GROHAG Idee empört Scientist for Future
"Staufrei über den Großglockner" sorgt für Aufregung
Die Idee einer Alternativroute über den Großglockner anstatt der Tauernautobahn A10 sorgt bei Autogegnern für Aufregung. Schlagabtausch zwischen der GROHAG und "Scientists for Future".
FUSCH/SALZBURG. Der Vorschlag des GROHAG Vorstandes Johannes Hörl an bestimmten Tagen An- und Abreisende Autos über die Großglockner Hochalpenstraße vergünstigt fahren zu lassen, stößt bei Vertretern der "Scientists for Future" auf pure Ablehnung.
"Es spielt auch nicht zur Sache, ob es auf der einen oder auf der anderen Straße mehr Autos sind, es sind im jedem Fall zu viele. Man sollte gerade zu froh sein, wenn durch Baustellen sozusagen Bremsen eingebaut werden und das befürworten und nicht als Hindernis sehen", findet Johannes Fiedler von den Scientists for Future, Fachgruppe Mobilitätswende.
Naturgemäß anders beurteilen das die Betreiber der GROHAG, die mit dem Angebot "Staufrei über den Großglockner" eine staufreie Alternative zur Tauernautobahn bieten wollen.
„Diese Aktion ist vor allem ein Dankeschön an unsere touristischen Partner und Beherbergungsbetriebe in den Regionen. Vor allem für unsere Gäste mit Zieldestination Hohe Tauern, Kärnten, Osttirol und Salzburger Land wird die vergünstigte Alternativroute über die Großglockner Hochalpenstraße ein sehr lohnendes Erlebnis werden. Kein Autobahnstau und entspannt durch die beeindruckende Hochgebirgswelt: die ideale Urlaubsan- und Urlaubsabreise.“
Johannes Hörl, Vorstand der Großglockner Hochalpenstraßen AG (GROHAG)
Das Angebot gilt nur am An- und Abreisetag und ist nur mit Buchungsbestätigung der Unterbringung in den angrenzenden Regionen in Kärnten, Osttirol und Salzburg gültig. Zudem gilt das Angebot nur in den Zeiten der A10 Tunnel-Sanierung, in der die A10 nur einspurig befahrbar ist. Das ist somit im Mai, Juni, September und Oktober diesen Jahres. Während der Hauptreisezeit im Juli und August pausiert die Baustelle auf der Tauernautobahn A10 und ist in beide Richtungen doppelspurig befahrbar.
Greenwashing laut Scientists for Future
Dieses Angebot sorgte für Empörung bei den Expertinnen und Experten der Fachgruppe für Mobilität der Scientists for Future. Sie kommentieren in einer Presseaussendung, dass "die GROHAG die Tunnelsanierung als Anlass dafür sieht, den Autoverkehr in der Hochgebirgsregion, quer durch Nationalpark und Landschaftsschutzgebiet, zu maximieren."
Weiters diskutieren sie, dass die Strecke über den Großglockner weitaus länger ist. Die Strecke von Bischofshofen bis Spittal/Drau beträgt auf der A10 104 Kilometer, über die Glocknerstraße seien es 188 Kilometer. Zudem führt diese Route auf 2.500 Meter Höhe in hoch sensibles alpines Geländer. Würde man laut scientists for Future mit 1.000 Autos pro Tag über drei Monate rechnen, würde das über 10 Millionen Fahrkilometer ergeben, was wiederhin über 2.000 Tonnen CO2-Ausstoß, Feinstaubbelastungen und entsprechende Unfallzahlen ergeben würden.
Strecke auf A10 durchaus zumutbar
Selbst bei einröhrigen Betrieb würde im Vergleich die Strecke auf der A10 nicht länger werden und es würden auch keine zusätzliche Höhenmeter ins Gewicht fallen, betonen die Wissenschaftler. Bei Tempo 60 im Tunnel und gutem Fahrverhalten würde sich die Fahrzeit um etwa 10 Minuten erhöhen. Dass es zeitweise zu Staus kommen wird, sei ebenfalls ein "kleineres Übel".
Weitere vermeintliche Klimaschutzmaßnahmen wurden von Scientists for Future als "Greenwashing" bezeichnet. Darunter wurden Tempo 70 und neue e-Ladepunkte auf der Glocknerstraße, welche die Klimabilanz um 90 Prozent verbessern sollen, genannt. "Auf einer Straße, die mit 36 Serpentinen rund 1.500 Höhenmeter überwindet, spielt eine Temporeduktion kaum eine Rolle für die Emissionen. Und auch noch so viele E-Ladestationen können bei einem Verbrenner ein einziges Gramm CO2 einsparen", schrieb man in der Aussendung.
Johannes Fiedler von der Fachgruppe Mobilitätswende der Scientists for Future zeigt sich schockiert über das Angebot und kommentiert, dass es für eine öffentliche Infrastrukturgesellschaft heute offensichtlich immer noch möglich sei, aus kommerziellen Motiven klar natur- und klimaschädliche Aktivitäten zu entwickeln.
