Frau Holle anno 2011

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Kurz vor der Eröffnung der Ski-WM trafen sich diverse Skilift-Betreiber in Garmisch-Partenkirchen, um sich erste Informationen über die Schneetiefenmessung zu holen. Mit dabei auch Hans Hatt aus Jungholz. Er hörte aber nichts Neues. Im Gegenteil: Er und seine Mitarbeiter haben maßgeblich an der Entwicklung mitgearbeitet.

JUNGHOLZ. Wenn der Chef der Jungholzer Pistenbully-Fahrer, Siegfried Hatt, mit seinem Hightech-Gerät die Pisten präpariert, dann weiß Betriebsleiter Arnold Holl ganz genau, wo er sich befindet. Zentimetergenau, um präzise zu sein - und das in der Vertikalen und in der Horizontalen. Aber nicht, weil Holl seinem Kollegen Hatt nicht vertraut, sondern, weil die Jungholzer seit 2006 auf die so genannte Schneetiefenmessung setzen. Das System haben sie gemeinsam mit Spezialfirmen mitentwickelt.

Ein Pistengerät der Jungholzer ist mit einem hochpräzisen GPS-Gerät ausgestattet. So ausgerüstet fuhr ein Mitarbeiter im Sommer 2006 sämtliche Pisten lückenlos auf und ab. Jede kleinste Erhebung wurde an einen russischen Satelliten übermittelt und so entstand ein exakter Raster für das Skigebiet. Etwa alle 50 cm gibt es einen eingemessenen Punkt.

„Wir waren unter den Ersten, die sich für dieses System interessiert haben. Weil es kaum Erfahrungen gab, haben wir uns aktiv in die Entwicklung eingeklinkt“, erzählt Geschäftsführer Hans Hatt. Im Herbst werden seither sämtliche Pisten abgemäht, damit die Höhenprofile auch stimmen.

Und wozu das alles? „Niemand, der für die Beschneiung von Pisten zuständig ist, weiß in Wirklichkeit, wie hoch die Schneeauflage tatsächlich ist. Natürlich kann man Löcher graben und nachmessen. Aber wie sieht es drei Meter weiter aus? Wir können dank Satellitenmessung fast auf den Zentimeter genau sagen, wie viel Schnee sich unter dem Pistengerät befindet und den Schnee entsprechend verteilen“, erklärt Hatt die Vorteile. Das hilft Kosten sparen! „Früher haben wir, wenn die Temperaturen tief genug waren, zur Sicherheit einfach drauflosgeschneit. Heute schalten wir die Anlagen nur noch ein, wenn wir auch tatsächlich irgendwo Schnee benötigen“, erzählt Hatt. Der Stromverbrauch für die Beschneiungsanlage hat sich dank dieses Systems um die Hälfte reduziert!

Von den insgesamt 40 Schneekanonen, die die Liftgesellschaft Jungholz hat, wurden übrigens 2/3 bereits wieder weggeräumt. „Wir wissen, dass wir mit der Schneeauflage, wie wir sie derzeit haben, ziemlich sicher bis zum Saisonsende am 3. April 2011 das Auslangen finden werden“, sagt Hatt voller Überzeugung.

Die Technik macht vieles möglich
15 Kanonen stehen aber noch im Skigebiet. Zur Sicherheit. Wenn der mit GPS aufgerüstete Pistenbully dann während der Präparierung feststellt, dass irgendwo zu wenig Schnee vorhanden ist, bekommt Betriebsleiter Arnold Holl automatisch einen Hinweis und kann bequem von zuhause aus mittels ipad die Beschneiungsanlage einschalten.

„Klein, fein, innovativ“ - so sehen sich eben die Jungholzer Skilifte. Zu Recht. Das stellt man schnell fest, wenn Geschäftsführer Hans Hatt erst einmal zu erzählen beginnt. Dann „sprudelt“ es nur so aus ihm heraus, und man beginnt zu staunen. Etwa über absturzsichere Sessel, über die man in Jungholz schon seit 2001 verfügt, „und deren Entwicklung wir voran­getrieben haben“, wie Hatt stolz erzählt.

In Jungholz kann man sich auch eine „Action Cam“ ausleihen. So ausgerüstet kann man seine eigene Fahrt filmen und später im Internet ansehen. Dass man auch die gefahrenen Höhenmeter nachvollziehen kann, erwähnt Hatt nur so am Rande, denn das haben andere auch.

Neues Unfallbergegerät
Neu ist hingegen ein Unfallbergegerät, das den Abtransport von Verletzten um vieles einfacher macht. Beim liebevoll „Flocki“ getauften Gerät handelt es sich um ein Quad mit Raupenantrieb und einen beheizbaren Aufbau für Fahrer, Patient und einen weiteren Helfer. Dank einer Spezialfederung schaukelt „Flocki“ sanft über Geländeunebenheiten - verunfallte Skifahrer wissen das zu schätzen, versichert Hatt.

Stolz ist man in der Tiroler Ex­klave auch auf kleine Dinge, etwa zwei Sonneninseln mitten im Skigebiet. Hier findet man kostenlos benützbare Nordsee-Strandkörbe vor. „Wir bieten im Bereich der Sonneninseln weder Verpflegung noch Musik. Unsere Gäste wissen genau das zu schätzen, weil es so herrlich ruhig ist“, erzählt Hatt.

Tiroler nur selten in Jungholz
Ihn freut es ganz einfach, dass das Bezirksblatt seiner Einladung nach Jungholz gefolgt ist und er erzählen kann, was man so alles hat und kann. Denn auch wenn die Gemeinde zu Tirol gehört, „verirren“ sich nur selten ­Tiroler in die Exklave, und so wissen nur wenige Außerferner, wie innovativ man in Jungholz ist. „Wenn wir im Winter zehn Skifahrer aus dem Bezirk Reutte haben - uns selbst natürlich nicht eingerechnet - dann ist das viel“, verrät Hatt. Aber damit hat man zu leben gelernt. Das Zielgebiet der Jungholzer ist seit jeher der Großraum entlang der Grenze bis hinauf nach Stuttgart. Und von da kommen die Gäste in Scharen nach Jungholz. Viele von denen, die kommen, wissen gar nicht, dass sie eigentlich auf ­Tiroler Boden Skifahren. Und - so nebenbei bemerkt - am Dialekt des Personals merkt man es ja auch nicht so richtig.

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