Blasmusik in Salzburg
Landeskapellmeister Roman Gruber im Gespräch

Roman Gruber aus Zederhaus im Lungau übernahm 2020 die Geschicke des Salzburger Blasmusikverbandes. | Foto: Gruber
  • Roman Gruber aus Zederhaus im Lungau übernahm 2020 die Geschicke des Salzburger Blasmusikverbandes.
  • Foto: Gruber
  • hochgeladen von Johannes Brandner

Wir baten den Salzburger Landeskapellmeister Roman Gruber zum Gespräch. Er sprach mit uns über die Bedeutung der Blasmusik in Salzburg, über Vorurteile und die Auswirkungen der Pandemie.

SALZBURG. Der Zederhauser Roman Gruber ist Landeskapellmeister in Salzburg. Wir haben ihn unter anderem zum Stand der Blasmusik in der Gesellschaft befragt.

Herr Gruber, wie groß ist die Blasmusikszene in Salzburg momentan?

Gruber: Aktuell gibt es 147 Musikkapellen mit 8.279 aktiven Mitgliedern, davon 4.390 bis 30 Jahre. Rund 40 % der aktiven Mitglieder sind weiblich – bei den unter dreißigjährigen sogar mehr als die Hälfte. Die Blasmusik ist also durchaus jugendlich und weiblich! Weiters stehen noch rund 2.000 Musikerinnen und Musiker in Ausbildung, die noch nicht aktiv in einer Musikkapelle musizieren.

Welchen Stellenwert hat die Blasmusik in Salzburg und was macht die Blasmusikszene in Salzburg so besonders?

Erfreulicherweise einen hohen! In Salzburg gibt es 119 Gemeinden und 147 Musikkapellen – wir haben also den günstigen Umstand, dass unser Bundesland sehr gut mit kulturellen Nahversorgern ausgestattet ist. Die Blasmusik ist immer aktiv eingebunden und ein verlässlicher Begleiter durch den Jahreskreis. Um wie viel ärmer wäre jedes Dorf, jede Gemeinde, jede Stadt ohne die Blasmusik? Unvorstellbar!
Salzburg ist touristisch geprägt – auch in diesem Sektor leisten die Musikkapellen einen unverzichtbaren Beitrag.

Was macht für dich den Reiz an der Blasmusik aus?

Das Musikmachen in einer vielfältigen Gemeinschaft! Es gibt wohl kaum eine Gruppierung, in der von Kindern bis hin zu über 80jährigen, vom Schüler, Lehrer, Landwirt, usw. sich alle für eine gemeinsame Sache einsetzten, nämlich das Musizieren. Wenn man in so einem „Mikrokosmos“ aktiv gestalten kann – in meinem Fall als Kapellmeister – dann ist das eine durchaus fordernde Aufgabe, aber viel mehr eine erfüllende und bereichernde Möglichkeit, einer sinnstiftenden Beschäftigung nachzugehen. Aktiver Gestalter in einem Verein, in einer Region zu sein, ist attraktiv.

Mit welchen Problemen und Vorurteilen kämpft die Blasmusik und ist da etwas dran?

In einem so breit aufgestellten Verein wie einer Musikkapelle gibt es immer Themen, die es behandeln gilt – Probleme gibt es aus meiner Wahrnehmung nur in Ausnahmefällen, diese können dann aber sehr individuell sein, sind doch die Rahmenbedingungen und das Umfeld bei jedem Verein anders.
Lederhose, Bier und Party – das sind wohl die gängigsten Vorurteile gegenüber der Blasmusik. Das alles gehört dazu, ist aber in Wahrheit ein Randthema. Blasmusik kann und leistet so viel, dass seine Aufzählung hier den Rahmen sprengen würde. Man beachte nur die Zusammensetzung der Musikkapellen (jung und weiblich), daraus resultiert schon, dass ein Musikverein viel mehr bieten muss, als es in so manchen Klischees erscheint. Wenn wir in unseren Vereinen wochen- und monatelang für Auftritte proben, wenn wir in verschiedensten Besetzungen vielfältige Auftritte absolvieren, bekommt das meist nur eine kleinere Anzahl von Menschen mit und es wird kaum oder gar nicht darüber berichtet. Wenn ein großes Fest gefeiert wird, sind oft tausende Menschen dabei, es entstehen unzählige Fotos und Videos, daraus resultiert eine verschobene Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit. Ich möchte alle Menschen herzlich einladen, einmal ein Blasmusikkonzert zu besuchen – dann lösen sich ziemlich sicher viele Klischees in Luft auf.

Warum engagieren sich Menschen überhaupt in der Blasmusik und warum sollten mehr Menschen zur Musik gehen, wenn es so viele andere Freizeitangebote gibt?

Weil das Musizieren in der Gemeinschaft eine der schönsten Möglichkeiten darstellt, um gehaltvolle und erfüllende Zeit zu verbringen – auf neudeutsch „Quality time“. Nirgends sonst – vielleicht noch beim Singen im Chor – kann so etwas erlebt werden. Und neben dem eigentlichen Musizieren ist noch die soziale Komponente enorm wichtig – generationenübergreifendes Miteinander, in dem man sich als Einzelperson in der Gemeinschaft einbringen und gemeinsam vieles verwirklichen kann.
Wir haben vielleicht einen gravierenden Nachteil zu vielen anderen Freizeitangeboten – um in einer Musikkapelle mitspielen zu können, muss man vorher einige Jahre investieren, um am Instrument fit zu werden. Und es braucht ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit – beides ist aktuell nicht „in“. All jene, die das aber durchziehen, bekommen um ein Vielfaches mehr zurück, als sie investiert haben – so viel ist garantiert!

Wie hat sich die Blasmusik durch die Corona-Pandemie verändert? Hat sie sich überhaupt verändert?

Die Blasmusik hat sich insoweit verändert, wie sich die Gesellschaft verändert hat. Verbindlichkeit, sich für eine gemeinsame Sache einzusetzen und dafür sogar in Vorleistung zu gehen, bis Resultate sichtbar werden, ist momentan nicht mehr so angesagt. Die Menschen sind um einiges behäbiger geworden, schwerer zu motivieren und zugleich ändern sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sehr schnell. Diese Umstände und somit fehlende Kontinuität machen ein qualitätsvolles Musizieren schwerer, als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Dem gegenüber stehen aber das ungebrochene Interesse an der Blasmusik und die hervorragende Ausbildung im Musikum. Im Blasmusikverband wird viel entwickelt, um den geänderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden – es liegt am Ende bei den Musikvereinen und deren Mitgliedern, inwieweit Angebote angenommen werden und ob pro aktiv agiert oder erst (zu spät?) reagiert wird.
In Summe gibt es allen Grund, positiv und optimistisch in die Zukunft zu gehen, nur müssen wir akzeptieren, dass wir andere Rahmenbedingungen als noch vor 15, 20 Jahren haben – und das ist zugleich auch eine große Chance! Wir haben es zum überwiegenden Teil selbst in der Hand, was wir daraus machen.

Das könnte dich auch interessieren:

Thomas Aichhorn übernimmt "Musikum"-Leitung
Eine Bühne für Salzburgs musikalischen Nachwuchs
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.