Kaum mehr als 30 bis 40 Mehrfahrten
GROHAG Vorstand Johannes Hörl erklärt zu diesen Anschuldigen, dass sie sich die Zahlen genau angesehen hätten und verweisen auf Erfahrungswerte. "Wir haben zum Beispiel im Jahr 1999 aufgrund der Tauerntunnelsperre (Brand Ende Mai 1999) ebenso die Großglockner Hochalpenstraße als Alternativroute angeboten. Damals haben wir nicht nur für den Juni, sondern auch für die gesamte Dauer der Tunnelsanierung, also auch für Juli und August 1999, die Nachtsperre aufgehoben und den Tarif um 50 Prozent ermäßigt. Rund fünf Prozent Mehrfahrten waren das empirisch nachvollziehbare Ergebnis, insgesamt also zirka 10.000 Fahrten in diesem Jahr 1999", so Hörl.
Weiters verweist er auf den Vergleich, dass an einem starken Tag 100.000 Autos täglich auf der Tauernautobahn fahren. Auf der Großglockner Hochalpenstraße waren in der Hochsaison, welche bei der Aktion jetzt ausgenommen wurde, rund 50-100 Mehrfahrten zu verzeichnen. Da das Angebot nur in der Saisonrandzeit für Gäste mit Buchungsbestätigung ausgelegt wurde, würde es rechnerisch kaum mehr als 20 bis 40 Mehrfahrten geben, wenn zum Beispiel an einem Maitag 500 bis 800 Normalfahrten stattfinden würden.
Ausflugsfahrten werden mit An- und Abreise verbunden
"Das ist also im Verhältnis zu den Juli und Augusttagen bloß ein Bruchteil und fällt daher kaum ins Gewicht. Allerdings wird es für Nutzer und Naturliebhaber als freundliches Zeichen gesehen, weil sie nicht im Stau stehen und nicht bloß durchfahren, sondern bei der Genussfahrt ‚über den Großglockner‘ unsere Heimat und die wunderbare Naturlandschaft kennen lernen und hoffentlich wieder kehren", erklärt Johannes Hörl dazu und betont, dass übersehen wird, dass keine Mehrfahrten ausgelöst werden.
"Ausflugsfahrten werden dadurch auch weniger, mit unserem Angebot wird bereits die An- oder Abreise mit einer Ausflugsfahrt, die dann gespart werden kann, verbunden. Der menschlichen Denklogik folgend kann so tendenziell CO2 gespart werden, dazu kommt, dass die A10, die teilweise ebenso an National- und Biosphärenpark grenzt, und ihre Anrainer dadurch weniger Stau und Abgase erfahren."
Johannes Hörl, Vorstand der Großglockner Hochalpenstraßen AG
Ebenso würde die Staubberechnung von Scientists for Future als unrealistisch eingestuft werden, da diese auf den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate berechnet wurden. "Die Emissionsberechnungen sind ebenso unrealistisch, da wir mit täglichen Mehrfahrten bloß im mittleren zweistelligen Bereich rechnen und darüber hinaus im Verlauf der letzten Jahrzehnte auf eine Gesamtreduktion aller Schadstoffe von bis zu 90 Prozent verweisen können. Mithilfe der e-Mobilität werden wir die letzten zehn Prozent der Emissionen in den nächsten 10-15 Jahren noch einmal halbieren können", betont Johannes Hörl.
In jedem Fall zu viele Autos
Johannes Fiedler von den Scientists for Future, Fachgruppe Mobilitätswende, äußerte sich dazu und meint: "Es ist absurd, dass man versucht Autoverkehr in ein sensibles Naturgebiet zu leiten. Das ist so nicht mehr zeitgemäß, dass man das toll findet, dass mehr Autos fahren. Stattdessen muss man schauen, dass überall weniger Autos fahren. Das gilt für die Autobahn genauso wie für Nebenstraßen und Hochalpenstraßen." Zudem erwähnt er, dass e-Mobilität nicht die Lösung ist.
"Die Straßeninfrastruktur ist so flächenfressend, es gibt Lärm, Abrieb und alle möglichen Emissionen. Vor allem in einer Alpenregion soll es zu einem Flächenschonenden Umgang kommen und da sind andere Verkehrsmittel zum Bevorzugen. Man sollte sich davon verabschieden, dass Auto als allein-umsatzbringendes Mittel zu sehen. Es spielt auch nicht zur Sache, ob es auf der einen oder auf der anderen Straße mehr Autos sind, es sind im jedem Fall zu viele. Man sollte gerade zu froh sein, wenn durch Baustellen sozusagen Bremsen eingebaut werden und das befürworten und nicht als Hindernis sehen. Wir wollen nicht mehr Autoverkehr, sondern weniger", meint Fiedler abschließend.
Zur Sache
Die Großglockner Hochalpenstraße wurde am 3. August 1935 nach fünf Jahren Bauzeit eröffnet und galt damals als ein Meisterwerk österreichischer Ingenieurskunst. In der Wirtschaftskrisenzeit war sie ein Arbeitsbeschaffungsprogramm und schon damals als reine Tourismusstrecke geplant. Zudem ersetzte sie nach dem Verlust von Südtirol verlorengegangene Verkehrsachsen innerhalb Österreichs. Am 19. Februar 1931 wurde die Großglockner Hochalpenstraßen AG gegründet und gehört seit ihrer Gründung zu 79 Prozent der Republik Österreich, den Rest teilen sich zu je 10,5 Prozent die Bundesländer Salzburg und Kärnten.
Scientists for Future (alternative Schreibweise: Scientists4Future) ist eine Initiative von Wissenschaftlern zur Unterstützung der Schülerbewegung Fridays for Future.
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