Unser Radstadt
Der "Hiasl" kam in der Nacht
Eigentlich war der Hiasl der letzte Nachtwächter Radstadts, doch der ehemalige Gymnasialprofessor Dieter Pflüger lässt die Nachtwächter wieder aufleben.
RADSTADT (ama). Der "Hiasl" kam jede Nacht um zehn Uhr über den Fischerbühel heraufgekeucht. Machte eine Runde durch die Stadt, stimmte an den vorgeschriebenen Plätzen sein Lied an und machte unzählige Verbeugungen, so als ob er den Teufel verscheuchen wollte. Das Treiben wiederholte sich dann zu mitternächtlicher Stunde, später um zwei Uhr und noch einmal in den frühen Morgenstunden.
Hias sollte aufpassen
Hias war der Radstädter Nachtwächter. Bekleidet war der Hias mit einem schnupftabakbraunen Havelock, einem Wetterkragen, über dem ein zweiter, viel kürzerer Kragen hing. Dazu hatte er eine Hellebarde an der Hand und eine Petroliumlaterne in der anderen, mit der er für ein wenig Licht auf dem Weg sorgte. So schlurfte er wie ein Nachtgespenst durch den Ort, dem Schnaps nicht abgeneigt, was zur Folge hatte, dass er des Öfteren auf einer Bank einschlief. Aus der Radstadt-Chronik geht hervor, dass Gemeindebürger am 9. August 1947 einen Antrag auf Einstellung eines neuen Nachtwächters einbrachten, da sich die Diebstähle nach dem Krieg mehrten und die Sperrstunden nicht mehr eingehalten wurden. Da die Bezahlung schlecht war und die Anerkennung der Stadtbewohner ausblieb, fand sich niemand mehr für den Posten.
Neuer Wächter
Dieter Pflüger, ein früherer Gymnasialprofessor, hat die Nachfolge des seligen Hiasl angetreten. Vor einigen Jahren belebte der Hobby-Historiker und begeisterte Radstädter die jahrhundertealte Tradition des Nachtwächters mit geführten Rundgängen um die historische Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert, vorbei an Stadtteich und Wehrgraben sowie an den drei sehenswerten Wehrtürmen aus dem 16. Jahrhundert und der Burg, dem ehemaligen Kapuzinerkloster.
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