Nächtigungszahlen in Zeiten von Corona
Der Sommer 2020 war mancherorts richtig gut

Der nicht ganz blaue Himmel über dem Bezirk spiegelt ein wenig die Situation im Tourismus während der Sommermonate wieder: Gut, aber nicht herausragend. | Foto: TVB Reutte
5Bilder
  • Der nicht ganz blaue Himmel über dem Bezirk spiegelt ein wenig die Situation im Tourismus während der Sommermonate wieder: Gut, aber nicht herausragend.
  • Foto: TVB Reutte
  • hochgeladen von Günther Reichel

AUSSERFERN (rei). Der mit dem Auftreten des Coronavirus verbundene Lockdown im März 2020 bleibt nachhaltig in Erinnerung. Auch das abrupte Ende der Wintersaison ist allgegenwärtig. Die Sorge war daher allgemein groß, dass der Sommer 2020 aus touristischer Sicht zum Katastrophensommer wird. Aber mitnichten, wie die Zahlen zeigen.

Die Wirtschaftskammer Tirol erhob die Zahlen für das ganze Bundesland für die Monate Mai bis August 2020. Demnach gab es im genannten Zeitraum im Bezirk Reutte 327.401 Übernachtungen. Das ist ein Minus von 21,3 Prozent. Damit war dieses deutlich geringer als im Tiroler Durchschnitt, der bei minus 29,1 Prozent lag.

Situation im Bezirk Reutte

Die Bezirksblätter wollten es genauer wissen, und starteten einen Rundruf bei den vier Außerferner Tourismusverbänden und baten um Zahlen und Einschätzungen. Herausgekommen ist ein etwas differenziertes Bild bei den Zahlen, allerdings herrscht weitgehende Übereinstimmung darin, dass dieser Sommer trotz anders lautender Prognosen gar nicht so schlecht war. Mehr noch: Teilweise fällt die Bilanz gut aus.

TVB Tannheimer Tal

Der Vilsalpsee in Tannheim ist bei Gästen und Einheimischen beliebt. | Foto: Reichel
  • Der Vilsalpsee in Tannheim ist bei Gästen und Einheimischen beliebt.
  • Foto: Reichel
  • hochgeladen von Günther Reichel

Etwa im Tannheimer Tal. Dabei war das nach dem Lockdown so nicht zu erwarten, musste man zunächst doch einem Totalausfall verkraften. So betrug der Rückgang gegenüber dem Vorjahresmonat im Mai satte 97,8 Prozent! Nur ein paar auswärtige Bauarbeiter verhinderten, dass man 100% abschreiben musste.
Im Juni durften dann ab Mitte des Monats die ersten Gäste wieder kommen. Und tatsächlich registrierte man ca. 50.000 Übernachtungen - ein Wert, der rund der Hälfte des Vorjahresergebnisses entspricht. Den Juli wertet man als kleine Sensation im Hochtal, waren am Ende des Monats doch um 4,4 Prozent mehr Nächtigungen angeschrieben als 2019. Ein Ergebnis wie dieses hatte man im Tannheimer Tal zuvor noch nie, nicht einmal im Rekordjahr 1991. Damals gingen die Grenzen zwischen Ost- und Westdeutschland auf und die Bürger der ehemaligen DDR begaben sich auf Reisen.  Auch der August 2020 verlief positiv mit einem Plus von 1,8 Prozent.
Dann wurde Tirol auf die deutsche Liste der Risikogebiete gesetzt und prompt gingen die Nächtigungen zurück. Im September gab es somit ein Minus von sieben Prozent. Gemessen in absoluten Zahlen erreichte man aber  Werte wie 2017 und in den Jahren davor.

TVB Ferienregion Lechtal

Der Lech ist ein beliebtes Naherholungsgebiet, der Lechweg ein echtes Highlight der Region. | Foto: TVB Lechtal/Eisenschink
  • Der Lech ist ein beliebtes Naherholungsgebiet, der Lechweg ein echtes Highlight der Region.
  • Foto: TVB Lechtal/Eisenschink
  • hochgeladen von Günther Reichel

