklären die aktuelle Situation in der Region.
PIELACHTAL. Die Nase läuft, man hat Fieber und fühlt sich schlecht, will einfach nur schnell Medikamente und ins warme Bett zum Schlafen, aber mit schnell ist gerade nichts. Vor den Apotheken stehen Menschentrauben und es dauert.
Versorgung ist sichergestellt
"Die Situation ist nicht neu für die Apotheken, seit Corona gibt es Lieferprobleme. Wir konnten bis jetzt die Versorgung immer sicher stellen. Es bedarf aber eines enormen Zeitaufwandes für mich und meine Mitarbeiter, wir brauchen sicher zwei bis drei Stunden täglich, um Alternativprodukte zu suchen", erklärt der Apotheker Christoph Stelzer. Bei ihm in Ober-Grafendorf fehlen aktuell 230 Medikamente, die gebraucht werden. In Hofstetten-Grünau ist die Situation ähnlich, der Apotheker Josef Schinoda schildert: "Den Luxus, den wir hatten, gibt es im Moment nicht mehr. Ich hätte nie gedacht, dass in unserem Jahrhundert so etwas vorkommt. Zu Lieferengpässen kommt es immer wieder bei fiebersenkenden Mitteln, Schmerztabletten und -säften. Aber kein Grund zur Panik, hier kann man auf Präparate von anderen Firmen zurückgreifen, wir sind sehr bemüht, alles zu besorgen." "Momentan sind rund 600 Präparate nicht lieferbar", informiert Heinz Haberfeld, Präsident der NÖ Apothekerkammer im Gespräch mit den BezirksBlättern. Hauptsächlich betroffen seien vorwiegend Antibiotika, vor allem Penicillin.
"Geduld ist gefragt, der Kunde muss öfter zwischen Arzt und Apotheke hin und her, erklärt Apotheker Schinoda.
So kommt’s dazu
Lieferprobleme und -engpässe gäbe es seit mehreren Jahren, diese haben sich aber in den letzten Wochen verstärkt. Das sei auf die aktuell hohe Nachfrage bei Antibiotika, schmerz- und fiebersenkenden Mitteln zurückzuführen. "Momentan haben wir drei bis vier Infektionskrankheiten nebeneinander – Corona, RS-Virus, Influenza, Erkältungen. Das haben wir in dieser Intensität noch nie gehabt", berichtet der Apotheker. Eine österreichweite Krisenbevorratung gibt es leider nicht. Wäre dem so, gäbe es solche Probleme nicht. "Man bemüht sich aber, um eine homogen flächendeckende Verteilung der Vorräte." Dennoch: Apotheken sollten Lieferengpässe einzelner Medikamente bis zu einem Monat überbrücken können.
Einen zweiten Grund für das Problem nennt der Niederösterreicher: "Die Abhängigkeit von Indien und China. Österreich ist ein Arznei-Billigland. Man konnte in Österreich nicht mehr kostendeckend produzieren und hat die Produktion in andere Länder verlegt." Durch Lockdowns und hohe Infektionszahlen kommen viele Arbeiter nicht in die Fabriken, "Container warten in den Häfen Chinas auf die Umladung."
Tipps für sichere Versorgung
"Einen Monatsvorrat lebensnotwendiger Medikamente und solche, die regelmäßig eingenommen werden müssen, sollten Betroffene zu Hause haben, um einen Engpass überbrücken zu können." Aber von Hamsterkäufen rät der Präsident der NÖ Apothekerkammer dringend ab, denn "das würde die Situation negativ verschärfen. Und das wollen wir alle nicht, also weiter durchhalten."
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