Weltkulturerbe Pinzgauer Tracht
"Der Überrock ist viel mehr als nur ein Kleid"

Das traditionelle Pinzgauer Festgewand wurde ins Verzeichnis des "immateriellen Weltkulturerbes" des UNESCO aufgenommen. | Foto: Bernie Eberl Fotografie
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  • Das traditionelle Pinzgauer Festgewand wurde ins Verzeichnis des "immateriellen Weltkulturerbes" des UNESCO aufgenommen.
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KAPRUN: Wenn die Kaprunerin Barbara Rainer über ihren "Überrock" sprícht, spürt man die Freude und Leidenschaft, die hinter der vor kurzem zum "immateriellen UNESCO Weltkulturerbe" erklärten Tracht steckt – und warum viele Pinzgauerinnen sie mit Stolz tragen.

"Meine Mama hat zum 60iger ein Steppmieder von uns allen bekommen. Damals dachte ich noch: Puh, so was Altes – das wär nichts für mich", verrät sie. Als Mitglied und Schriftführerin der Katholischen Frauenschaft ("zuerst war ich ja nur arbeitendes und zahlendes Mitglied, weil ohne Überrock") stand der Wunsch nach einer eigenen Tracht aber bald doch irgendwie im Raum. "Zu meinem 55. Geburtstag stand dann plötzlich überraschend meine Mama vor der Tür und überreichte mit feierlich ihr Mieder – ein total emotionaler Moment", schildert Barbara Rainer.

Langsam hineinwachsen

"Da meine Mama viel schmäler ist als ich, landete das Teil erst einmal auf dem Dachboden", lacht die Kaprunerin. "Aber irgendwann dachte ich: Meine Mama soll das zu Lebzeiten noch sehen, dass ich ihr Steppmieder trage. Das war auch ihr Wunsch."

Sie wandte sich also an Schneidermeisterin Christine Eberl in Leogang, eine der beiden Initiatorinnen für das Weltkulturerbe-Verfahren. Die Schneiderin passte das Mieder an und nähte einen Unterrock dazu. Und etwas Besonderes gelang ihr obendrein: "Es gab noch einen Überrock von meiner Oma. Aus dem hat Christine so viel herausgebracht, dass es für mich ein 'Schwarzes' für Beerdigungen abgab. Jetzt ist das Gewand sozusagen ein Generationenüberrock, bei dem mir die Oma gleichsam über die Schulter schaut. Als ich die Tracht zum ersten Mal anzog – wow! Da lief es mir richtig kalt über den Rücken."

Fesch in Tracht: Der Überrock kommt nie aus der Mode und wird traditionsgemäß in der Familie von der Mutter an die Tochter weitergegeben. | Foto: Bernie Eberl Fotografie
  • Fesch in Tracht: Der Überrock kommt nie aus der Mode und wird traditionsgemäß in der Familie von der Mutter an die Tochter weitergegeben.
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...und natürlich ein Hut

Die charakteristische Kopfbedeckung der Pinzgauer Tracht fand Barbara Rainer bei einer Schulfreundin in Zell am See, die einen über 100 Jahre alten Hut von ihrer Mama besaß, den sie aber nie trug.

"Damit war meine Tracht komplett", freut sich Barbara Rainer. "Beim ersten Kirchgang mit dem neuen G'wand bin ich extra nicht mit dem Auto gefahren, sondern zu Fuß gegangen – das war schon ein Gänsehautmoment, auf einmal so durchs Dorf zu gehen."

Kunstvoll aufgesetzt: "Den Hut gut zu befestigen, ist oft das Schwierigste." | Foto: Bernie Eberl Fotografie
  • Kunstvoll aufgesetzt: "Den Hut gut zu befestigen, ist oft das Schwierigste."
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Adaptiert für alle Lebenslagen

"Früher hatte man den Überrock ja das ganze Leben lang, von der Hochzeit bis zur Beerdigung", erzählt Barbara Rainer weiter. "Um ihn immer wieder anzupassen, gab es viele Nadeln und Haken, und man brauchte meist Hilfe beim Anziehen. Das ist bei vielen Überröcken heute noch so – meinen kann ich dank Christine Eberl allein und ohne große Mühe anziehen."

HIer sieht man sehr schön die aufwendige Verarbeitung des Steppmieders und, farblich abgestimmt, das Seidentuch und die Schürze. | Foto: Bernie Eberl Fotografie
  • HIer sieht man sehr schön die aufwendige Verarbeitung des Steppmieders und, farblich abgestimmt, das Seidentuch und die Schürze.
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Altes Handwerk

Die Ursprünge der Pinzgauer Festtagstracht reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück, Vorbild war die damals übliche bürgerliche und höfische Mode. Auf Initiative der Leoganger Schneidermeisterinnen Christine Eberl und Sandra Thaier wurde dieses seit fast 200 Jahren in den Salzbuger Gebirgsgauen getragene Festgewand Anfang November offiziell ins Verzeichnis des "immateriellen Weltkulturerbes in Österreich" der UNESCO aufgenommen.

Genau sind das der "Garnierspenzer mit Hut" und das "Steppmieder". Besonders der Garnierspenzer zeichnet sich durch äußerst aufwendige Fertigung und Auszierung mit Rüschen, Blüten und Blättern aus und erfordert viel handwerkliches Geschick – fast 130 Arbeitsstunden sind dafür nötig. Das Steppmieder wird durch Reliefstepperei geziert, dazu wird ein seidenes Tuch getragen, das dieselbe Farbe wie die Schürze hat. Der "Bürstelhut" gehört auch dazu – und ist gar nicht so leicht zu befestigen, wie Barbara Rainer verrät: "Aber mit der Zeit hat man den Dreh heraußen, damit er auch gut hält."

Perfekt in Szene gesetzt auf der Kapruner Burg... | Foto: Bernie Eberl Fotografie
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