Im Lechtal nahm der Tourismus nach dem Lockdown langsamer Fahrt auf. Der Mai sorgte mit einem Minus von 97,3 Prozent für eine trübe Stimmung. Im Juni betrug der Rückgang bei den Übernachtugen 63,3 Prozent. Dann im Juli besserte sich die Buchungslage zusehends. Ein Minus von "nur noch" 13,9 Prozent stand in den Auswertungen. Im August gab es erstmals eine ausgeglichene Bilanz, eine Null wurde angeschrieben, und im September war die Freude groß, als man Ende des Monats einen Nächtigungszuwachs von 5,1 Prozent ausweisen konnte. "Gewaltig", sagt Geschäftsführer Michale Kohler.
Er kann dann auch Details zu den Zahlen bzw. zur Nächtigungssituation im Tal nennen. Etwa jenes, dass es heuer keine Buchungen durch die Kinder- und Jugendgruppen von Jeka gab. "Alle Aufenthalte wurden die 100 Prozent storniert", berichtet Kohler. Rund 20.000 Nächtigungen bringen diese Jugendgruppen sonst ins Tal.
Dann kam hinzu, dass einige Betriebe im Tal die Situation nützen, und Umbauten durchführten, eine Vermietung war somit nicht  oder nur eingeschränkt möglich.
Auch andere Gruppenreise, außer jenen von Jeka, blieben aus. Dafür stieg der Anteil an Individualreisenden. Und die blieben teilweise länger und ließen auch mehr Geld im Tal: "Das hat sich in den Umsätzen der Tourismusbetriebe aber auch bei den Almen und Hütten positiv niedergeschlagen", weiß Kohler zu erzählen.

TVB Zugspitz Arena

Naturidylle am Iglsee oberhalb von Ehrwald. | Foto: TVB Zugspitz Arena
  • Naturidylle am Iglsee oberhalb von Ehrwald.
  • Foto: TVB Zugspitz Arena
  • hochgeladen von Günther Reichel

Mit der Herausgabe von aktuellen Zahlen ist Petra Frauke, Geschäftsführerin der Tiroler Zugspitz Arena, im Gegensatz zu ihren Kollegen in den drei anderen Tourismusverbänden des Bezirks zurückhaltend. Sie gab den Bezirksblättern aber eine grobe Einschätzung der Situation und die begann mit der Feststellung, "wir sind überrascht!" Die Sommerzahlen 2020 seien besser gewesen als erwartet. Speziell der Anteil an österreichischen Urlaubsgästen sei spürbar nach oben gegangen.
Die Gesamtstimmung im Tourismussektor innerhalb der Zugspitz Arena sei insgesamt aber verhalten. Das spiegle sich auch darin wider, dass einige Betriebe der Region vorzeitig ihren Sommerbetrieb einstellten. "Die Gesamtsituation ist wirklich schwierig. Niemand kann planen, keiner weiß, was passiert", stellt Frauke fest.

TVB Naturparkregion Reutte

Ehrenberg mit der highline179 sind immer einen Besuch wert. Die Gäste kamen gerne. | Foto: TVB Reutte
  • Ehrenberg mit der highline179 sind immer einen Besuch wert. Die Gäste kamen gerne.
  • Foto: TVB Reutte
  • hochgeladen von Günther Reichel

In Reutte ist man wiederum zufrieden. Trotz großer Unsicherheiten bei Gästen und Beherbergungsbetrieben blickt man auf eine positive Sommersaison zurück. Geschäftsführer Ronald Petrini glaubt, dass die Ursprünglichkeit der naturnahen Freizeitangebote in der Naturparkregion und die stets geringen Infektionszahlen im Bezirk schlussendlich dazu geführt haben, dass die starken Sommernächtigungszahlen des vergangenen Jahres gehalten werden konnten.
Mehr noch: die Zahlen von 1. Juli bis 30. September stiegen sogar von 199.785 auf 201.055 Nächtigungen an, wobei sich die einzelnen Monate doch differenzierter darstellen: im Juli gab es ein Nächtigungsminus von 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, im August registrierte man ein leichtes Plus von 0,9 Prozent und im September kraxelten die Nächtigungen gleich um zwölf Prozent nach oben.
Die Zuwächse sind aber nicht einem Plus an Gästen, sondern einer längeren Aufenthaltsdauer zuschreiben, denn die Zahl der Ankünfte war rückläufig. "Wir sehen die längere Aufenthaltsdauer natürlich sehr positiv", freut sich Petrini. "Ein längerer Aufenthalt macht es den Vermietern einfacher. Der Aufwand ist einfach geringer", verweist der Geschäftsführer des TVB auf einen angenehmen Nebeneffekt hin.

Ungewisse Zukunft

Und jetzt blicken alle vier Tourismusexperten gespannt auf die nächsten Wochen und Monate. Groß ist die Sorge, dass Reisewarnungen und strenge Vorgaben für die Urlaubsrückkehrer den Gästen einen Urlaub vermießt. Selbst wolle man alles unternehmen was möglich und notwendig ist, damit sich Gäste auch in diesen unsicheren Zeiten hier in Tirol, und speziell in der eigenen Region, wohl und sicher fühlen können.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.