Halsweh? Da gibts was
Was hat es mit dem Palmesel auf sich? Und mit anderen Bräuchen? Richard Lipp kennt sich aus.
AUSSERFERN (rei). Ostern rückt näher. Rund um dieses Fest gibt es viele Bräuche. Dazu gehört natürlich auch der Palmsonntag. Und da gibt es einiges, das wirklich interessant ist. Historiker Richard Lipp kennt sich in der Materie so gut aus, wie nur wenige. Er hat für uns zusammengestellt, was es da so alles gibt - teilweise sind es echte Kuriositäten - jedenfalls aus heutiger Sicht.
40-stündiges Gebet
So entwickelte sich im 16. Jahrhundert das 40-stündige Gebet im Gedenken an die 40-stündige Grabesruh` Christi. Am Sonntag, Montag und Dienstag vor Aschermittwoch - so ist es überliefert - gab es dieses Gebet noch bis 1950 in Breitenwang. Heute wird der Brauch nicht mehr ausgeübt.
Bekannt ist der „Palmesel“. Er hängt mit der Palmprozession zusammen. Diese erinnert an den Einzug Jesu in Jerusalem. Bei der Palmprozession handelt es sich um den ältesten schriftlich überlieferten Osterbrauch in Reutte und Breitenwang. Bis 1640 gehen die Aufzeichnungen zurück. Am Palmsamstag zogen die Burschen einen hölzernen Palmesel, auf dem eine Christusfigur saß, von der Breitenwanger Kirche nach St. Anna in Reutte; am Palmsonntag ging es wieder zurück. Als Belohnung gab es Brezen im Wert von 5 Gulden. 1775 wurde das aber verboten, die fünf Gulden wurden in die Almosenbüchse gegeben.
Beliebt, aber auch „gefährlich“ war auch der Brauch der Palmbuschen. Derjenige, der mit seinem Palmbuschen am Palmsonntag als letzter aus der Kirche herauskam, wurde als Palmesel verspottet. Durch diesen unguten Brauch wurde die Andacht bei der Palmpassion erheblich gestört, weil die Palmbuschenträger - noch vor Jahren ein Vorrecht der Knaben - schon frühzeitig aus der Kirche drängten.
Außerdem ist noch überliefert, dass man vor rund einhundert Jahren in Reutte und einigen umliegenden Dörfern jene Palmesel nannte, die am Palmsonntag zur Beichte gingen. Diesem Brauch oder Missbrauch ist sicherlich nicht nachzutrauern.
Kirchenuhr wurde verstellt
Interessant auch dieses Detail: Noch vor rund 50 Jahren war es der ganze Stolz der Burschen, eine möglichst lange Palmstange zu haben. Warum? Weil man mit ihr die Zeiger der Kirchenuhr verstellen konnte, die sich damals in der Kirche befand.
In Musau ließ man wiederum am Palmsonntag drei Buschen weihen. Einer wurde auf das Hausdach geworden, dass das Haus vom Blitz verschont bleibe, einer wurde an der Wand an einem Balken befestigt und einer zum Johannestag (24. Juni) in das Flachsfeld für gutes Wachstum gesteckt. In Tannheim trieben die Hirten mit Palmstecken das Vieh zur Tränke, andere befestigten diesen Stecken oberhalb der Stalltüre, durch die das Vieh zum Tränken ging.
Heilmittel gegen Halsweh
In Reutte herrschte die Meinung, dass, wenn man von einem geweihten Palmzweig drei Palmkätzchen ganz hinterschlucke, ohne sie zu zerbeißen, das ganze Jahr vom Halsweh verschont bliebe. Ob das nützt? Vielleicht fragen Sie doch besser Ihren Arzt oder Apotheker.
Quelle: Dr. Richard Lipp
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