Ohne sie fährt der Zug nicht ab

- Auf 28 elektrischen Hebern wird der 185 Meter lange und knapp 400 Tonnen schwere Railjet zur Wartung angehoben.
- hochgeladen von Alexander Holzmann
Es ist laut. Links klopft es, rechts hämmert es, vorne hört man den Lärm des Schweißgeräts. Ein metallener Geruch steigt beim Betreten der ÖBB-Werkstatt in Wien Simmering in die Nase. Tonnenschwere Eisenbahn-Wagonketten schweben auf überdimensionalen Hebern einfach in der Luft. Unter, auf und in den Zügen arbeiten Männer – auch ein paar Frauen sind darunter – in Overalls und in orangenen Warnwesten.
Die Werkstatt in Simmering ist für gröbere Mängel an den Zügen der ÖBB zuständig. Hier werden nicht nur Glühbirnen getauscht, sondern ganze Wagonketten begutachtet, erneuert und repariert. Die Instandhaltung und Wartung (kurz IW) führen die Mechaniker regelmäßig durch, das erste große Gesamtservice wird bei IW5 nach etwa 1,2 Millionen gefahrenen Streckenkilometern gemacht. „Der Railjet, der von Ungarn bis in die Schweiz fährt, hat diese Distanz nach etwa drei Jahren zurückgelegt“, weiß Produktionstechniker Peter Greisinger. Die Lebensdauer eines Railjets – dem aktuell neuesten Modell der ÖBB – liegt bei etwa 30 Jahren und 10 Millionen Streckenkilometern. Damit könnte man fast 250 Mal die Erde umrunden.
Sicherheit geht vor
„Ding, ding, ding, ding“, ertönt es aus den Lautsprechern. Gelbe Warnleuchten an der Decke der riesigen Halle beginnen sich zu drehen und zu blinken. Die Warnsignale setzen ein, als ein Railjet auf dem Werkstattgleis verschoben wird. Die Sicherheitsvorkehrungen sind groß, um Unfälle zu vermeiden. Stahlkappenschuhe gehören zur Standardausrüstung, viele tragen auch Schutzkappen mit verstärkten Kunststoff. „In Simmering ist es zum Glück noch zu keinem tödlichen Arbeitsunfall gekommen, in anderen Werkstätten leider schon“, sagt Greisinger.
Der Wagensatz eines Railjets besteht aus sieben Wagonen mit integriertem Steuerwagen. Dieser fest verschraubte Wagensatz ist 185 Meter lang und wird von einer Lokomotive gezogen oder geschoben. Ohne Lok wiegt der Railjet knapp 400 Tonnen. Für Reparaturen wird der gesamte Zug mit 28 elektrischen Hebern angehoben. „Der Vorteil ist, dass wir die Wagone nicht abkoppeln und wieder zusammenführen müssen. So schließen wir das Service für einen ganzen Zug innerhalb von zwei Wochen ab“, erklärt Greisinger.
Plötzlich tauchen zwei Männer in ziviler Kleidung auf. Sie schreiten langsam an den Wagonen vorbei, werfen kritische Blicke darauf, tasten die Metallteile ab. Meter für Meter inspizieren sie die Arbeit der Fachkräfte in der Werkstatt. „Das sind Kontrolleure der ÖBB, die mit ihren unregelmäßigen Prüfungen die Qualität unserer Arbeit verbessern“, sagt Greisinger.
Bremswege sind lang
In der Werkstatt in Simmering werden je zwei Wagenketten auf 200 Meter langen Schienen gleichzeitig bearbeitet. Die erste Wagenkette wird für die Arbeiten hochgehoben, die zweite steht auf einem Gleis mit unterirdischem Durchgang. Daneben führen die Mechaniker Reparaturen am Fahrwerk, an Einzelteilen oder an anderen Eisenbahn-Modellen durch. Jedes Detail wird überprüft. Die Sicherheit der Fahrgäste hat höchste Priorität. „Wenn ein Zug mit mehr als 200 Km/h unterwegs ist, muss alles perfekt funktionieren, damit auch eine Notbremsung ohne Probleme möglich ist“, weiß Greisinger. Der Bremsweg liegt bei dieser Geschwindigkeit und dem enormen Gewicht des Schienenfahrzeugs bei mindestens 1,5 Kilometern – eine Normalbremsung braucht eine deutlich längere Strecke.
Fahrwerk im Anmarsch
„Aus dem Weg, runter von den Gleisen“, ruft eine Stimme von hinten. Zwei Arbeiter schieben ein sieben Tonnen schweres Fahrwerk auf den Schienen daher. Fast lautlos rollt es über das Gleis, beim Werkstattlärm ist es ohnehin nicht zu hören. „Man muss hier sehr vorsichtig sein. Der Funkenflug beim Schweißen, die tonnenschweren Geräte oder der Starkstrom sind nur wenige der vielen Gefahren“, warnt Roland Steinberger von der ÖBB-Kommunikation.
INTERVIEW
Die BB stellten Bischofshofens Bürgermeister Hansjörg Obinger, der nach wie vor als Lokführer tätig ist, drei Fragen:
Wie oft sind Sie noch als Lokführer mit Zügen unterwegs?
HANSJÖRG OBINGER: Ich komme etwa ein bis zwei Mal pro Monat dazu.
Wie lässt sich das mit dem Job als Bürgermeister vereinbaren?
Für mich gibt es eine Sonderregelung, damit ich weniger Dienste machen kann. Wenn es die Zeit zulässt, melde ich mich für den Dienst und werde dann eingeteilt.
Welche Strecken fahren Sie am häufigsten?
Ich fahre eigentlich nur mehr mit dem Railjet, mit diesem von Salzburg aus nach Innsbruck oder Wien bzw. weiter nach Klagenfurt.



Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.